Front National in Frankreich

Familienkrach bei den Le Pens

Marine Le Pen, Jean-Marie Le Pen
Jean-Marie Le Pen (l.) und Marine Le Pen, Vorsitzende der französischen rechtsextremen Front National © picture alliance / dpa / Silvere Gerard
Von Ursula Welter · 10.04.2015
Vater Jean-Marie und Tochter Marine Le Pen streiten sich um seine Äußerungen und seine Kandidatur für den Front National - und das sehr öffentlich. Wer wird die Oberhand gewinnen?
Seit sich der Vater in der rechtsextremen Postille "Rivarol" geäußert hat, seit er wiederholte, was er seit Langem immer wieder mal sagt, dass etwa der Marshall Pétain des Vichy-Regimes kein Verräter, die deutsche Besatzungszeit nicht nur inhuman gewesen sei und seit er bissig bemerkte, Premierminister Valls sei erst seit 30 Jahren Franzose, er - Jean-Marie Le Pen - hingegen seit 1000 Jahren - seither also gingen Interviews hin und her, auch Presseerklärungen, und nun haben Vater Le Pen und Tochter Marine Le Pen ihren Streit über Fernsehen und Radio fortgesetzt. Die Tochter begab sich in die abendlichen Fernsehnachrichten des Privatsenders TF 1.

"Jean Marie ist wegen solcher Äußerungen in Frankreich bereits 18 Mal verurteilt, die Tochter ist mit Bemerkungen wie diesen aufgewachsen"
und kennt seine Leugnung des Holocaust als Zitat "Detail der Geschichte des Zweiten Weltkrieges".

Aber inhaltlich wollte sich Marine Le Pen auch diesmal nicht vom Vater distanzieren, sie zitierte gestern Abend stattdessen aus den Partei-Statuten der Partei, verwies auf die Verankerung des Front National auf den demokratischen Werten der Republik.
Die Wähler, die Parteimitglieder, die Parteispitze seien der Provokationen überdrüssig. Sicher, Jean-Marie Le Pen, den sie so und nicht als Vater bezeichnet, habe seine unbestreitbaren Verdienste, als Parteigründer, als Ehrenpräsident, aber er schwäche die Partei.
"Ich habe deshalb entschieden, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, Jean-Marie Le Pen wird dazu vom Exekutivbüro einbestellt."
Im Frühinterview von RTL geantwortet
Es bleibe dabei, die Liste für die Regionalwahlen in der Region Provence Alpes Côte d'Azur, werde er nicht anführen. Und Tochter Le Pen legte noch einen drauf:
"Jean-Marie Le Pen sollte seine Klugheit unter Beweis stellen, er sollte die Konsequenzen aus dem Aufruhr ziehen, den er selbst provoziert hat, und seine politische Verantwortung vielleicht beenden."
Der Vater sah es im Abendfernsehen, schlief eine Nacht darüber und antwortete der Tochter im Radio-Frühinterview von RTL - und ging es zunächst formalistisch an:
"Ich glaube, sie irrt sich völlig – nicht das Exekutivbüro der Partei ist zuständig, sondern das Politbüro."
Im Übrigen verstehe er das Verhalten von Madame Le Pen, auch er sagt nicht Tochter, so wie sie nicht Vater sagt, er verstehe ihr Verhalten nicht. Madame Le Pen sei dabei, ihre eigene Parteiformation in die Luft zu sprengen.

"... drehte Jean-Marie Le Pen den Spieß um und verdächtigte Teile der Parteispitze des schlechten Einflusses auf die Parteichefin. Und vielleicht stehe dieser Teil der Parteispitze sogar unter dem Einfluss 'des Systems', also anderer Parteien."
Den rechtsextremem Bodensatz der Partei sichtbar machen
Unterwirft sich Marine Le Pen also "dem System", das sie eigentlich politisch bekämpfen will?, fragte der Moderator:
"Ich denke ja, das Risiko besteht."
Am Mittwoch, nach dem Interview des Vaters, das den Geduldsfaden der Tochter reißen ließ, weil sie alles vermeiden will, was den extremen Bodensatz der Partei sichtbar macht, am Mittwoch hatten Vater und Tochter persönlich miteinander gesprochen. Marine hatte Jean-Marie gesagt, dass er im Süden die Liste für die Regionalwahlen nicht anführen könne. Aber klein beigeben will Vater Le Pen nicht:
"Ich werde meine Kandidatur vor dem Politbüro verteidigen, mache mir aber keine großen Illusionen, denn das Politbüro ist von Marine Le Pen eingesetzt."
Und Jean-Marie denkt darüber nach, notfalls auch ohne Rückendeckung des Front National als Kandidat zu den Regionalwahlen anzutreten.
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