Friedrich Küppersbusch über die SPD

Ein Niedergangsnarrativ wie bei der TV-Serie "Dallas"

Der Publizist Friedrich Küppersbusch in einer nachdenklichen Pose
Journalist Friedrich Küppersbusch: "Nach Erzählungsperspektiven, nach Entertainmentkriterien macht die SPD alles richtig." © picture alliance / dpa
Friedrich Küppersbusch im Gespräch mit Axel Rahmlow · 20.09.2018
Kaum einer kann die Beförderung von Hans-Georg Maaßen durch Horst Seehofer nachvollziehen – aber in der SPD brodelt es mehr als in der Union. Journalist Friedrich Küppersbusch rät zum Abhaken. Im Dilemma steckt die traditionsreiche Partei aber so oder so.
Hans-Georg Maaßen wird befördert statt entlassen – dafür muss ein renommierter SPD-Staatssekretär gehen. Die Krise um den Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen ist durch diese Lösung und das O.K. dazu von der SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles zur SPD-Krise geworden ist. Die bayerische SPD fordert, dass die SPD-Mitglieder im Kabinett gegen die Berufung Maaßens zum Staatssekretär stimmen sollen, was womöglich das Ende der Koalition bedeuten würde, auch andere in der Partei fordern das. Am Montag tagt der SPD-Bundesvorstand und berät, wie es weitergehen soll.
Journalist Friedrich Küppersbusch würde an Stelle der SPD diesen Kampf abhaken und sich auch nicht mehr am CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer abkämpfen, dessen politisches Überleben über die Landtagswahl in Bayern doch fraglich sei: Stattdessen würde er der SPD raten: "Ihr habt versprochen, Maaßen muss den Job weggeben, er hat ihn weggegeben, Ende Gelände, nächstes Thema."
Auch mache es keinen Sinn, Andrea Nahles zu zwingen, die Einigung mit Seehofer und CDU-Chefin Angela Merkel aufzukündigen. Küppersbusch sagt, die SPD habe ohnehin schon jede Menge Spitzenpersonal verschlissen. "Dieses Wegschießen von Leuten – es ist ja so, dass wir Medien immer gerne drauf anspringen und dass die SPD tatsächlich den Fehler hat: Wer auch immer einen Sozialdemokraten dissen will, findet zwei sozialdemokratische Kronzeugen."

Cliffhanger "Schafft sie 15 Prozent?"

Einen guten Eindruck macht die SPD auf Küppersbusch gleichwohl nicht – ganz im Gegenteil. Er fühlt sich bei der Betrachtung der SPD in den letzten Legislaturperioden an die Fernsehserie Dallas aus den achtziger Jahren erinnert, die 13 Jahre gelaufen sei. Also in etwa so lang, wie die SPD am Ende der laufenden Legislaturperiode in drei Großen Koalitionen gewesen sein wird, unterbrochen von der schwarz-gelben Regierung. Das Narrativ einer alten Dynastie, die zwar im Ölgeschäft und nicht in der deutschen Arbeiterbewegung engagiert sei, die aber sonst sehr ähnlich sei:
"Und man guckt dann ab der dritten, vierten Folge nur noch zu, wie der Protagonist jede Woche auf die Fresse kriegt. Es geht was schief, die Konkurrenz ist besser, er macht einen Fehler, die Frau wird Alkoholikerin. Also, da geht alles kaputt." Das Publikum delektiere sich an den Ideen der Drehbuchschreiber, die dafür sorgten, dass im Lauf von 13 Jahren die ehedem traditionsreiche Dynastie völlig auf den Hund kommt.
"Nach Erzählungsperspektiven, nach Entertainmentkriterien macht die SPD alles richtig", sagt Küppersbusch: "Wir haben den Cliffhanger gehabt: Schafft sie es unter 30 Prozent? Schafft sie es unter 15 Prozent? In Bayern fragt sie sich gerade, schaffen wir's unter 10 Prozent. Irgendwann wird das Publikum dann sagen 'Na ja, bei 0 Prozent können wir die Serie absetzen'."
Küppersbusch sagt, die SPD habe ja durchaus erkannt, welche Schwierigkeit es sei, in einer Großen Koalition Profil zu zeigen. Das gelte umso mehr, wenn wie jetzt gerade die Erfolge kaum wahrgenommen würden, etwa das gerade im Kabinett beschlossene Gute-Kita-Gesetz.
Kompromiss oder krachen lassen
Einerseits bestehe Politik daraus, Kompromisse zu schließen, auf lokaler Ebene – meine Umgehungstraße, dein Einkaufszentrum – genauso wie auf Bundesebene. "Am Ende wäscht eine Hand die andere, da werden Interessensausgleiche gesucht, das ist in Wirklichkeit Politik."
Andererseits habe die SPD aber eben auch in keiner Großen Koalition ein Sachthema gefunden, wo sie mal gesagt hätte: 'Da lassen wir es mal krachen'.
"Nun ist die SPD in dieser dritten und ich glaube in der tödlichen der drei GroKos in einer Situation, dass sie es krachen lassen will, sie hat aber gar nichts mehr zum krachen lassen: Denn wenn sie mit Neuwahlen droht und sagt, wir gehen raus, das ist Selbstmord aus Angst vor dem Tod: Sie wissen, sie werden ein katastrophales Wahlergebnis bekommen und viel schlimmer: Angela Merkel und Horst Seehofer wissen das auch."
Als Staatsbürger wünsche er sich dennoch, dass die SPD sich damit abfinde, nur noch bei einem Bruchteil ihrer vorherigen Wahlergebnisse zu sein. Er würde ihr sagen: "Steht für eine sehr klare Linie, steht vielleicht auch mal für Machtverzicht: denn ob nun aus der GroKo oder aus der Opposition – der Neuaufbau wird schwer genug."
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