Freiwillige Flüchtlingshelfer

"Das Ganze ist inzwischen stiller geworden"

Eine Helferin gibt am 06.09.2015 in Dortmund (Nordrhein-Westfalen) in einem Gebäude in der Nähe von Hauptbahnhof einer Mutter Kindermilch.
September 2015: Helfer versorgen eine Frau und ihr Kind nach der Ankunft in Dortmund. © picture alliance / dpa / Maja Hitij
Philipp Bertram im Gespräch mit Nicole Dittmer und Andre Hatting · 31.08.2017
"Wir schaffen das!" – Angela Merkels Kommentar zur Flüchtlingskrise aus dem Jahr 2015 ist auch das Credo der vielen freiwilligen Helfer. Einer von ihnen ist Philipp Bertram. Er sagt, auch heute sei das Engagement sehr groß, nur eben nicht so öffentlichkeitswirksam.
Als im Sommer 2015 die Zahl der Flüchtlinge in Europa dramatisch anstieg und schon bald das Wort von der "Flüchtlingskrise" die Runde machte, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel am 31.August 2015: "Wir schaffen das!"
Doch ohne die vielen freiwilligen Helfer wäre vieles wohl nicht geschafft worden. Einer dieser Helfer ist Philipp Bertram. Damals hat er die Berliner Flüchtlingshilfe-Aktion "Freiwillige Helfen" gegründet. Zwischenzeitlich hat er auch stellvertretend die Erstaufnahmeeinrichtung im ehemaligen Rathaus Wilmersdorf geleitet. Heute sitzt er für die Linke im Abgeordnetenhaus.
Im Studio von Deutschlandfunk Kultur erzählte Bertram, wie er die Situation damals erlebt hat:
"Wir schaffen das – das Gefühl hatten wir schon, ein Freund von mir hat das so formuliert: ' Wir machen das!' - und wir haben das einfach gemacht. Und ich glaube, das war damals entscheidend, wir haben uns nicht gefragt: Geht es irgendwie? Was brauchen wir dazu? Sondern wir haben es einfach mit vielen, vielen Helfern einfach gemacht."
Philipp Bertram, Gründer der Berliner Flüchtlingshilfe-Aktion "Freiwillige Helfen" und Mitglied für die Linke im Berliner Abgeordnetenhaus.
Philipp Bertram, Gründer der Berliner Flüchtlingshilfe-Aktion "Freiwillige Helfen" und Mitglied für die Linke im Berliner Abgeordnetenhaus.© Deutschlandradio - Andreas Buron

Flüchtlinge sind "Teil der Stadtgesellschaft"

Die Flüchtlinge von damals seien inzwischen in der Stadt angekommen "und sind Teil unserer Stadtgesellschaft geworden". Insgesamt sei man in Berlin sehr weit, was die Integration angeht, auch besonders in Bezug auf Sprachkurse sei einiges erreicht worden.
Lediglich bei der Wohnungssituation sei es nicht optimal, so Bertram:
"Immer noch wohnen Menschen in Notunterkünften, und das ist, muss man deutlich sagen, die schlechteste aller Wohnformen: Wenn ich mich in diesen Häusern nicht selbstständig versorgen kann, aber schon seit zwei Jahren hier bin, meine Kinder gehen in die Schule, ich geh zum Sprachunterricht, such mir vielleicht ein Praktikum oder einen Ausbildungsplatz und bin eigentlich von den Formalien her irgendwie selbstständig, aber in meinem eigenen Leben und in meinem Wohnen bin ich abhängig, und das sind Widersprüche, die Menschen einfach ausbremsen."

Stilles Engagement

Das Engagement der vielen Helfer sei auch heute noch sehr groß, aber eben nicht so öffentlichkeitswirksam, betont Bertram:
"Das Ganze ist inzwischen stiller geworden, deswegen kriegen wir das nicht mehr mit. Wir haben nicht mehr die Leute, die Leute, die am Bahnhof stehen und 'Welcome!' rufen. Sondern wir haben ganz viele Einzelpersonen, die sich um andere Individuen kümmern, also ein 1:1-Kontakt. Oder ein einzelner Helfer kümmert sich um eine Familie, und die gehen in den Zoo, die begleiten sie zu Ämtern, suchen Wohnungen oder feiern einfach mal gemeinsam und sind inzwischen Freunde geworden. Das passiert nicht mehr in der Öffentlichkeit, aber das Engagement ist da."
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