Viktoria Berlin

Auf dem Weg nach oben

07:09 Minuten
Eine Spielerin der Frauenmannschaft von FC Viktoria 1889 Berlin beim Training im Stadion Lichterfelde.
Zukunftspläne: Die Frauen von Viktoria Berlin wollen langfristig in die Bundesliga. © dpa / picture alliance / Christoph Soeder
Von Wolf-Sören Treusch · 14.05.2023
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Ariane Hingst, Katharina Kurz, Felicia Mutterer: Drei von sechs Gründerinnen des Projekts FC Viktoria 89. Sie wollen Berlins Frauenfußball revolutionieren, haben inzwischen eine Million Euro eingesammelt – und erste Erfolge vorzuweisen.
Berliner Pokalfinale im altehrwürdigen Volksparkstadion in Mariendorf: Auf dem Spielfeld blühen die Gänseblümchen, auf der Gegengerade gibt ein 14-Jähriger den Einpeitscher.
Joni Peters: „Mit meinem Megafon haben wir mehrere Lieder, und ich stimme die dann an – und dann macht das Publikum mit. Das ist echt immer super zu hören.“
2:0 gewinnt das Team von Viktoria 89 das Finale um den Berliner Pokal gegen die Liga-Konkurrentinnen von Stern 1900. Es ist der erste Titel in der laufenden Saison.
Der Meistertitel soll folgen, im Juni vielleicht der Aufstieg in die zweite Liga. Langfristig soll es hochgehen in die Bundesliga.

Modell revolutioniert den Frauenfußball

Das ist das Ziel von sechs Frauen – allesamt Unternehmerinnen aus Wirtschaft, Sport und Medien, die die Viki-Girls vor einem Jahr aus dem Hauptverein ausgliederten und eine GmbH gründeten. Ein Modell, das den Berliner Frauenfußball revolutionieren werde, sagt Katharina Kurz, Mitinhaberin einer Craftbeer-Brauerei und eine der Gesellschafterinnen des Frauenteams von Viktoria 89.

Frauenfußball soll ja kein Charity-Ding bleiben, sonst verdient ja am Ende auch niemand was. Na klar, soll das wirtschaftlich funktionieren und na klar, wollen wir Sponsoring-Gelder und irgendwann die Spielerinnen besser bezahlen, das geht nur nicht von heute auf morgen, das geht nur mit mehr Aufmerksamkeit und Begeisterung.

Katharina Kurz, Gesellschafterin des Frauenteams von Viktoria 89

Prominente Investorinnen unterstützen Viktoria

Viel von dem Geld fließt ins Team. Die Spielerinnen zum Beispiel haben Verträge erhalten und sind damit in der Berufsgenossenschaft versichert, bestätigt Felicia Mutterer, Medienunternehmerin und eine der Mitgründerinnen:
„Gerade solche kleinen Dinge wie eine funktionierende Massagebank haben wir jetzt hinbekommen. Wir haben eine Infrastruktur geschaffen, dass unsere Spielerinnen alle eine Aufwandsentschädigung auch bekommen – dafür, dass sie bei uns regelmäßig trainieren. Genauso haben wir ein Trainer:innen-Team zusammengestellt, das professionell mit unserem Team trainieren kann, sodass auch unsere Spielerinnen entsprechende Förderung genießen. Wir haben dafür gesorgt, dass sie genügend Trainingsklamotten bekommen, auch das war vorher nicht selbstverständlich – und wir sorgen dafür, dass sie immer einen Platz zum Trainieren haben.“

Viktoria ist in der Regionalliga Nordost ganz oben

Seit dieser Saison spielt Aylin Yaren für die Viki-Girls:
„Ich mache das seit 28 Jahren. Es gibt nichts Schöneres als den Fußball, den wir mit Leidenschaft seit klein auf üben. Es wäre schön, wenn man ein bisschen Anerkennung dafür dann auch zurückbekommt.“
Die Frauen vom FC Viktoria Berlin bejubeln einen Torerfolg im Spiel gegen den 1. FC Union Berlin.
Und noch ein Tooooor: Die Frauen vom FC Viktoria Berlin bejubeln den Torerfolg gegen den 1. FC Union.© Imago / Matthias Koch
Ohne die Torjägerin stünde das Team nicht dort, wo es steht: auf Platz eins der Regionalliga Nordost.

"Die mit Abstand geilste Erfahrung"

Aylin Yaren verdient ihr Geld schon lange mit Fußball – auch als Freestylerin. Zudem hat sie für etliche höherklassige Klubs gespielt. Jetzt ist sie 34, das Projekt Viktoria hat sie noch einmal gereizt, denn Frauenfußball, sagt sie, brauche diese Form der Aufmerksamkeit.
„Wir haben Shootingtage, auf unserer Instagramseite wird auch viel getan. Wir haben professionelle Kamerateams hier, die uns verfolgen und filmen. Das sieht man auch auf Instagram. Deswegen: Allein da ist es so, dass wir keine leeren Versprechungen bekommen. Auch finanziell ist es ganz gut bis jetzt. Ich habe auch in der ersten und zweiten Liga gespielt und kann sagen, dass es hier die mit Abstand geilste Erfahrung ist bis jetzt. Und das in der dritten Liga. Also Regionalliga.“

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Spitzenspiel im Amateurbereich live im TV

Das Spitzenspiel gegen Türkiyemspor in der Hinrunde wurde live im Fernsehen übertragen. Ein absolutes Novum im Amateurbereich des Frauenfußballs.
Die Ziele von Viktoria 89 sind klar: noch mehr Sichtbarkeit und möglichst bald hoch in die Bundesliga. Ein kostspieliger Weg, dessen sind sich die beiden Gründerinnen Felicia Mutterer und Katharina Kurz bewusst. Dafür brauchen sie noch mehr frisches Geld.
„Wir sind in Gesprächen, aber wir werden es verkünden, wenn es so weit ist", sagt Felicia Mutterer. "Ehrlich gesagt hängt es ein bisschen vom Ausgang der Saison ab: Spielen wir nächstes Jahr zweite Bundesliga oder sind wir weiter in der Regionalliga? Da sind wir auch nicht anders als andere vom sportlichen Erfolg abhängige Unternehmen.“ Und Katharina Kurz ergänzt:
„Dann hoffe ich, dass wir da auch die eine oder andere tolle Spielerin verpflichten können. Entweder die vielleicht noch mal nach einer letzten Herausforderung sucht oder jemand ganz jungen, wo du sagst, okay, das ist ein superneues Talent."

Kritik und Lob für das Projekt

Viele kritisieren das Projekt, es sei nicht nachhaltig, dem Team fehle der Unterbau, Nachwuchstalente. Vonseiten des Berliner Fußball-Verbandes kommt dagegen viel Lob. Auch wenn Präsident Bernd Schultz skeptisch ist, ob Viktoria 89 gegen den Meister der Regionalliga Nord, den Hamburger SV, in der Relegation für die zweite Liga eine Chance hätte:
„Das dürfte eine ziemliche Hürde werden. Insofern muss man mal schauen, ob es am Ende sportlich reicht, um aufzusteigen. Aber ich glaube schon, dass dort Strukturen gelegt worden sind, auf denen man aufbauen kann."

Spannende Meisterschaft

Nachdem Türkiyemspor das Rückspiel gegen Viktoria 89 durch einen umstrittenen Handelfmeter in der 90. Minute mit 1:0 gewonnen hat, ist die Meisterschaft in der Regionalliga Nordost noch einmal spannend. Da in der kommenden Saison auch der 1. FC Union und RB Leipzigs zweite Mannschaft aufsteigen wollen, sollten sich die Viki-Girls sputen, den Sprung nach oben jetzt zu schaffen.
Die 34-jährige Aylin Yaren würde es freuen: „Ich möchte das gern noch erleben. Deswegen wäre es schön, wenn es dieses Jahr klappen würde.“

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