Französischer Literaturpreis

    Eric Vuillard bekommt den Prix Goncourt

    Der französische Autor Eric Vuillard freut sich über den Gewinn des Prix Goncourt für seinen Roman "L'Ordre du Jour"
    Der französische Autor Eric Vuillard freut sich über den Gewinn des Prix Goncourt für seinen Roman "L'Ordre du Jour" © AFP / Eric Feferberg
    06.11.2017
    Der Prix Goncourt geht an den Schriftsteller Eric Vuillard. Der 49-Jährige erhält Frankreichs wichtigste literarische Auszeichnung für den Roman "L'Ordre du jour". Sein Thema ist der "Anschluss" Österreichs an Nazideutschland.
    Das im Verlag Actes Sud erschienene Buch handelt aber auch von den politisch-psychologischen Mechanismen, die Hitler 1933 zur Macht in Deutschland verholfen haben. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Treffen des neuen Reichskanzlers mit Industriebossen am 20. Februar 1933.
    Eric Vuillard befasst sich in seinen Werken häufig mit den großen Momenten der Geschichte. In deutscher Übersetzung sind von ihm im Verlag Matthes & Seitz "Traurigkeit der Erde. Eine Geschichte von Buffalo Bill Cody" und "Kongo" (hier unsere Besprechung) sowie die "Ballade vom Abendland" erschienen.
    Unser Literaturkritiker und Frankreich-Experte Dirk Fuhrig sagt über den 160 Seiten umfassenden Roman von Eric Vuillard:
    "L'Ordre du jour" heißt zu deutsch: "Tagesbefehl" oder" Tagesordnung". Ein schmales Bändchen, auf dem Umschlag ein Bild von Gustav Krupp von Bohlen und Halbach. 20. Februar 1933, das berühmte Geheimtreffen Adolf Hitlers mit den Industriekapitänen Deutschlands. Danach springt Vuillard ins Jahr 1938, als der Anschluss Österreichs kurz bevorsteht. Jetzt: 12. März 1938 - der Anschluss Österreichs. Vuillard schildert die letzten Stunden vor dem Einmarsch. Es geht um Kurt Schuschnigg und Konsorten, also die willfährigen österreichischen Politiker.
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    "L'Ordre de Jour"© Actes Sud
    Vuillard wählt eine ganz persönliche Perspektive. Nicht die eines Historikers, sondern sie setzt sich zusammen aus den Kleinlichkeiten und Unentschlossenheiten der Individuen − die handeln oder eben nicht handeln. Es zeigt sich eine unfassbare Lethargie, Willfährigkeit und Selbstbezogenheit der führenden Österreicher und Opportunisten, denen die Demokratie und das Parlament völlig egal sind und die sich den deutschen Befehlen fast lustvoll hingeben.
    Eric Vuillard ist bekannt für diese Methode, Geschichte in kurzen Momenten zu kondensieren und neu zu erzählen. So hat er sich schon in einem Buch über Buffalo Bill der Kriege im Wilden Westen angenommen und die Grausamkeiten dieses Vernichtungsfeldzugs gegen die Indianer gezeigt. Ein anderes Buch handelt von der Berliner Kongo-Konferenz, bei der Afrika aufgeteilt wurde. Eric Vuillard ist außerdem auch Filmemacher, daher passt es: alles in ein Bild, in einen Tag, in eine Szene packen.
    Die anderen drei nominierten Bücher für den Prix Goncourt haben wir hier besprochen.

    Hören Sie zur Vergabe des Prix Goncourt an Eric Vuillard auch das Gespräch mit Dirk Fuhrig aus unserer Sendung "Studio 9": Audio Player

    Mehr zum Thema