Frankreichs Sonderweg im Internet - Google-Steuer und Subventionen

Frankreich prüft eine Steuer auf die Werbeeinnahmen von großen Internet-Suchmaschinen und Webportalen, eine so genannte "Google-Steuer".
Frankreich prüft eine Steuer auf die Werbeeinnahmen von großen Internet-Suchmaschinen und Webportalen, eine so genannte "Google-Steuer". Sie soll nur Großunternehmen treffen, darunter auch Microsoft, AOL, Yahoo! oder Facebook, wie es im Bericht einer Expertenkommission heißt. Grundlage sollten die Online-Werbeeinnahmen in der EU sein, welche die Firmen von Frankreich aus erzielen. Erst im Oktober hatte die französische Regierung für Aufsehen gesorgt, in dem sie die Strafen für Raubkopierer erhöhte, die nun mit einer Sperrung ihres Internetanschlusses rechnen müssen.
Doch Frankreichs Internet-Politik ist ambivalent. Sie steht nicht nur für die "Google-Steuer" oder Websperren. Die "Google-Steuer" etwa soll Millionensubventionen finanzieren, mit denen Paris der Internet-Wirtschaft unter die Arme greifen will. Neben Inhalten von Presse- und Medienhäusern sind auch Hilfen für Anbieter von Online vertriebener Musik und Filmen sowie elektronischen Büchern geplant. In diesem Jahr braucht das Ministerium dazu rund 50 Millionen Euro, für 2011 und 2012 sind jeweils zwischen 35 und 40 Millionen Euro vorgesehen. Konkrete Aussagen darüber, wohin das Geld genau fließen soll, gibt es bislang nur für den Musikbereich. Gestärkt werden sollen legale Online-Musikangebote, die durch breit verfügbare Raubkopien bisher keine überlebensfähigen Geschäftsmodelle entwickeln konnten. Vorgeschlagen wird, jungen Internet-Nutzern eine "Online-Musik-Karte" im Wert von 50 Euro anzubieten. Selbst sollen sie dafür 20 bis 25 Euro zahlen, der Staat übernimmt 20 Euro und der Rest wird von der Musikbranche beigesteuert. Auch die steuerliche Absetzbarkeit für die Produktion von Musikstücken soll ausgeweitet werden, um mehr französische Songs auf den Markt zu bringen. Bei Büchern wollen die Experten die in Frankreich geltende Preisbindung auf elektronische Werke ausweiten. Gleichzeitig fordern sie, dass die reduzierte Mehrwertsteuer für Bücher auch für E-Books gelten solle und das europaweit.

Die Reaktionen auf die Internet-Pläne der französischen Regierung sind erwartungsgemäß unterschiedlich. Die französische Wirtschaftszeitung "Les Echos" kritisiert die Pläne einer "Google-Steuer". "Es hat keinen Sinn, ein immer größer werdendes Unternehmen zu besteuern, um die Musik, den Film oder sogar die Presse zu finanzieren", argumentiert das Blatt. "Diese Wirtschaftsbereiche haben unter der technologischen Revolution gelitten, sind aber auch Opfer eigener strategischer Fehler geworden, die ihnen mehr geschadet haben als die Geschäftspraktiken von Google. Was Musik, Film und Medien für die Sicherung ihrer Zukunft brauchen, sind neue Geschäftsmodelle und keine neuen Subventionen."
Ganz anders hingegen sehen das Journalisten von unabhängigen Nachrichtenportalen. Diese Internetportale, die Investigations- und Informationsjournalismus ausschließlich online betreiben, gibt es in Frankreich seit ungefähr drei Jahren. Der kürzlich gegründete Verband der unabhängigen Informationspresse im Internet zählt inzwischen rund 40 Mitglieder. Diese Medien haben in der französischen Öffentlichkeit in relativ kurzer Zeit mehr als nur einen Achtungserfolg erzielt, werden in den Presseschauen der Radios zitiert wie Tagesszeitungen und können sich zugute halten, Skandale aufgedeckt zu haben. Drei der namhaftesten, unter ihnen mediapart.fr, haben jetzt Anträge gestellt, um jeweils rund 200.000 Euro aus einem 20 Millionen-Subventionstopf zu ergattern. Zwar protestiert die Bloggerszene ("Verrat für ein Linsengericht", "Der Tag an dem Sarkozy die Presse gekauft hat"), doch die Journalisten argumentieren damit, der Staat würde mit den Subventionen helfen, die Vielfalt der neuen Medien zu garantieren.
Schließlich bekommt Frankreichs traditionelle Presse jährlich fast eine Milliarde Euro an direkter und indirekter Hilfe vom Staat, wovon sämtliche Tages- und Wochenzeitungen profitieren. Ein Problem mit der Unabhängigkeit der französischen Presse gibt es allerdings dabei schon. Die größten Pressegruppen des Landes sind in der Hand von Rüstungskonzernen, die fast ausschließlich von staatlichen Aufträgen, also vom Wohlwollen der jeweiligen Regierung abhängen. / vli
Foto: flickr.com, CC, von ohallmann

Weitere Links: carta.info: Selbst die SPD ist gegen Google-Steuer in Deutschland
Mp3 DLF, Europa heute: Staatsgeld für Onlinejournalisten - Subventionen für Frankreichs Nachrichtenportale sorgen für heftige Debatten
Breitband-Porträt von mediapart.fr in der Sendung vom 26.07.08