Frankreichs neue Kulturministerin Françoise Nyssen

Charismatische Visionärin

Die neue französische Kulturministerin Francoise Nyssen im Elysee Palast in Paris vor dem wöchentlichen Kabinett-Treffen der neuen Regierung.
Die neue französische Kulturministerin Francoise Nyssen © AFP / Stephane de Sakutin
Von Dirk Fuhrig · 18.05.2017
Mit Françoise Nyssen übernimmt erstmals eine Verlegerin die Führung des wichtigen Ministeriums für Kultur und Kommunikation. Eine Sensation, findet unser Kollege Dirk Fuhrig. Er hat die neue französische Kulturministerin getroffen.
Françoise Nyssen ist eine der großen Verlegerpersönlichkeiten vom Schlage eines Michael Krüger, Siegfried Unseld, Michael Naumann - resolut, entschlossen, extrem gebildet, visionär; eine sehr besondere Frau. Ich habe sie vor kurzem bei einem Besuch ihres Verlags "Actes Sud" in Arles bei Avignon getroffen und als eine charismatische Person erlebt.
Sie hat den von ihrem Vater geründeten Verlag zu einem der maßgeblichen Häuser in Frankreich gemacht. In den letzten Jahren konnte der Verlag einige Preisträger sammeln, etwa Mathias Enard und Jêrôme Ferrari. Nobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch erscheint bei ihr auf Französisch. Oder auch Kamel Daoud, der algerische Journalist und Schriftsteller, dessen Artikel zur Kölner Silvesternacht so kontrovers diskutiert wurden.
Außerdem veröffentlicht der Verlag die Werke vieler deutschsprachiger Autoren wie Juli Zeh, Michael Köhlmeier oder Daniel Kehlmann. In keinem anderen französischen Verlag erscheinen mehr Übersetzungen deutschsprachiger Autoren.

Gebürtige Belgierin

Françoise Nyssen verkörpert einen neuen, frischen Geist aus dem Süden ("Actes Sud" heißt ja programmatisch der Verlag) – und das, obwohl 90 Prozent der Verlage und des Kulturlebens in Paris beheimatet sind. Arles gilt aus Sicht der Hauptstadt als tiefe Provinz.
Dabei ist Françoise Nyssen gar nicht in Frankreich geboren, sondern 1951 in der Nähe von Brüssel. Sie hat Molekularbiologie und Urbanistik studiert, kennt sich also in verschiedenen Gebieten aus.
Sie hat einen weiten Blick, was man auch in der Auswahl ihrer Autoren im Verlag sieht. Noch dazu ist sie ökologisch orientiert und eine Verfechterin alternativer Pädagogik. Sie hat selbst eine Waldorfschule gegründet. Mit ihrem weltläufigen Blick ist sie eine der Aufsteigerinnen der letzten Jahre – all das und ihr Charisma passen exakt in das "Start-up"-Programm von Emmanuel Macron.

500 Euro für jeden 18-Jährigen

Im Programm des neuen Präsidenten findet sich der Schwerpunkt kulturelle Bildung: Öffnung der Bibliotheken am Sonntag und ein Kultur-Bonus von 500 Euro für jeden 18-Jährigen, damit er ins Kino oder Theater gehen und Bücher kaufen kann. Die Idee folgt Macrons Motto: "kulturelle Praxis lernen".
Außerdem will er eine Mann-Frau-Parität in kulturellen Einrichtungen einführen. Für den Schutz und die Bewahrung nationalen Kulturguts stehen im Etat der neuen Kulturministerin 50 Milliarden Euro bereit.
Am schwierigsten wird es vielleicht sein, neue Strukturen zwischen traditionellen und digitalen Medien einzuführen. Aktuell streiten sich Netflix und Filmproduzenten auf dem Filmfest in Cannes. Auch bei den öffentlich-rechtlichen Medien, vor allem im Fernsehen, stehen schwierige Reformen an.

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