Fotovoltaik in Bayern

Die niedrige Einspeisevergütung bremst den Ausbau

06:06 Minuten
Solarmodule werden auf ein Hausdach transportiert.
Inzwischen nutzen Privatleute immer öfter nur einen kleinen Teil der Dachfläche für Fotovoltaikanlagen, weil sich größere nicht lohnen. © picture alliance / Sven Simon / Frank Hoermann
Von Lorenz Storch · 12.04.2022
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Bayern setzt bei den erneuerbaren Energien vor allem auf Fotovoltaik. Allerdings ist die Einspeisevergütung inzwischen so gering, dass es kaum lohnt, neue Anlagen zu installieren. Eine geplante Reform in Berlin könnte neue Probleme schaffen.
Auf dem Dach des Einfamilienhauses von Thomas Littel in Wolfersdorf bei Freising wäre eigentlich noch viel Platz. Aber er hat mit Absicht nur eine Ecke seines Dachs mit Fotovoltaikmodulen belegt. Die Einspeisevergütung war ihm zu niedrig.
Deswegen hat er seine Anlage so klein dimensioniert, dass er einen möglichst hohen Anteil des produzierten Stroms selber verbraucht. Das lohnt sich angesichts steigender Strompreise immer mehr. Die eigene Stromrechnung wird so kleiner. Aber den Rest des Stroms zu verkaufen, rentiert sich bei neuen Anlagen immer weniger. Denn die Einspeisevergütung sinkt Monat für Monat. Dabei würde der zusätzliche Strom für die Energieversorgung Deutschlands dringend gebraucht.

Fotovoltaikanlagen werden wieder teurer

Gleichzeitig sind Fotovoltaikanlagen wegen Corona zuletzt sogar teurer geworden, berichtet Tobias Schmitt von der Münchner Solarfirma Emondo. Was mit Lieferproblemen wegen der Pandemie zu tun hat, aber nicht nur. Denn große Solarparks boomen, weil sie ihren Strom direkt am Markt verkaufen können.
„Die Herstellung kann im Moment gar nicht so schnell mitwachsen, wie der Markt das verlangt", sagt Tobias Schmitt. "Und das wird sich nicht morgen erledigt haben; dieses Problem wird sich verschärfen. Für den Endkunden werden die Anlagen im Moment wieder etwas teurer. Wir sind heute auf dem Niveau wie 2017 oder 2018.“
Wer heute eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach seines Einfamilienhauses installiert, bekommt pro Kilowattstunde Strom, den er ins Netz einspeist, noch 6,6 Cent. Das ist rund ein Cent weniger, als der eingespeiste Solarstrom im Durchschnitt des vergangenen Jahres am Strommarkt wert war. Durch den Anstieg der Börsenstrompreise klafft diese Schere immer weiter auseinander.
Nicht mehr sachgerecht findet das der Solarverband Bayern. „Es ist schon grenzwertig, heute noch von einer Förderung zu sprechen", sagt Verbandsvorstand Andreas Henze: "Es ist eigentlich das Gegenteil von Förderung, man kriegt weniger als das, was der Marktwert wäre.“

Solarverband fordert auskömmliche Vergütung

Das kann so nicht bleiben, findet Henze. „Wir müssen die Vergütungssätze wieder so anpassen, dass sie auskömmlich sind", erklärt er die Forderung des Solarverbands im Freistaat. Die Zubauziele sollten schließlich jetzt deutlich erhöht werden. "Wir wollen ja das Dreifache machen dessen, was wir bisher als Ziel hatten – dann muss ich natürlich die Einspeisevergütung dementsprechend erhöhen, damit auch dieser Anreiz wieder da ist, so viel zuzubauen.“
Am problematischsten ist die niedrige Einspeisevergütung für Fotovoltaik gar nicht im Segment der kleineren Anlagen auf Einfamilienhäusern. Da rentiert sich ja zumindest der Teil des Fotovoltaikstroms, den die Besitzer selbst verbrauchen. Schwierig wird das jedoch oft bei den großen Dächern – wo eigentlich noch ein riesiges Potenzial vorhanden wäre. Aber unter den Großdächern fehlt eben häufig ein Verbraucher, der den Sonnenstrom vor Ort abnehmen könnte.
„Wenn ich keinen Eigenverbrauch habe, dann fallen die Anlagen raus und können nicht mehr gebaut werden. Große Dächer in der Landwirtschaft, große Dächer auf Einkaufszentren, wo vielleicht der Strom, aus welchen Gründen auch immer, nicht dort genutzt werden kann – die fallen aus, dann sind sie weg und werden nicht genutzt.“

Bayerns Vorsprung bei der Sonnenenergie

Der bayerischen Staatsregierung kann das nicht gefallen. Denn während die CSU bekanntlich der Windkraft eher skeptisch gegenüber steht, setzt sie im Freistaat voll auf die Fotovoltaik.
Ministerpräsident Markus Söder trägt immer wieder programmatisch vor: "Wir setzen ein ganz klares Signal für Fotovoltaik. Bayern ist Sonnenland, und Bayern baut seinen Vorsprung bei der Sonnenenergie aus.“
Das Freie Wähler-geführte Wirtschaftsministerium in München warnt, der Fotovoltaik-Zubau auf großen Gewerbedächern sei zuletzt um die Hälfte zurückgegangen, weil die frühere Bundesregierung unter CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier den Strom vom Dach unattraktiver gemacht hatte – mit mehr Bürokratie und weniger Vergütung.
Deswegen mahnt auch der bayerische Energieminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern: „Auf den Dächern ist noch sehr viel Platz. Das muss noch intensiver genutzt werden. Aber dazu muss der Bund die Rahmenbedingungen noch verbessern.“

Was bringt die geplante Reform?

Das inzwischen grün-geführte Bundeswirtschaftsministerium kündigt für April eine Reform der Fotovoltaik-Vergütung an. Die Einspeisevergütung soll dabei nach einem Referentenentwurf tatsächlich steigen, und zwar vor allem für Anlagen, bei denen kein Strom in den Eigenverbrauch geht. Dann würden aber die meisten Anlagen auf Einfamilienhäusern außen vor bleiben.
Die Solarbranche fordert deshalb weitere Nachbesserungen. Der Münchner Solarunternehmer Tobias Schmitt empfiehlt seinen Kunden mit Einfamilienhäusern trotzdem schon jetzt, ihre Anlagen nicht zu klein zu bauen. Auch wenn es sich im Moment scheinbar kaum lohnt: „Nicht, weil ich ihn unbedingt schon zwingend heute brauche, den Strom. Aber vielleicht in den nächsten fünf bis zehn Jahren. Und wir haben einen Lebenszyklus von bis zu 30 Jahren bei der Fotovoltaik, das heißt, ich muss das heute mitdenken.“
Denn Heizung und Mobilität werden zunehmend elektrisch. So auch bei Thomas Littel aus Wolfersdorf. In ein paar Monaten kriegt er ein Elektroauto. Jetzt will er deshalb seine Solaranlage doch noch erweitern.

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