Football-Star Colin Kaepernick

Erst ein Störenfried, jetzt ein Held?

03:42 Minuten
Eine Demonstrantin bei Black Lives Matter Protesten trägt Colin Kaepernick auf einer schwarzen Gesichtsmaske, San Francisco, 15. Juni 2020.
Für seinen Protest gegen Polizeigewalt und Rassismus bekam Colin Kaepernick anfangs Gegenwind - inzwischen ist es populär geworden, sein Anliegen zu unterstützen. © Getty / The San Francisco Chronicle / Scott Strazzante
Von Kerstin Zilm · 19.07.2020
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Vor vier Jahren begann NFL-Quarterback Colin Kaepernick seinen Protest gegen Polizeigewalt und Rassismus in den USA. Er kniete vor Spielen zur US-Nationalhymne. Er erntete Kritik und bekam keinen neuen Vertrag. Inzwischen hat sich der Wind gedreht.
Colin Kapernick gibt selten Interviews. Er macht seine Botschaften auf eigenen Kanälen publik. Zuletzt auf Instagram zu Covid-19:
"Schwarze und braune Familien werden wegen des Jahrhunderte andauernden strukturellen Rassismus unverhältnismäßig schwer vom Virus zerstört. Deshalb hat meine Organisation 'Know Your Rights' einen Hilfsfond für sie eingerichtet."
Die Organisation unterstützt auch verhaftete "Black Lives Matter"-Demonstranten rechtlich und finanziell.
Gleichzeitig plant Kaepernick mit Disney eine Fernsehserie über sein Leben vom Football-Star zum politischen Aktivisten, und mehrere Projekte über den Kampf gegen Rassismus, soziale Ungerechtigkeit und um Fairness in den USA.

Trump fordert Chance - unter Vorbehalt

Es ist populär geworden, Kaepernicks Anliegen zu unterstützen. Roger Goodell, Chef der Football-Liga, die den Quarterback kaltgestellt hatte, gibt plötzlich zu, die Liga habe mit der Kritik an seinem Protest falsch gelegen.
"Wenn er seine NFL-Karriere fortsetzen will, heiße ich das willkommen und unterstütze Clubs, die ihm einen Vertrag geben wollen."
Der Quaterback Colin Kaepernick (Mitte) von den San Francisco 49ers und zwei Mitspieler knien während der Nationalhymne bei einem Match der National Football League. 
Colin Kaepernick und Mitstreiter von den San Francisco 49ers© picture alliance/EPA/JOHN G. MABANGLO
US-Präsident Trump, der vor vier Jahren Spieler, die kniend protestierten, Hurensöhne nannte, verlangt noch immer, dass alle zur Nationalhymne aufrecht stehen. Doch seine Botschaft in Sachen Kaepernick hat sich drastisch geändert. 2016 forderte er den Spieler auf, die USA zu verlassen, wenn ihm die Gesellschaft nicht passe. Jetzt sagt auch Trump auf einmal: Klar, Kaepernick soll eine Chance bekommen. Unter Vorbehalt, natürlich.
"Wenn er es verdient, auf jeden Fall. Wenn ich mich recht erinnere, hat er allerdings während der Karriere stark nachgelassen. Wenn er nicht gut genug ist, wäre es unfair."

"Die Football-Liga will ihr Image aufpolieren"

Colin Kaepernick hat den Weg für andere US-Athleten geebnet, im Protest gegen soziale Ungerechtigkeit und für die "Black Lives Matter"-Bewegung. Ob Football, Baseball oder Basketball; Fußball, Boxen oder Autorennen – in diesem Jahr kann kein US-Sport der Diskussion mehr ausweichen. Wer nicht wie ein kompletter Ignorant aussehen will, muss auf der Seite Kaepernicks stehen.
Vage Unterstützungen und Absichtserklärungen reichen vielen nicht mehr. Die Liga-Leitung kann dafür sorgen, dass Kaepernick zum Saisonbeginn einen Vertrag in der Tasche hat, sagte Sportkommentator LZ Granderson auf CNN:
"Wer das wirklich will, macht keine netten, kleinen Videos, sondern ruft die Vereinsbesitzer an, setzt sich für ihn ein, macht Druck über die Medien. Momentan will die Football-Liga nur ihr Image aufpolieren."
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