Flughafen Berlin Brandenburg (BER)

Angst vor dem Krach

Flugzeug im Landeanflug auf Schönefeld
Über den Dächern: Ein Flugzeug beim Landeanflug auf den Flughafen Schönefeld. © picture alliance / dpa / Foto: Patrick Pleul
von Vanja Budde · 16.03.2016
Viel Lärm um den Lärm: 2006 setzten die Anwohner des künftigen Flughafens BER erfolgreich ein Nachtflugverbot und ein Schallschutzprogramm durch. Zehn Jahre später herrscht immer noch Frust, denn das Programm wird nur sehr langsam umgesetzt.
Die Bauarbeiten im Terminal des Flughafens Berlin Brandenburg laufen. Tausende Meter Kabel wurden neu verlegt, die Entrauchungsanlage umgebaut. Sie vor allem - genannt "das Monster" - hatte die Eröffnung des BER im Sommer 2012 verhindert. Nun liegen die letzten Pläne beim Bauamt des Landkreises, das hat nach dem ersten Blick auf die Lastwagenladung voll Aktenordner schon moniert und Nachbesserungen verlangt.
Ob der Flughafen wie geplant Ende 2017 eröffnet werden kann, ist wieder einmal fraglich. Auf jeden Fall aber ist das ein Tag, den sich Gesellschafter und Politiker herbei sehnen, dem die Anwohner aber mit Schrecken entgegen sehen.
"Hallo, haben Sie schon unterschrieben?"
"Ich hab schon vor der Bücherei unterschrieben."
"Super."
In der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow zum Beispiel, quasi in Sichtweite zum neuen Hauptstadtflughafen.
"Der Ortsteil Blankenfelde, wo wir gerade stehen, ist der am härtesten betroffene Ortsteil überhaupt."
Alexander Fröhlich ist Referent des Bürgermeisters und Mitglied einer Bürgerinitiative gegen eine mögliche dritte Startbahn am BER. An diesem sonnigen Samstag sammeln die Fluglärmgegner Unterschriften für ein Volksbegehren, das einen weiteren Ausbau des schon vor der Eröffnung zu kleinen Hauptstadtflughafens verhindern soll.
"Sie haben hier einfach Betroffenheit durch die Landungen, die gehen hier über diesen Ortsteil rüber auf die beiden Landebahnen, und zum Teil auch noch Starts. Das ist dann sehr heftig. Und Sie müssen sich vergegenwärtigen: Es wird auch ein sprunghafter Anstieg werden. 2014 hatten wir 65.000 Flugbewegungen und je nachdem, wann er in Betrieb geht, wahrscheinlich 270-, 280-, 290.000 im Jahr der Inbetriebnahme, also ein sprunghafter Anstieg der Flugbewegungen quasi über Nacht. Das wird natürlich für die Menschen hier in Blankenfelde deutlich spürbar sein."
Die Gemeinde ist vor 10 Jahren mit vor das Bundesverwaltungsgericht gezogen, um zu verhindern, dass der BER hier gebaut wird, unmittelbar vor den Toren der Hauptstadt.
"Das Raumordnungsverfahren in den 90er-Jahren hat für diesen Standort dort in Schönefeld ganz klar ergeben: Es ist für einen Flughafenstandort nicht geeignet. Dort hätte dieser Flughafen nicht errichtet werden dürfen, weil einfach das Umfeld zu stark besiedelt ist."

Kosten für Schallschutz steigen

Doch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gab mit seinem Urteil vom 13. März 2006 grünes Licht für den Bau. Es ordnete aber ein Nachtflugverbot an und verdonnerte die Planer zu Schallschutzmaßnahmen für die tausende Menschen, die in unmittelbarer Nähe wohnen. Bis heute sei aber nicht viel passiert, sagt Alexander Fröhlich.
"Wir haben nach wie vor einen Umsetzungsstand beim Schallschutzprogramm von nahezu null. Es gibt 24.000 anspruchsberechtigte Objekte, gerademal an wenigen Hundert ist es bisher wirklich umgesetzt. Es gibt ganz viele Konflikte, die verhindern, dass es umgesetzt wird. Da sind viele Leute schon sehr frustriert, weil die sich teilweise schon seit zehn Jahren mit der Flughafengesellschaft herumschlagen, Briefverkehre haben und an die Aufsichtsbehörde schreiben. Und es geht nichts voran."
140 Millionen Euro hatte die Flughafengesellschaft anfangs für den Schallschutz eingeplant. Mittlerweile sind die geschätzten Kosten auf 730 Millionen gestiegen. Doch diese Blankenfelderin, die lieber ungenannt bleiben möchte, ist dennoch nicht zufrieden. Sie ist eine von vielen Anwohnern, die kritisieren, dass die Flughafenbauer aus Kostengründen nur auf eine Innendämmung der Häuser setzten und sie mit Billiglüftern abspeisen wollten.
"Dieser Lüfter ist als Äquivalent dafür gedacht, dass man nicht die Fenster aufmachen darf. Der wird ins Mauerwerk eingelassen, womit ich denke, dass Schallbrücken da sind. Und da ich jetzt schon bei geschlossenen Fenstern mit Ohropax schlafen muss, sage ich mir: Ich brauche so einen Lüfter nicht, der an das Mauerwerk rangeht und das Mauerwerk eigentlich eher beschädigt, denn mir eine Erleichterung bringt."
Diese Lüfter werden Feuchtigkeit und Schimmel verursachen, befürchten viele Hausbesitzer. Eine Klage gegen diese Methode ist Anfang April vor dem Oberverwaltungsgericht anhängig. Die Kläger wollen durchsetzen, dass der Flughafen für jedes Haus ein Lüftungskonzept erarbeitet.
Es ist nur eines von dutzenden Gerichtsverfahren zu Flugrouten, Nachtflugverbot und Lärmschutz, die den pannengebeutelten Flughafenbau seit Jahren begleiten.
In der Gemeindebibliothek neben dem Blankenfelder Supermarkt liegt die Unterschriftenliste gegen eine dritte Startbahn aus. Ein junger Mann unterschreibt, weil er sich Sorgen um die Zukunft hier in Blankenfelde macht.
"Dass wir immer mehr zugemüllt werden, mit Lärm, mit Dreck. Ich kann mich ja nicht mehr draußen aufhalten. Und nur im Haus oder in der Wohnung – wenn man einen Garten hat, will man sich ja auch mal draußen aufhalten, gerade wenn es schön draußen ist."
Eine Woche später ist das Volksbegehren gescheitert. Statt der nötigen 80.000 sind nur 50.000 Unterschriften zusammen gekommen. Eine dritte Startbahn sei nicht geplant, versucht Flughafenchef Karsten Mühlenfeld die Gemüter zu beruhigen. Der ehemalige Rolls-Royce-Manager folgte vor einem Jahr Hartmut Mehdorn an der Spitze der Flughafengesellschaft nach. Kurz vor seinem Abgang zeichnete Mehdorn ein positives Bild vom Fortgang des Lärmschutzes für die Menschen am Flughafen.

Von 24.000 Wohnungen und Häusern nur 110 mit Schallschutz ausgestattet

"Das Schallschutzprogramm, was wir heute umsetzen, ist in Deutschland einzigartig. Das wird sicherlich auch für Europa gelten. Es ist sehr anspruchsvoll. Wir haben mittlerweile im Tagschutzbereich mit rund 14.000 Anspruchsbeteiligten ein Schutzniveau festgeschrieben, das nach Kenntnis der Flughafengesellschaft an keinem anderen Flughafen, geschweige denn an einem anderen Verkehrsträger so ausgestaltet ist. Seitdem setzen wir um."
So Mehdorn vor einem Jahr vor dem Sonderausschuss BER des Potsdamer Landtages. Bis heute sind von den 24.000 Wohnungen und Häusern rund um den Flughafen, davon 14.000 in der unmittelbaren Nähe, die auch tagsüber vor dem Krach der Flieger geschützt werden müssen, nur 110 mit Schallschutz ausgestattet.
"Da ist noch viel zu besprechen, da ist noch viel zu regeln, gar keine Frage. Wir sind dazu auch bereit und stellen uns diesem Dialog, wo immer und wann immer er stattfinden soll."
Wenn Stefan Gloß so etwas hört, läuft er rot an vor Wut. Der Bauingenieur in Rente wohnt seit Jahrzehnten in einem Einfamilienhaus in Blankenfelde-Mahlow, etwa vier Kilometer vom künftigen Großflughafen entfernt. 125 Quadratmeter, fünf Zimmer. Hier, am Waldrand, idyllisch mit Blick ins Grüne, haben seine Kinder im Garten gespielt. Nach der Wende, als es endlich Baumaterial gab, hat er sich eine große Terrasse angebaut. Fraglich, ob er die in Zukunft noch wird nutzen können.
"Die Leute bekommen einmalig 4.000 Euro dafür, dass sie ein Leben lang ihr Grundstück nicht mehr draußen im Außenbereich benutzen können. Das ist auch deutsches Gericht, deutsche Richter, die das bewertet und so entschieden haben. Will ich das überhaupt? Will ich den Rest meines Lebens in der Käfighaltung verbringen, in einem geschlossenen Raum, wo ich die Fenster nicht aufmachen kann, weil im Minutentakt mir in 200 Meter Höhe die Flieger drüber ballern?"
Stefan Gloß gehörte vor zehn Jahren der Klagegemeinschaft des Bürgervereins Berlin-Brandenburg an, die vor das Bundesverwaltungsgericht gezogen war. Seit dem Urteil von Leipzig ist der 66-Jährige auf die Gerichte nicht mehr gut zu sprechen.
"Wir waren alle der guten Hoffnung, dass wir ja unparteiische Richter haben, die dann völlig frei von äußeren Einflüssen ein unparteiisches Urteil fällen. Ich persönlich und viele andere können nach diesem Prozess diese Meinung nicht vertreten. Und auch noch nachträgliche Urteile zu abknickenden Flugrouten. Da stehen einem als normalen Bürger bei dieser Begründung, die das Gericht da anführt, warum das alles so richtig ist, die Haare zu Berge."
In seinem Büro im Dachgeschoss hat Stefan Gloß anderthalb Meter Aktenordner im Regal stehen. Seine Korrespondenz mit der Flughafengesellschaft, seit er 2009 den ersten Antrag auf Schallschutz gestellt hat.
"Der Flughafen hat Verträge mit entsprechenden Ingenieursbüros, die natürlich entsprechend vergattert sind, was sie alles zu genehmigen und nicht zu genehmigen haben: Ablehnen, ablehnen, ablehnen!"
Weil er immer wieder Widerspruch einlegte, seien die Anspruchsermittlungen von erst 9.000 auf zuletzt 107.000 Euro gestiegen. Doch Gloß fällt unter die Kappungsgrenze: Weil der Schallschutz teurer würde als 30 Prozent des Verkehrswertes seines Hauses, hat er nur Anspruch auf eine Entschädigung.
"Ich habe 48.000 Euro als Entschädigung bekommen, hätte also, wie gesagt, eigentlich 107.000 Anspruch. Das reicht nicht mal fürs Notwendigste, was ich machen will. Der Flughafen hat für alles Geld, nur nicht für die Betroffenen, an denen wird gespart, wo es nur geht."

Wohnräume werden nicht als solche anerkannt

Nicht nur in Sachen Kappungsgrenze hat Stefan Gloß mit dem Schallschutzprogramm der Flughafengesellschaft zu kämpfen. Noch vor der Wende hatte er sein Dachgeschoss ausgebaut, nicht nur ein Büro, sondern auch ein Schlafzimmer und ein Bad gibt es hier oben. Aber keinen Anspruch auf Schallschutz. Die Raumhöhe ist den BER-Ingenieuren zu niedrig. Verstoß gegen die Brandenburgische Bauordnung. Die es zu DDR-Zeiten noch gar nicht gab.
"Da haben sie gesagt: ‚Wir haben gemessen, Sie haben nur 2,18 und nicht 2,20 Meter.‘ Da habe ich geschrieben: ‚Das stimmt. Ich habe nur 2,18 Meter, aber das habe ich aus folgendem Grund, weil ich nach der Wende - hier war nur ein Spanplattenfußboden, da habe ich noch mal Laminat draufgemacht, sodass sich der Boden erhöht und logischerweise dann das um zwei Zentimeter runtergeht.‘ Der Flughafen versucht, hier das Bauordnungsamt zu spielen und selbst Dinge zu entscheiden, die es ihm überhaupt nicht zusteht zu entscheiden."
Stefan Gloß ist vom Fach und hat die Kraft, sich zu wehren, viele seiner Nachbarn aber nicht.
"Die Leute, speziell die älteren, das sind ja Leute, die Mitte 70 oder über 80 sind, sind echt verzweifelt. Die kommen dann, dann höre ich von denen: ‚Die wollen mir hier alles aufreißen! Die machen mir die ganzen Wände … das will ich nicht, diesen Dreck, das kann ich doch nicht! Wo soll ich mit den Möbeln hin, das weiß ich nicht!‘ Und auch das ist in meinen Augen schlicht und einfach Kalkül des Flughafens. Der Flughafen will genau, dass die Leute sagen: Nee, das wollen wir nicht, dann verzichten wir. Wenn die Leute verzichten, muss der Flughafen nichts bauen, so einfach ist das. Die schicken jetzt schon Verzichtserklärungen mit, sodass Sie nur unterschreiben brauchen."
Dass Wohnräume nicht als solche anerkannt werden - diese Erfahrung machten viele Anwohner, erzählt Christine Dorn vom Bürgerverein Brandenburg-Berlin. Sie spricht von tausenden von Fällen - und sieht einen direkten Zusammenhang mit dem zweiten wichtigen Schallschutz-Urteil.
2013 stellte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg fest, dass das Schallschutzprogramm jahrelang systematisch gegen den Planfeststellungsbeschluss verstoßen hatte. In den Wohnungen der Umgebung darf der Fluglärm demnach 55 Dezibel nicht ein einziges Mal überschreiten.
Trotzdem hatte der Flughafen täglich sechs Überschreitungen des Pegels zugrunde gelegt.
"Und als er dann vom Gericht gezwungen wurde, das Ganze noch mal aufzurollen mit den korrekten Schallschutzmaßnahmen, da ist er auf einmal pingelig geworden und hat direkt eine Liste von Ausschlusskriterien erstellt: ‚Und also jetzt prüfen wir mal, ob die Raumhöhe tatsächlich der Bauordnung entspricht damals. Und jetzt prüfen wir, ob das Fenster nicht ein paar Zentimeter zu klein ist, und jetzt prüfen wir mal, ob überhaupt eine Baugenehmigung da ist. Und selbst wenn eine da ist: ‚Da fehlt ja noch die Anlage 3a, und wenn die nicht vorliegt, dann können wir leider Ihren Schallschutzantrag nicht behandeln.‘ Und das ist extrem restriktiv und bürgerunfreundlich, und ich bin sehr zornig darüber, dass die Behörde das dem Vorhabenträger durchgehen lässt."
Flughafenchef Karsten Mühlenfeld weist den Vorwurf zurück, dass mit Eifer und Tricks möglichst viele Ansprüche zurückgewiesen werden.
"Also ich bin immer wieder verwundert über solche Aussagen, ja, und auch, muss ich ehrlich sagen, verstört."

Bürger nutzen Dialogforum nicht

Die Flughafengesellschaft habe ein Dialogforum für die Anwohner gegründet und alles zum Schallschutz sei auf ihrer Homepage berlin-airport.de einsehbar, betont Mühlenfeld.
"Meine Leute sind halt Ingenieure, ganz trockene Ingenieure, die einfach fest nach den Regeln arbeiten. Die Regeln gefallen natürlich nicht allen. Aber die Regeln kommen halt eben auch aus dem Urteil und wir müssen uns nach dem Urteil richten, weil wir uns sonst natürlich auch wieder angreifbar machen."
Den Fortschritt beim Schallschutz zählt der Flughafen so: Es gelten nicht die tatsächlich umgesetzten Maßnahmen, sondern die an die Bürger verschickten Anspruchsermittlungen. Fast 80 Prozent der Anträge seien abgearbeitet - und somit sieht sich der BER gut im Rennen. Dennoch lässt es Mühlenfeld nicht kalt, dass erst 110 Wohnungen fertig sind.
"Es treibt uns sehr stark um, denn unser Interesse ist natürlich, dass die Bürger möglichst vor der Eröffnung sich all den Schallschutz haben einbauen lassen, den sie bekommen können, damit sie eben in Ruhe wohnen können. Ich glaube, die Bürger müssen jetzt einfach von alleine stärker umsetzen und mehr tun."
Christine Dorn, die Vorsitzende des Bürgervereins Berlin-Brandenburg, hält es für unzumutbar, dass die Anwohner selbst für ihren Lärmschutz sorgen sollen, statt dass der Flughafen die Baufirmen beauftragt. Dorn sieht ein grundlegendes Problem darin, dass das Land Brandenburg neben Berlin und dem Bund selber Gesellschafter des Flughafens ist.
"Wenn die Behörde damals eine sorgfältige Sachverhaltsermittlung gemacht hätte, was sie hätte tun müssen, dann wäre klar geworden, dass der Schallschutz an diesem Standort ganz besonders teuer wird und dann wäre das in die Standortabwägung auf jeden Fall mit eingeflossen."
Dann wäre der BER wahrscheinlich nie in Schönefeld gebaut worden, glaubt Dorn, sondern 40 Kilometer weiter südlich bei Sperenberg im dünn besiedelten Nuthetal.
"Und ich kann mich noch sehr gut an die Fragen der Bürger erinnern: ‚Wird das nicht aufgrund der Nähe der Siedlung irrsinnig teuer für euch, so dass ihr euch das mit dem Standort noch mal überlegen solltet?‘ Und da kam die Antwort vom Vorhabenträger: ‚Nein, nein, das lassen Sie mal unsere Sorge sein. Das können wir, das machen wir, wir werden Sie schützen.‘ Und jetzt auf einmal wird gesagt: ‚Das wird ja so irrsinnig teuer, also jetzt müssen wir doch noch mal genau hingucken, ob die Wohnräume überhaupt Wohnräume sind.‘ Und das ist so absurd, dass die Bürger zurecht überlegen, dagegen noch mal im Klageweg vorzugehen, weil die Behörde eben untätig bleibt und dem Flughafen keine Vorgaben macht, diesen Unfug zu lassen."
Mit den Vorwürfen konfrontiert, verweist der Sprecher des Potsdamer Infrastrukturministeriums, Steffen Streu, auf das Beratungszentrum, das man für die Anwohner eingerichtet habe.
"Da sitzen unabhängige Sachverständige, und so mancher geschulte Blick stellt dann Unstimmigkeiten in den Erhebungen der Flughafengesellschaft fest. Und mit der Expertise dieser Sachverständigen reagiert dann aber auch die Flughafengesellschaft und steuert noch mal nach – im Einzelfall."
20 bis 30 Anfragen oder Beschwerden gehen im Monat in dem Beratungszentrum ein. Nicht viel angesichts der insgesamt 24.000 Schallschutz-Berechtigten. Ein Zeichen für mangelndes Vertrauen? Ministeriumssprecher Streu hält dagegen:
"Wir haben inzwischen reagiert auf das, was das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, da hat es ja eine ganze Reihe von Urteilen gegeben, und die Vorgaben, die das Bundesverwaltungsgericht gemacht hat, sind inzwischen alle umgesetzt."

Anwohner fühlen sich von Landesregierung im Stich gelassen

Das Ministerium dränge in den regelmäßigen Gesprächen mit der Flughafengesellschaft darauf, dass der Schallschutz umgesetzt wird, sagt Streu. Mit Nachdruck. Außerdem habe Potsdam sich für eine Ausweitung des Nachtflugverbotes bis sechs Uhr statt fünf Uhr morgens eingesetzt, wenn auch vergeblich.
"Ich denke schon, im Fazit, dass wir die Sorgen der Anwohnerinnen und Anwohner sehr ernst nehmen. Wir haben das schon erwähnte Beratungszentrum eingeführt, wir lassen uns das auch einiges kosten, so dass wir uns also schon sehr wohl für die Bedürfnisse und für den Bedarf der Anwohnerinnen und Anwohner einsetzen."
Stefan Gloß, Bauingenieur in Rente in Blankenfelde, sieht das anders. Er fühlt sich von seiner Landesregierung im Stich gelassen.
"Das Ministerium spielt voll mit. Die lassen den Flughafen machen, wie er will. Die sind gar nicht daran interessiert, einzugreifen, aus dem einfachen Grund: Wenn sie eingreifen würden und würden den Leuten helfen ihr Recht zu bekommen, dann wird es noch teurer, dann wird’s immer teurer, immer teurer, immer teurer."
Aus dem Grund werde der dann noch fehlende Schallschutz auch nicht verhindern, dass der BER eines nicht mehr allzu fernen Tages in Betrieb geht.
"Man dürfte ihn eigentlich gar nicht eröffnen, weil nämlich auch geschrieben steht im Planfeststellungsbeschluss, dass erst der Schallschutz gewährleistet sein muss, bevor der Flughafen in Betrieb geht. Ja, da wird halt argumentiert, auch vom Ministerium: ‚Wieso? Für uns zählt als erfüllt, wenn der Flughafen die Anspruchsermittlungen an die Bürger rausgeschickt hat. Wenn die Bürger die nicht unterschreiben, dann sind die ja selbst dran schuld.‘ Dass die Dinger falsch sind, ja, zu Ungunsten der Leute und die Leute Widerspruch einlegen, das interessiert überhaupt nicht. Und auch da wird sich ein Gericht, ein Verwaltungsgericht finden, was das absegnet, das dann sagt: ‚Na, wenn die Leute nicht unterschreiben, aber 90 Prozent sind ja rausgeschickt worden von den Anträgen, dann gilt das als realisiert‘. Und genau eine solche Schweinerei, davon bin ich überzeugt, wird wieder passieren."
Stefan Gloß hängt an seinem Haus, er hat all seine Ersparnisse hinein gesteckt. Doch wenn der BER eröffnet wird, dann will er weg ziehen.
"Ich wage zu prophezeien, dass der Ärger mit diesem Flughafen erst richtig losgeht, wenn er in Betrieb geht. Blankenfelde wird in Deutschland die am meisten schallbelastete Gemeinde, noch vor dem Bereich in Frankfurt am Main. Es wird abartig laut und es wird abartig dreckig und es wird abartig gesundheitsschädigend. Ich will weg, weg, weg dann nur noch."
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