Flüchtlingspolitik

Bundesbeauftragte Özoguz will Asylverfahren beschleunigen

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), spricht am 16.12.2014 in Berlin bei einer Pressekonferenz über die Kampagne "Ein Leben, zwei Pässe".
Die Bundesbeauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration Aydan Özoguz (SPD) © picture alliance / dpa / Britta Pedersen
Von Johannes Kulms · 02.08.2015
Den Antragsstau bei Asylverfahren abbauen: Um dies zu bewerkstelligen, will Aydan Özoguz die Abläufe beschleunigen. Weitere Balkanstaaten als sichere Herkunftsländer einzustufen, lehnt die Bundesbeauftragte für Migration allerdings ab.
Für die Bundesbeauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration, Aydan Özoguz ist klar: Der Schlüssel der Asylpolitik in Deutschland liegt in schnellen und ordentlichen Verfahren. Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seien zusätzliche Mitarbeiter eingestellt worden.
Özoguz: Schriftliche Verfahren ausweiten
Nun gelte es, den Antragsstau von rund 240.000 Fällen wegzubekommen, forderte Özoguz im Interview der Woche des Deutschlandfunks:
"Das bedeutet, das System, was das Bundesamt dort begonnen hat, das muss noch ausgeweitet werden, möglicherweise schriftliche Verfahren, die ja schon bei Syrern, Irakern gemacht werden, müssen noch mehr ausgeweitet werden. Und wir müssen natürlich schneller auch dazu übergehen, darüber nachzudenken, wie das bei diesen Dublin-Fällen ist, wo unglaublich viel Arbeit investiert wird. Also ich glaube, da muss das Bundesamt noch bessere und schnellere Strukturen auflegen jenseits der Stellen, die es ja schon bekommen hat."
Ähnlich sieht es Özoguz SPD-Parteikollegin Hannelore Kraft. "Das größte Problem sei die zu lange Dauer der Verfahren", sagte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin. Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Partei Die Linke verlangt schnellere Verfahren. Der Bund habe zugesagt, Asylverfahren zu beschleunigen. Passiert sei bisher leider zu wenig, sagte Ramelow.
Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir kritisiert die Bundesregierung für die bisherige Praxis:
"Ein Verfahren kann nicht sieben, acht Monate dauern, das muss nach drei Monaten abgeschlossen sein. Dann müssen wir den Kommunen helfen. Und ich wiederhole das noch mal: Wir müssen auch über die Fluchtursachen reden. Und da sind wir nicht nur Zuschauer. Natürlich können wir nicht alle Probleme der Welt lösen. Aber im westlichen Balkan, da könnten wir wirklich Einfluss nehmen – wir tun's nicht."
Sagte Özdemir im ZDF-Fernsehen.
In diesem Jahr werden rund 450.000 Flüchtlinge in Deutschland erwartet – doppelt so viele wie noch im vergangenen Jahr. Rund 40 Prozent der Asylbewerber stammen aus Staaten des Balkans. Doch ihre Anträge haben nur sehr geringe Aussichten auf Erfolg.
Starke Kritik am "Ausreisegewahrsam"
Seit diesem Wochenende ist ein reformiertes Aufenthaltsgesetz in Kraft, das genau für diese Gruppe weitreichende Konsequenzen haben dürfte: Wer keine Aussicht auf ein Aufenthaltsrecht hat, soll schneller abgeschoben werden. Einreise- und Aufenthaltsverbote können durch die Behörden einfacher verhängt werden. Zudem wird ein "Ausreisegewahrsam" eingeführt, in dem Menschen bis zu vier Tage vor ihrer Abschiebung festgehalten werden dürften. Daran gibt es starke Kritik von Flüchtlingsorganisationen.
Das reformierte Aufenthaltsgesetz sieht gleichzeitig aber auch Zugeständnisse an bisher nur geduldete Ausländer vor: Wer "gut integriert" ist, mehr als acht Jahre in Deutschland lebt, die Sprache beherrscht und für seinen Lebensunterhalt selber aufkommt, soll eine Aufenthaltserlaubnis bekommen.
Die Bundesmigrationsbeauftragte Özoguz lehnt es indes ab, weitere Balkanstaaten als sichere Herkunftsländer einzustufen. Genau dies hatte der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer mit Blick auf Albanien, das Kosovo und Montenegro gefordert. Auch der grüne baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat hier Zustimmungsbereitschaft signalisiert.
Anders Aydan Özoguz: Es sei wichtig, den Leuten zu sagen, wie ihre Lage wirklich sei:
"Also, haben Sie eine Chance, bei uns ein Asyl zu bekommen oder eben nicht, dann ist das klar. Was wir durchaus überlegen sollten, gibt es nicht für manche Menschen aus diesen Ländern bei uns doch Arbeitsmöglichkeiten, also ganz legale Arbeitsmöglichkeiten."
Einwanderung und Asyl strikt trennen
Womit Özoguz anknüpft an die Debatte über ein Einwanderungsgesetz. Zuletzt hatte es geheißen, dass die Union sich bei dem Thema bewegt. Doch Özoguz sieht keine großen Chancen dafür, dass es noch in dieser Legislaturperiode ein solches Gesetz geben wird:
"Ich bin da durchaus etwas zurückhaltend, weil alles, was da überhaupt den Titel "Einwanderung" trägt - das musste ich jetzt in den letzten Jahren doch erleben -, ist immer schon mit einer Bremse versehen. Also, da muss ich sagen, wir sind eben bereit, wir sind sofort dabei, da vernünftig etwas zu erarbeiten, aber da muss nun die Union sich auch ein Stück weit aufraffen."
Einen möglichen Deal lehnt Özoguz ab: Also ein Einwanderungsgesetz, wie es SPD und Grüne schon lange fordern, gegen die von der Union verlangte Einstufung weiterer Balkanländer als sichere Herkunftsstaaten. Beide Bereiche seien strikt voneinander zu trennen, so die Bundesmigrationsbeauftragte.
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