Flüchtlinge in Calais

Frankreich verstärkt Polizei am Eurotunnel

Immer wenn es anfängt zu dämmern, machen sich Flüchtlinge zu Hunderten auf den Weg Richtung Eurotunnel.
Immer wenn es anfängt zu dämmern, machen sich Flüchtlinge zu Hunderten auf den Weg Richtung Eurotunnel. © afp / Philippe Huguen
Von Ursula Welter · 29.07.2015
120 zusätzliche Beamte sollen in Calais die afrikanischen Flüchtlinge vom Eindringen in den Eurotunnel abhalten. Frankreich durchlebt ein Drama - inzwischen sind neun Menschen auf ihrem erhofften Fluchtweg nach Großbritannien gestorben.
Der Mann aus dem Sudan wurde von einem Lastwagen erfasst, als mindestens 1.500 Flüchtlinge versuchten, durch den Eurotunnel nach Großbritannien zu gelangen. Der französische Innenminister hatte gestern mit seiner britischen Kollegin ausgehandelt, dass London zehn Millionen Euro zur besseren Sicherung des Geländes auf der französischen Seite beisteuert. Heute kündigte Bernard Cazeneuve seinerseits an, dass der Grenzsektor in Calais und das Gelände des Eurotunnels durch die vorübergehende Entsendung von zwei Polizeieinheiten, also 120 zusätzlichen Beamten, gesichert werde.
Auch die Firma "Eurotunnel" müsse ihre Verantwortung wahrnehmen. Der Betreiber des Tunnels unter dem Ärmelkanal hatte am Morgen seinerseits die Regierungen in London und Paris aufgerufen, mehr für die Sicherung der Grenzanlagen zu tun.
Der Chef des Unternehmens, Jacques Gounon, sagte im Sender "France Info", es gehe hier nicht um einzelne Personen, die ihren Fahrschein nicht bezahlt hätten. Seine Mitarbeiter seien konfrontiert mit dem systematischen und teils organisierten Eindringen in den Tunnel.
Es ist der neunte Tote, der seit Anfang Juni zu beklagen ist, die Lage im Norden Frankreichs spitzt sich immer weiter zu. Einige Tausend Flüchtlinge, zumeist aus dem Sudan, Eritrea und Äthiopien, halten sich im Raum rund um Calais auf − in der Hoffnung, nach Großbritannien gelangen zu können.
Tausende Mahlzeiten pro Tag
"Das Thema, mit dem wir konfrontiert sind, ist außergewöhnlich schwerwiegend , aber auch außergewöhnlich komplex", sagte Innenminister Cazeneuve in Paris. Jeden Abend würden schon jetzt 2.000 Mahlzeiten an Flüchtlinge ausgegeben. Frankreich werde sich human zeigen gegenüber allen, die das Recht auf Asyl hätten, aber standhaft gegenüber denen, die sich illegal im Land aufhielten.
Der Polizeigewerkschafter Bruno Noël sagte, es sei eine gute Nachricht, dass Paris Verstärkung in den Norden Frankreichs schicke. Aber das genüge nicht.
Eurotunnel überwache seinerseits mit Videosystemen und den eigenen Sicherheitskräften, aber rund um das Firmengelände seien die französischen Polizei-Einheiten gefordert. Das Kommissariat in Calais brauche dringend Verstärkung, es fehle an Personal für die 24 Stundenschichten, auch an Fahrzeugen. Sein Kollege, Gilles Debove, schilderte, die Sicherung des Geländes sei schwierig:
"Das ist eine Fläche, die etwa der Innenstadt von Paris entspricht, teilweise zugewachsen, das ist sehr schwer für eine zur Zeit kleine Truppe von knapp 60 Beamten."
Die nun also vorübergehend um 120 Mann aufgestockt werden soll. Verstärkung hatte Paris in den vergangenen Monaten und Jahren aber immer wieder nach Calais geschickt, ohne dass sich am Grundproblem, dem Zustrom der Flüchtlinge, etwas änderte.
"Das ist ein Drama", sagte in einem Fernsehinterview der konservative Abgeordnete Xavier Bertrand, Kandidat der "Republikaner" für die Wahlen in der Region Nord-Pals-de Calais, die im Dezember stattfinden. "Ein menschliches Drama, das alle Bewohner der Region Calais durchleben, und das kann so nicht weiter gehen."
Mehr zum Thema