Flüchtlinge

Wenig willkommen

Eine Gemeinschaftsunterkunft in Container-Bauweise in Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern).
Eine Gemeinschaftsunterkunft in Container-Bauweise in Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern). © picture alliance / dpa / Stefan Sauer
Von Daniela Siebert · 23.10.2014
Allein im September wurden in Deutschland 16.000 Asylanträge gestellt. Doch die Bundesländer sind auf die Flüchtlinge schlecht vorbereitet. Berlin will jetzt am Stadtrand wie in Treptow-Köpenick Containerdörfer bauen - ein umstrittenes Projekt.
Knapp 12.000 Plätze für Flüchtlinge gibt es derzeit in Berlin sagt Franz Allert. Er ist als Chef des Landesamtes für Gesundheit und Soziales dafür verantwortlich, den Flüchtlingen ein Dach überm Kopf zu organisieren. Die Kapazitäten seien ausgelastet so Allert – über 100%.
"Das sind sowohl Erstaufnahmeeinrichtungen als auch Gemeinschaftsunterkünfte, aber auch die Notunterkünfte. Und darüber hinaus haben wir immer rund 500 Personen auch noch in Hostels untergebracht, weil die Aufnahmekapazitäten in diesen Einrichtungen zur Zeit überhaupt nicht mehr ausreichen."
Bis Jahresende erwartet Allert in Berlin an die 5000 weitere Flüchtlinge. Vor allem aus Syrien, Eritrea, Afghanistan und dem Balkan. Ab Dezember sollen deshalb nun sechs neue Containerdörfer auf landeseigenen Grundstücken am Stadtrand als zusätzliche Unterkünfte dienen. Allert:
"Diese Containerunterkünfte können innerhalb weniger Monate errichtet werden und das ist der Grund, warum Berlin jetzt 2400 Plätze in solchen Wohn-Container-Dörfern plant."
Flüchtlinge fühlen sich isoliert
Diese Pläne stoßen auf viel Ablehnung. Etwa bei den Flüchtlingen selbst. In einer Schule, die nun in der Innenstadt als Unterkunft dient, bewerten sie das Container-Vorhaben so:
Frau: "Hier in der Stadtmitte ist es gut, es ist alles in der Nähe, Geschäfte und so, ich kann eine Straße weiter zur Schule gehen, man hat Kontakt zur einheimischen Bevölkerung, das ist alles viel besser als nur hier drinnen unter sich zu sein."
Mann: "Wenn die Leute planen, die Flüchtlinge von der Stadt zu isolieren, dann sagt das ja nur: Ihr seid hier nicht willkommen. Wir wollen euch weg haben, aber wir können das nicht tun. Dann packen wir euch halt an den Rand. Das ist für mich nicht akzeptabel. Die Leute wollen eine Chance zu leben, die kamen um Schutz zu finden und etwas mit ihrem Leben anzufangen. Das kann man Leuten nicht antun, die Kriege hinter sich haben und nun ihre Zukunft aufbauen wollen."
Ein anderer ergänzt auf arabisch, solche isolierten Lager am Stadtrand seien inhuman.
Flüchtlingsrat spricht von Stigmatisierung
Auch die Oppositionsparteien Grüne, Linke, Piraten und der Berliner Flüchtlingsrat lehnen die Pläne für die Containerdörfer strikt ab. Sowohl die Container, als auch die Positionierung am Stadtrand seien schlecht sagt die Sprecherin des Flüchtlingsrates Martina Mauer:
"Das macht nach außen deutlich: Hier wohnen Menschen, die nicht dazu gehören, das hat eine stigmatisierende Wirkung. Container sind klimatisch problematisch, noch dazu ist geplant, dass man das typische Sammellagerkonzept dort anwendet."
Soll heißen zu viele Gemeinschaftsräume, zu wenig Rückzugsmöglichkeiten für Flüchtlinge die Schlimmes hinter sich haben.
In Containerdörfern Unterricht geplant
Besser wäre eine Unterbringung in Wohnungen und der Neubau von Unterkünften sagt Mauer. Franz Allert sieht derzeit allerdings keine Alternative zu der Containerlösung. Da kämen sonst nur Turnhallen oder Zelte in Frage und die wolle man nicht. Auch die Unterbringung in Wohnungen und Hostels sei nur begrenzt möglich erklärt er.
Eine Besonderheit der Containerdörfer ist auch, dass hier womöglich sogar Schulunterricht für die Flüchtlingskinder stattfinden soll. Eigentlich seien die normalen Schulen vor Ort für die Kinder vorgesehen:
"Aber sie werden in vielen Fällen nicht so schnell reagieren können, um aber von Beginn an die Schulpflicht sicher zu stellen, haben wir angeboten, dann auch Räume in den Unterkünften vorübergehend zur Verfügung zu stellen."
Das sei aber nur als Übergangslösung gedacht, versichert Allert. Übergangslösung – dieses Wort verheißt für die Sprecherin des Flüchtlingsrates nichts Gutes:
"Es gibt immer nur Übergangslösungen, Provisorien, die dann zur Dauerlösung werden. Und wir gehen auch davon aus, dass die Container nicht zur Übergangslösung dienen, sondern dass man da dauerhaft auf dieses Konzept zurückgreifen will und dann auch dauerhaft die Kinder dort beschulen will."
Schon im November soll nun auch noch eine aufblasbare Traglufthalle für die Flüchtlinge bereitgestellt werden. Im letzten Winter wurden so auch schon Obdachlose untergebracht.
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