Flucht vor alkoholkranken Eltern

"Und dann öffnete sich die Welt für mich"

Sophie Rebmann im Gespräch mit Utz Dräger · 22.10.2021
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Emilia wächst mit einem alkoholkranken, gewalttätigen Vater auf. Als auch die Mutter zu trinken beginnt, ist sie auf sich allein gestellt. Emilia will ihr Elternhaus hinter sich lassen, aber kann sich nur schwer lösen. Doch irgendwann gelingt es.
Emilias* Vater ist alkoholkrank und gewalttätig. Von klein auf erlebt sie mit, wie er im Vollrausch auf die Mutter einschlägt. Die Eltern sind mit sich selbst beschäftigt, häufig gibt es nicht mal etwas zu essen.
An diese Zeit bleibt ihr vor allem ein Gefühl in Erinnerung: "Einfach nur Angst und Schrecken und so eine Leere, wie ein flaues Gefühl im Magen, wenn man auf dem Zehn-Meter-Brett steht und runterspringen will."
Die Wochenenden verbringt sie bei ihren Tanten und den Großeltern, unter der Woche verkriecht sie sich in ihrem Zimmer und träumt sich in eine andere Welt. Ihr größter Wunsch: dem Vater entkommen, gemeinsam mit ihrer Mutter in einer großen Stadt wohnen, mit viel Geld und schicken Kleidern.

Umzug nach Deutschland

Der Wunsch erfüllt sich nicht: Als die Familie 1990 aus Polen nach Deutschland zieht und auch die Mutter zu trinken beginnt, wird es um Emilia noch einsamer. Sie versteht die Sprache nicht, in der Schule wird sie ausgegrenzt und beleidigt. Zu Hause sind die Eltern meist betrunken, die Verwandten weit entfernt. Emilia will weg, doch sie weiß nicht wie.
Erst mit 17 Jahren gelingt es ihr, dem Elternhaus zu entkommen. In der Kneipe, in der sie kellnert, vertraut sich Emilia einer älteren Kollegin an. Die rät ihr, sich ans Jugendamt zu wenden. Und tatsächlich: Emilia bekommt eine Wohnung. Sie darf ausziehen, endlich.
Doch statt langersehnter Freiheit kommen unerwartete Gefühle: "Ich habe die vermisst! Ich habe die zwei vermisst!"
Bei Plus Eins erzählt Sophie Rebmann, wie Emilia es schafft, sich in einem langwierigen Prozess endlich vom Schatten der Eltern zu befreien. Es ist eine Geschichte über die Flucht aus den Fesseln der Kindheit und den starken Überlebenswillen einer Frau.
*Name geändert.
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