Florian Werner liest Musik

"Klaps auf den Po" von Romano

Der Musiker Romano alias Roman Geike beim Melt-Festival im Jahr 2015.
Der Musiker Romano alias Roman Geike beim Melt-Festival im Jahr 2015. © imago/STAR-MEDIA
Von Florian Werner · 24.09.2015
Romano ist ein Pseudonym des Berliner Musikers Roman Geike. Sein neues Album "Jenseits von Köpenick" ist musikalisch zwischen HipHop und Techno angesiedelt. Auch textlich geht es zur Sache. Florian Werner hat die "Klaps auf den Po"-Single des Albums gelesen.
Kein Bock auf Händeschütteln, "Komm doch mal nah ran"
Kein Bock auf Winke-winke, High-five, fass mich nicht an
Keine Umarmung und auch kein Kuss, no, no
Kein "Wie läuft's, wie geht's, was los", ich sag nicht mal "Hallo"
Gestische Rituale
Kaum begegnet man einem anderen Menschen, schon fangen die Kommunikationsprobleme an. Die gängigen Grußformeln sind so ausgelutscht, dass man sie kaum mehr in den Mund nehmen mag. Und auch die non-verbalen Äußerungen sind durch übermäßigen Gebrauch ausgeleiert. Das gilt besonders in der HipHop-Welt, wo die Begrüßungen oft durch komplizierte gestische Rituale kodifiziert sind.
Kein Bock auf große Gesten, ich will kein Handschlag
All deine Fingerzeichen sind bei mir nicht angesagt
Hutziehen, Hofknicks, Kopfnicken, alles doof
Steh mal auf, dreh dich um, bück dich, bleib so
Reiche nicht jedem Deine Hand
Allerdings ist das Problem, das der Köpenicker Rapper Romano hier beschreibt, schon seit Längerem bekannt. So schrieb der große Benimmtheoretiker Adolph Freiherr von Knigge 1788 in seinem Ratgeber "Vom Umgang mit Menschen": "Reiche nicht jedem Deine rechte Hand dar. Umarme nicht jeden. Drücke nicht jeden an Dein Herz. Was bewahrst Du den Bessern und Geliebten auf?"
Alle meine Freunde kriegen 'n Klaps auf'n Po
Klaps auf'n Po, Klaps auf'n Po
Alle meine Freunde kriegen 'n Klaps auf'n Po
Küsschen hier, Küsschen da? Nee, 'n Klaps auf'n Po
Begrüßung mit Rustikalität
Hingetupfte bisous auf beide Bäckchen sind manieriert, etepetete, höfisch. Die von Romano propagierte Begrüßungsgeste hingegen besticht durch Rustikalität. Sie ist gleichermaßen burschikos, liebevoll, sachte sexualisiert - und angeblich auch noch gesund:
Ich lass es klatschen, Baby, ich lieb' es richtig laut
Es dringt durch Leggings, Hosen, Röcke, rötet deine Haut
Das läuft jetzt von der Straße hoch bis zur Chefetage
Die Durchblutung wird gesteigert fast so wie bei 'ner Massage
Gesellschaft als Gemeinkörper
Der Klaps landet auf dem Hintern, also gewissermaßen auf der Straßenebene des Körpers - aber die nervliche Erregung wird bis nach ganz oben weitergegeben: Sie wandert bis zum Kopf, bis zur "Chefetage", bis zur physischen und sozialen Spitze. Es ist das alte Bild von der Gesellschaft als Gemeinkörper, das hier beschworen wird. Und es ist der Schlag auf den Allerwertesten, der die gesellschaftlichen Unterschiede nivelliert: Vor Romanos Begrüßungsgeste sind alle Menschen gleich.
Slip in Lederhose: Klaps auf'n Po
Jeanskleid, Minirock: Klaps auf'n Po
Anwalt, Schlipsträger: Klaps auf'n Po
Stewardess und Politesse: Klaps auf'n Po
Schornsteinfeger, Feuerwehr: Klaps auf'n Po
Soldat mit Gewehr: Klaps auf'n Po
Oma, Opi, Vati, Mutti: Klaps auf'n Po
Denn erst gibt's 'n Klaps und dann vielleicht 'n Schnaps
Zur Untugend verführt
Wem das dann doch etwa zu rustikal und basisdemokratisch erscheint - der findet wiederum beim alten Knigge Rat: "Trunkenbolde, grobe Wollüstlinge und alle andern Arten von lasterhaften Leuten", so schreibt er, "soll man freilich fliehen; ist dies aber durchaus unmöglich, so bedarf es wohl keiner Erinnerung, dass man sich hüten müsse, von ihnen zur Untugend verführt zu werden."
Klaps auf'n Po, Klaps auf'n Po
Alle meine Freunde: Klaps auf'n Po
Klaps auf'n Po, Klaps auf'n Po
Alle meine Freunde: Klaps auf'n Po
Zum Video: Klaps auf den Po
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