Filmorchester Babelsberg: Jüdische Werke

Musik als Lebensquell

Ein Davidstern aus Metall gearbeitet hängt an einem Ast eines Obstbaumes, der im Hintergrund Ansätze von Blüte zeigt.
Die Musik gab jüdischen Komponistinnen und Komponisten Kraft für die Zeit nach den Schicksalsschlägen. © unsplash / David Holifield
Moderation: Stefan Lang · 10.11.2021
Drei junge Menschen, Ursula Mamlok, Erich Walter Steinberg und Rosy Wertheim, erlitten Flucht und traumatische Verluste. Doch ihre Musik trotzt dem Schicksal und ist voller Lebenslust, wie das Konzert mit dem Filmorchester Babelsberg beweist.
Das Konzert steht im Kontext des Jubiläums "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland". Werke von drei Komponistinnen und Komponisten jüdischer Herkunft sind hier vereint, in ihrer Musik schwingen Flucht und Neubeginn, Schmerz und Lebensmut mit.

Mit Musik durch alle Schicksalsschläge

Rosy Wertheim, eigentlich Rosalie Marie Wertheim, wird 1888 in Amsterdam in eine bekannte Bankiersfamilien geboren. Ihr steht die künstlerische Karriere am Konservatorium offen und studiert. Sie wird Pianistin und Komponistin und leitet Frauen- wie Kinderchöre. In ihrer Zeit in Paris ist sie auch als Kritikerin tätig. Zu ihren Freunden zählten Größen wie Honegger, Ibert, Messiaen und Milhaud.
Als sie 1935 nach Wien geht, um bei Karl Weigl zu studieren, muss sie sich während der Besatzung verstecken. Sie wird im Widerstand aktiv. Sie verliert einen Großteil ihrer Familie, die verschleppt und ermordet wird. Doch die Musik gibt ihr Halt, denn sie erinnert sie an unbeschwerte Tage.

Berlin - New York - und zurück

Ursula Mamlok wird 1923 in Berlin geboren. Schon mit dem 12. Lebensjahr beginnt die Jugendliche mit einer fundierten Kompositionsausbildung. Dann der Einschnitt: die Emigration über Ecuador nach New York, wo sie mit 17 Jahren plötzlich auf sich allein gestellt ist.
Schließlich lehrt sie an der Manhattan School of Music, 40 Jahre lang. Ihre Musik wird weltweit gespielt. Sie gründet eine musikalisch konnotierte Stiftung, die bis heute aktiv ist. 2006 dann der Schritt, nach Berlin zurückzukehren, in die Stadt ihrer Kindheit, wo sie bis zu ihrem Tod 1916 lebt. Ihre 6 Humoresken aus dem Jahr 1956 sind lebenszugewandt, unterhaltend, alles andere als vergrämt und bitter.

Die Musik setzt sich durch

Auch Erich Walter Sternberg ist Berliner, 1891 geboren, der sich zunächst für Jura entscheidet. Doch dann wechselt er an das Berliner Klindworth-Scharwenka-Konservatorium, um sich dem Komponieren zuzuwenden. Rechtzeitig, 1932, wandert er nach Palästina aus und wird dort Lehrer am Konservatorium von Tel Aviv. Außerdem greift er aktiv in die Musikszene der Stadt mit Orchestergründungen ein.
1945 vertont er Texte von Else Lasker-Schüler. Der spätromantisch-ernste Duktus hatte ihn gefangen genommen, der Schicksalhaftes besonders zugänglich macht.
Aufzeichnung vom 17. Oktober 2021 im Studio Babelsberg
Rosy Wertheim
"Die Insel der Vergessenheit" für Sopran und Orchester
"Er rauscht und rauscht" für Sopran und Orchester
Ursula Mamlok
"Grasshoppers", sechs Humoresken für großes Orchester
Erich Walter Steinberg
"Mein Volk", fünf Lieder nach Gedichten von Else Lasker-Schüler für Sopran und Orchester
Im Anschluss:
Aufzeichnung vom 15. Dezember 2020 im Nicolaisaal in Potsdam
Mátyas Seiber
Divertimento für Klarinette und Streichquartett
Eyal Bat
Lieder nach Gedichten von Else Lasker Schüler

Mimi Sheffer, Sopran
Else Ensemble

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