Filmfestival

Jung, talentiert, auserwählt

Von Katja Weber |
Die Berlinale ist Festival, Wettbewerb, roter Teppich – und sie ist Ausbildungsstätte. In diesem Jahr sind wieder 300 junge Filmemacher aus mehr als 80 Ländern zu Gast, um andere, erfahrene Filmschaffende zu treffen.
Über 80 Rückkehrer gibt es in diesem Jahr - Auserwählte, die in den vergangenen 13 Jahren den "Talent Campus" besuchen durften. Nun präsentieren sie ihre Arbeit auf der Berlinale. Der 34-jährige Kölner Maximilian Leo ist einer von ihnen. Er war 2011 und 2012 auf dem Campus - und in diesem Jahr hat sein Film "Hüter meines Bruders" die "Perspektive deutsches Kino" eröffnet. Wie ist das, jetzt mit einem eigenen Film zur Berlinale zurückzukommen?
"Das ist der absolute Wahnsinn. Das ist für mich kaum zu greifen, gestern war Premiere, und danach waren überwältigend positive Reaktionen, die ich so nie erwartet hätte. Das war Wahnsinn."
Die positiven Reaktionen gab es zu Recht. "Hüter meines Bruders" ist ein atmosphärisch dichter Film über Gregor, einen Arzt, dessen jüngerer Bruder einfach so verschwindet. Gregors bürgerliche Existenz mit Ehe und Beruf und Plänen für ein Eigenheim wird erschüttert. Maximilian Leo sagt - auch wenn sich das nicht im Detail im Film wiederfindet: Er habe auf dem "Talent Campus" eine Menge für seine Art als Regisseur und Produzent gelernt. Es geht ums Vermarkten von Ideen, gerade für Leute wie ihn, die lieber hinter der Kamera sind, statt im Rampenlicht zu stehen.
"Zum Beispiel da hatten wir mal eine Pitchtrainerin, die einem genau auf den Punkt gezeigt hat, wie wichtig es ist Körpersprache zu bedienen. Dann wars bei nem anderen Wortshop einen Produzent aus Polen, wo man gemerkt hat, wie schwierig ist da teilweise mit der Finanzierung?"
Das Wissen der Pitchtrainerin - also: wie vermarkte ich meine Idee in wenigen Worten mit überzeugender Körpersprache? - konnte Maximilian Leo dann auch gleich einsetzen - bei einem Treffen mit potentiellen Co-Produzenten:
"Da hat man so 20 Minuten Zeit, sich kennenzulernen und macht dann vielleicht ein Projekt zusammen, da ist wichtig, dass man präsent ist, ohne mit der Körpersprache zu verkrampfen".
"Das klingt ja nach einem Speeddating?"
"Die Co-Produktionsmärkte sind Speeddating, eins zu eins."
Der Name "Campus" passt nicht mehr zum Format
Dietrich Brüggemann, der seinen Film "Kreuzweg" sogar im Wettbewerb präsentieren darf, war 2003 auf dem Talent Campus. Anders als bei Leo gings ihm damals weniger um das Wissen der alten Hasen:
"Ich war auf dem ersten "Talent Campus", aber da war ich nur aus Versehen. Ich hatte mich beworben, aber bin abgelehnt worden. Dann hatte ich aber einen Kurzfilm auf der Berlinale und war damit automatisch auf dem "Talent Campus". Ich bin durch die Stadt geflattert und hab vom Campus nicht viel mitbekommen – außer, dass ich da meinen besten Freund kennengelernt habe."
Kontakt-Plattform oder handwerkliches Wissen – was sollte im Vordergrund stehen? Der Programmleiter von "Berlinale Talents", Matthijs Wouter Knol, lässt beides gelten: Wissen, Erfahrungen und Inspiration vermitteln und die Möglichkeit zum Netzwerken. Allerdings kommt heute keiner mehr "zufällig" zu den Talents, sagt Mateis Wohter Knol. Dazu gibt es viel zu viele Bewerber:
"Mehr als 4000 Bewerbungen aus aller Welt. Das heißt die 300, die eingeladen werden, das ist eine kleine Gruppe eigentlich."
Und diese jungen Leute, sagt der Programmleiter, sind mittlerweile dermaßen gut und zielstrebig, dass sich auch der Programmbereich entsprechend verändert hat:
"Das Programm hat sich weiter professionalisiert. Und der Name "Campus" trifft nicht mehr zu, es ist keine Akademie oder Filmschule. Es sind die 300 Talente, die die Berlinale ausgewählt hat, weil wir glauben, dass die in den kommenden Jahren mit spannenden Filmen zum Festival zurückkommen."
Das Festival zieht sich seinen eigenen Nachwuchs heran. Im Falle von Maximilian Leo und Dietrich Brüggemann hats geklappt.
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