Filme der Woche

Rezensiert von Hannelore Heider · 28.06.2006
Der Film "Offside" beleuchtet die schwierige Situation weiblicher Fußballfans im Iran. Sie dürfen die Stadien nicht betreten und sind doch sehr erfindungsreich. "Brotherhood" erzählt den Koreakrieg Anfang der 50er als Geschichte zweier Brüder. Er gilt als der teuerste koreanische Film aller Zeiten.
"Offside"
Iran 2005, Regie/CD/Produktion: Jafar Panahi, Darsteller: fast nur Laien, Sima Mobarak (1. Mädchen)

"Offside", also im Abseits, stehen im Iran die Frauen, wenn es um Fußball geht. Sie dürfen laut Verdikt der Mullahs die Stadien nicht betreten, da sie sich nicht den obszönen Flüchen der Männer aussetzen dürfen und ihr Blick nicht auf entblößte Männerkörper fallen darf.

Dem widersetzen sich vor allem in der Hauptstadt Teheran immer mehr junge Mädchen, die versuchen, sich mit der typischen Fanbekleidung maskiert, ins Stadion zu schleichen.

Diese gesellschaftliche Realität wird in Jafar Panhis Film zu einer schönen, märchenhaften Komödie. Seine Heldin nämlich versucht das Unmögliche. Doch schon im Fanbus wird sie erkannt und von den männlichen Fans immerhin bemitleidet.

Den Eingang des Stadions passiert sie nicht, sondern wird sofort in einen als provisorisches Gefängnis markierten Raum hinter der hohen Tribüne geführt, wo sie auf andere Mädchen und Frauen trifft, die von sehr jungen Soldaten bis zum Ende des Spiels dort arretiert und danach der Sittenpolizei zugeführt zu werden.

Vornehmlich komödiantisch beobachtet Regisseur Jafar Panahi dann die daraus entstehende Situation. Mit Handkameras und fröhlich improvisierend, also außerordentlich authentisch, fängt er die erbitterten Diskussionen zwischen den Mädchen und den Soldaten ein, wobei Mädchen aus Teheran den Dorfjungen deutlich überlegen sind.

Die würden auch lieber das Spiel sehen, das als Geräuschkulisse wie eine ganz perfide Folter die entwürdigenden Umstände überlagert. Auch die Soldaten würden lieber das Spiel sehen, so dass sich schnell einer von ihnen zum Live-Kommentator aufschwingt. Die groteske Situation eskaliert, als eines der Mädchen auf Toilette muss, ein Begehren, dem nur slapstickreif nachzukommen ist. Dabei weiß der Zuschauer ja, dass er hier nicht nur in einem Film sitzt.

Die Dreharbeiten wurden quasi in Echtzeit, vornehmlich mit Laiendarstellern und wirklich während des WM-Qualifikationsspieles Iran – Bahrei gemacht, so dass das gute Ende des eigentlich bösen Spieles absolut glaubhaft wirkt. Iran hatte sich nämlich für die WM qualifiziert, die Euphorie auf den Straßen kannte keine Grenzen und die Mädels mittendrin, keiner dachte mehr an Sittenpolizei.

So geht eine fast märchenhafte Komödie als schöne gesellschaftliche Vision zu Ende und dafür gab es zu Recht den Silbernen Bären der Berlinale 2005.

"Brotherhood"
Südkorea 2004, Regie: Kang Je-gyu, Darsteller: Jang Dong-kun, Won Bin, Lee Eun-ju

Der große Bruderkrieg in Korea wird in diesem teuersten koreanischen Film aller Zeiten als ganz persönliche Geschichte zweier Brüder erzählt, ohne dass zum Verständnis der historischen Situation auf die Königsebene zurückgegriffen werden muss.

Das ist ein großes Verdienst dieses monumentalen Kriegsgemäldes, das mit allem Pathos und in jeder Situation hoch gestimmten Emotionen arbeitet, was zumindest für europäische Augen sehr anstrengend ist.

Die Handlung beginnt wenige Monate vor Kriegsbeginn als rührend-idyllische, nostalgisch ausgestattete Familiengeschichte. Der ältere Bruder einer vaterlosen südkoreanischen Familie opfert sich für die alte Mutter, drei kleinere Kinder und vor allem seinen jüngeren Bruder auf, der an der Uni studieren soll. Doch aus diesen Plänen wird nichts, als der Krieg ausbricht und beide Brüder vom Fleck weg rekrutiert werden.

Von da an kämpft der Bruder wie ein Berserker und wagt oft genug sein Leben – nur wir Zuschauer wissen, weshalb: als dekorierter Held könnte sein jüngerer Bruder, unfähig, sich der Gräuel des Krieges zu stellen, vielleicht entlassen werden.

Dieser Konflikt eskaliert zum fürchterlichen Missverständnis, das in bitterster Konsequenz zum völligen Bruch der Brüder führt und dazu, dass der ältere Bruder auf nordkoreanische Seite überläuft, weil er seinen Bruder durch die Hand eigener Generäle getötet glaubt.

Mit deutlich von Steven Spielbergs "Privat Ryan" inspirierten, blutigen Gemetzelszenen, die recht routiniert gedreht wurden und leider dilettantisch getexteten Dialogszenen bietet der Film einen sehr uneinheitlichen Eindruck. Wobei der moralische Rigorismus, mit dem hier Krieg als unentschuldbare Tragödie gezeigt wird, wirklich beeindruckt. Es gibt nicht Gerechte und nicht Ungerechte – es gibt auf allen Seiten nur Opfer.
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