Film-Dokumentation

    70 Teams, 24 Stunden, 90 Menschen

    Purim Jerusalem
    Vater mit festlich gekleideten Kindern während des Purim-Fests in Jerusalem © dpa / picture alliance / Abir Sultan
    11.04.2014
    Das Leben der Menschen in Jerusalem zeigt der TV-Sender Arte am Samstag in Echtzeit. 70 Filmteams waren dort an einem einzigen Tag unterwegs, um den Alltag zu dokumentieren.
    Verehrt und immer wieder erobert, zerstört und wieder aufgebaut: Wohl kaum eine Stadt auf der Welt hat eine so wechselhafte und dramatische Geschichte erlebt wie das 4000 Jahre alte Jerusalem. Die Stadt gilt drei Weltreligionen als Heilige Stadt, wird gern als "Nabel der Welt" bezeichnet und der ewige Streit um "die Heilige" ist bis heute eins der ungelösten Probleme des Nahost-Konflikts.
    Das Projekt "24h Jerusalem" knüpft an die Dokumentation "24h Berlin" an, die 2009 bei Arte und im RBB lief. Auf den ersten Blick findet man viele Parallelen: zwei verwundete Städte, auf die die Völker der Welt blicken; in der einen ist die Mauer gefallen, in der anderen ist sie erst vor ein paar Jahren gebaut worden; aber noch auffälliger sind die Unterschiede und Widersprüche. Im Vergleich zu Berlin sind es ungleich schärfere Bedingungen: 800.000 Einwohner, 500.000 Israelis, 300.000 Palästinenser, drei Weltreligionen, der heikle politische Status.
    24 Stunden lang haben die Filmteams − israelische, palästinensische, europäische − 90 Bewohner begleitet: den palästinensischen Koch, den christlichen Pater oder die israelische Immobilienhändlerin. Durch ihre Augen blickt man auf die Stadt. Die größte Herausforderung für die Filmemacher war es dabei, den unterschiedlichen politischen Interessen in der Stadt gerecht zu werden. Am Ende drehten israelische, palästinensische und europäische Teams streng getrennt voneinander. Erst im Schneideraum ist das komplette Bild der zerrissenen Stadt entstanden.
    Palästinenser wären fast ausgestiegen
    Das Projekt wäre fast gescheitert, als die palästinensische Seite kurz vor Drehbeginn aussteigen wollte. Viele Palästinenser befürchteten, das Projekt würde Partei für Israel ergreifen und riefen die beteiligten Kamerateams zum Boykott auf. Durch viele Gespräche und zahlreiche Zugeständnisse konnten die Filmemacher die meisten Beteiligten schließlich doch überzeugen, dabei zu bleiben.
    Straßenkünstler auf der Stadtmauer von Jerusalem
    Straßenkünstler auf der Stadtmauer von Jerusalem© dpa / picture alliance / Jim Hollander
    Die Doku stellt Geschichte für Geschichte gleichberechtigt nebeneinander. Halbstündlich wird die Erzählung durch Zusammenfassungen unterbrochen. Grafiken sorgen für Orientierung in der Stadt. Die Gesamtregie führte Volker Heise, Produzent der Dokumentation war Thomas Kufus − wie bereits bei "24h Berlin".
    Kufus gewann eine Reihe von bekannten Filmleuten für das Projekt: Andres Veiel, Dani Levy, Hans-Christian Schmid, Maria Schrader sind mit ihm nach Jerusalem gekommen, um als Regisseure mit einem der Teams durch die Stadt zu streifen.
    Jerusalem sei eine Stadt, die ganz anders sei als alle anderen, sagte Thomas Kufus im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur. "Jerusalem ist wirklich der Schmelztiegel für den Konflikt. Jedes Wort und jeder Schritt, den man dort tut oder macht, ist letztlich politisch. Das war in dieser Form uns, meinem Team und auch mir, nicht so ganz klar."
    "24h Jerusalem" am Samstag 12. April ab 6 Uhr auf Arte und im TV-Programm des Bayerischen Rundfunks
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