Neu im Kino: „Was man von hier aus sehen kann“

Über Okapis, den Tod und die Liebe

04:48 Minuten
Im Filmstill aus "Was man von hier aus sehen kann" steht Luna Wedler im grünen Kleid in einer Küche und schaut direkt in die Kamera. Hinter ihr am Esstisch sitzen ihre Großeltern und schauen zu ihr auf.
Bewusst altmodisch-zeitlos gehaltenes Bilderbuchdorf mit allerlei skurrilen Figuren: Die junge Louise schöpft erst wieder Lebensmut, als ein buddhistischer Mönch auftaucht. © Studiocanal
Von Jörg Taszman · 29.12.2022
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Magischer Realismus oder liebevolle Anarchie gehören nicht zu den Stärken des Deutschen Kinos. Regisseur Aaron Lehmann will das mit „Was man von hier aus sehen kann“ ändern. Doch er scheitert, die Bestsellerverfilmung gerät zu bieder.

Worum geht es?

In einem beschaulichen, fiktiven Dorf im Westerwald lebt die 22-jährige Louise, die dem Zuschauer schon zu Beginn des Films im Off-Kommentar ihre Welt erklärt. Ihre Mutter liebt den Besitzer einer Eisdiele. Der Vater ist seit über zehn Jahren auf Weltreise. Und schon als kleines Mädchen war ihr klar, dass sie irgendwann ihren besten Freund Martin heiraten wird.
Eine innige Verbindung hat sie außerdem zu ihrer Großmutter Selma, die über eine erschreckende Gabe verfügt: Immer wenn sie von einem Okapi träumt, stirbt innerhalb von 24 Stunden jemand im Dorf.

Was ist das Besondere?

Magischer Realismus oder liebevolle Anarchie gehören nicht zu den Stärken des Deutschen Kinos. Da denkt man vor allem an García-Márquez-Verfilmungen wie „Eréndira“ oder cineastische Schwergewichte wie „Die Fabelhafte Welt der Amélie“.
Regisseur Aaron Lehmann versucht, dies nun mit seiner Bestsellerverfilmung zu ändern. Dafür bevölkert er sein bewusst altmodisch-zeitlos gehaltenes Bilderbuchdorf mit allerlei skurrilen Figuren. Da sind ein notorisch verliebter Optiker, deutsche Buddhisten, die crazy Oma mit langen Haaren oder die rührend verunsicherte Louise als junge Frau. Das wird pittoresk gefilmt, wirkt jedoch trotz aller Volten des Drehbuchs nie wirklich überraschend.

Fazit 

Aaron Lehmanns Film meint es zu gut und geht dabei auf Nummer sicher. Um wirklich berühren oder verzaubern zu können, fehlt es vor allem an Bildwitz und inszenatorischem Mut.
Den guten Darstellern und Darstellerinnen um Corinna Harfouch als Selma, Karl Markovics als der in sie verliebte Optiker oder die Dorfdepressive Marliess (Rosalie Thomass) sieht man durchaus gerne zu, aber die Figuren entwickeln sich kaum und erstarren so in schauspielerischer Routine. Einzig die Schweizerin Luna Wedler setzt hier und da schöne Akzente und Lichtblicke in einem deutschen Arthouse-Film, der viel zu stark auf Mainstream setzt.
Wieder einmal wirkt ambitioniertes Deutsches Kino zu bieder: Man geht auf Nummer sicher und scheut die großen Emotionen. So ist diese Bestsellerverfilmung weitgehend harmlos, bestenfalls nett, wirkt jedoch nie wirklich emotional, wild oder leicht durchgeknallt. Wenn schon deutsches Filmdorf, dann doch lieber „Mittagsstunde“ mit Charly Hübner.

„Was man von hier aus sehen kann“
Deutschland 2022, 109 Minuten
Regie: Aaron Lehmann nach dem gleichnamigen Roman von Mariana Leky
Mit: Luna Wedler, Corinna Harfouch, Karl Markovics

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