Festival "Revolutionary Souq"

Am Geburtsort der syrischen Revolution

10:51 Minuten
Die syrische Rockband Khebez Dawle , deren Mitglieder sich nach der Flucht aus Syrien in Berlin wieder zusammengefunden haben, steht bei einem Konzert auf der Bühne.
Die syrische Rockband Khebez Dawle, deren Mitglieder sich nach der Flucht in Berlin wiederfanden, tritt bei "Revolutionary Souq" auf. © Kampnagel
Anas Aboura im Gespräch mit Vladimir Balzer · 15.03.2021
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Mit Protesten gegen Präsident Assad und Demonstrationen für mehr Demokratie begann vor zehn Jahren der Bürgerkrieg in Syrien. Daran erinnert das Festival "Revolutionary Souq" auf Kampnagel in Hamburg mit einem virtuellen Basar.
Am 15. März 2011 fand auf dem Souq al-Hamidiya, dem größten und wichtigsten Markt in Damaskus, eine Demonstration gegen die syrische Regierung statt. Damit begann vor genau zehn Jahren die Revolution in Syrien und später der Bürgerkrieg, der bis heute andauert. Im März 2020 sollte der "Revolutionary Souq" als performativer, wuseliger Basar, mit Ständen, Ausstellung, Podiumsdiskussionen, Performances und Konzerten stattfinden.

Spontane Begegnungen wie in der Realität

Damit wollte die syrische Exil-Community das Geschehen der syrischen Revolution 2011 erfahrbar machen und die Ereignisse reflektieren. Wegen der Pandemie musste der Souq nach dem Eröffnungsabend jedoch direkt wieder schließen. Ein Jahr später nun, auf den Tag genau zehn Jahre nach der historischen Demonstration, eröffnet der Basar virtuell.
"Das Schöne an einem Markt ist ja, dass man sich spontan bewegen kann, dass man auch Menschen trifft", sagt Anas Aboura, der Kurator des Festivals auf Kampnagel. Das sei auch auf dem virtuellen Markt möglich. "Das sind echte Menschen, die dann natürlich über Avatare kommunizieren. Aber es ist wie auf einem echten Markt: Man kann Smalltalk machen, man kann sich auch über die Konzerte unterhalten."
Der Kurator auf Kampnagel, Anas Aboura, auf einer dunklen Bühne sitzend, mit Jeans und weißem T-Shirt, einem Cowboy ähnlichen Hut und einem gemusterten Schal.
Der Kurator Anas Aboura will bei seinem Festival den berühmten Markt von Damaskus, Souq al-Hamidiya, so zeigen, wie er ist.© Kampnagel
Auf der linken Seite des virtuellen Marktes befinden sich Geschäfte. "Diese sind dann verlinkt mit Künstlern, mit den 'Inhabern' dieser Geschäfte, aber eben auch der Konzerte oder Videoaufführungen", erklärt Aboura. Für das Festival habe man versucht, die Marktatmosphäre aufleben zu lassen, auch wenn das Original von 650 Metern auf 40 Meter schrumpfen musste.
"Man kann praktisch das Material spüren, die Geschäfte, die Kunst", erklärt Aboura, der damals bei der ersten Demonstration dabei war, selbst als politisch Verfolgter 2015 nach Deutschland kam und seit 2016 künstlerischer Kurator auf Kampnagel ist.

Unbekannte Facetten der Kultur entdecken

Es sei ihm auch wichtig gewesen, syrische Kultur jenseits der orientalischen Klischees erfahrbar zu machen. "Gerade hier in Europa, der europäischen Welt ist der Begriff 'orientalisch' ja durchaus manchmal auch belastet", sagt Aboura. Ein Beispiel sei die Musik: "Also hier assoziiert man, wenn man Musik und Syrien hört, irgendwie Omar Suleiman oder eine gewisse Art von Tanzmusik." Deshalb habe er syrische Künstlerinnen und Künstler eingeladen, die zum Teil Popstars sind und die in mehreren Sprachen, darunter auch Englisch und Französisch, singen.
Selbst für Syrer sei der Souq al-Hamidiya etwas Besonderes: "Selbst, wenn man ja aus Damaskus stammt wie ich, da war dieser Markt ein magischer Ort. Man tauchte fast in eine Märchenwelt." Umso schwerer sei es, über den Krieg, das Leid und all die Toten zu sprechen. Aber, so Aboura: "Da ist es unsere Aufgabe, sozusagen die Energie der Revolution - aber auch die Erinnerung an die Revolution - aufrechtzuerhalten."
(kpa)

Das Festival "REVOLUTIONARY SOUQ" von Anas Aboura - virtuell auf Kampnagel - geht noch bis zum 18. März.

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