Fernsehdreiteiler "Tannbach"

Weltgeschichte im Kleinen

Der Schauspieler Heiner Lauterbach steht im tschechischen in Besno, wo der historische ZDF-Dreiteiler "Tannbach" gedreht wurde.
Der Schauspieler Heiner Lauterbach steht im tschechischen in Besno, wo der historische ZDF-Dreiteiler "Tannbach" gedreht wurde. © picture alliance / dpa / Michael Heitmann
Von Michael Meyer · 05.01.2015
Ein lohnendes Stück Geschichtskino ist der Fernsehdreiteiler "Tannbach - Schicksal eines Dorfes". Die deutsche Teilung wird anhand dieses kleinen Ortes vom Kriegsende bis in die 50er-Jahre hinein lebensnah erzählt.
Der Dreiteiler "Tannbach" erzählt im kleinen große Weltgeschichte, die großen Zeitläufte heruntergebrochen auf eine kleine Einheit, ein kleines Dorf an der Grenze zwischen Thüringen und Bayern. "Little Berlin", wie die Amerikaner das reale Dorf Mödlerreuth nannten.
Im gestrigen ersten Teil war der Krieg gerade zu Ende, die Alliierten schon auf deutschem Boden, aber Hitler noch nicht einmal tot. Inmitten des Chaos des zu Ende gehenden Krieges geschehen Dinge die man hätte vermeiden können: Gleich am Anfang wird die Gräfin von Striesow von SS-Schergen erschossen, weil sie sich weigert, ihren Mann herauszugeben, der Graf war ein wichtiger Offizier während des Krieges.
Rund um dieses Gut der Familie Striesow entwickelt sich die Geschichte von "Tannbach". Flüchtlinge aus Berlin kommen ins Dorf, etwa die Familie Erler und zwischen den Kindern Anna Striesow und Friedrich Erler entwickelt sich eine Liebesgeschichte.
Hof und Ländereien inmitten entzweit
Das Originelle der Geschichte ist der Plot, dass die Demarkationslinie zwischen Ost und West, zwischen der russischen und der amerikanischen Besatzungszone mehrmals verschoben wurde. Und inmitten dieser politischen Maßnahmen werden auch familiäre Differenzen offengelegt: Die Tochter der Striesows, Anna, entscheidet sich für den glühenden Kommunisten Friedrich Erler und zieht auf die russische Seite – der Hof und die Ländereien werden inmitten entzweit. Der Bruder von Friedrich sieht die Probleme der neuen Ordnung im Osten und schmuggelt Ware von Ost nach West und zurück. Man sieht: die großen weltpolitischen Probleme werden auf die kleinen Geschichten heruntergebrochen. Und das gelingt dem Film in kongenialer Weise.
Es geht stark um Schuld und Sühne. Das taucht als Motiv immer wieder auf – wenn etwa der örtliche Gauleiter, ein glühender Nazi, verzweifelt versucht, seine Vergangenheit reinzuwaschen – was ihm zunächst sogar gelingt, aber, auch das erzählt der Film, die Vergangenheit ist nicht vorbei, sondern holt die Figuren immer wieder ein – das gelingt dem Film "Tannbach" ganz wunderbar, zu thematisieren. Dazu passt auch ein Satz von Richard von Weizsäcker aus seiner berühmten Rede vom 8. Mai 1985: "Es gab keine Stunde Null, aber wir hatten die Chance auf einen Neuanfang."
Enteignung und Zwangskollektivierung
Es geht im zweiten und dritten Teil um die Enteignung der Landwirte und um die Zwangskollektivierung in der sowjetischen Zone, und im Übrigen auch um die Politik der Russen, die gegenüber der deutschen Bevölkerung viel härter war, was man angesichts der deutschen Kriegsschuld im Osten vielleicht auch verstehen kann.
Im dritten Teil, der 1952 spielt, liegt der Fokus dann schon auf der sich verstärkenden deutschen Teilung, die vielerlei Konflikte heraufbeschwört im Dorf, es kommt zu einem tragischen Unfall an der Grenze – und der dritte Teil deutet schon an, dass es zu einer Fortsetzung kommen mag, ähnlich wie Edgar Reitz das in "Heimat" vollzogen hat, auch wenn die Filme nicht miteinander vergleichbar sind. Insgesamt also ein wirklich lohnendes Stück Geschichtskino im Fernsehen.
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