Feministische Außenpolitik

Werkzeugkasten für eine friedliche Welt

09:17 Minuten
Bei einer feministischen Demonstration ist ein Plakat mit der Aufschrift "Armed With A Mind" zu sehen.
Der feministische Ansatz setzt der toxischen Männlichkeit eine Politik der Menschenrechte entgegen, sagt Kristina Lunz. © imago-images / VWPics / Nano Calvo
Kristina Lunz im Gespräch mit Britta Bürger · 08.03.2022
Audio herunterladen
In der feministischen Außenpolitik geht es darum, präventiv und langfristig sichere und stabile Gesellschaftsstrukturen zu schaffen: So erklärt es die Aktivistin Kristina Lunz. Die deutsche Außenministerin Baerbock bekommt von ihr ein besonderes Lob.
Grundzüge einer feministischen Außenpolitik wurden schon 1915 formuliert, beim Internationalen Frauenfriedenskongress in Den Haag. Frauen aus zwölf Nationen traten damals gemeinsam für ein Ende des Ersten Weltkriegs und für Abrüstung ein. Forderungen, die angesichts der russischen Invasion in der Ukraine wieder in den Fokus rücken.
Die Tragödie, die wir gerade erlebten, stehe in der Kontinuität toxischer Männlichkeit, sagt Kristina Lunz, Aktivistin, Politikberaterin und Mitbegründerin des Centre for Feminist Foreign Policy.

Fokus auf die Marginalisierten

Feministische Außenpolitik sei nicht nur Utopie oder Ideal, sondern ein konkretes Modell, betont sie. Alle Teilbereiche der Außen- und Sicherheitspolitik würden dabei neu gedacht. Das bedeute beispielsweise, in Krisen- und Kriegssituationen auf die zu schauen, die am meisten marginalisiert würden:
"Auf diejenigen, die nicht mobil genug sind oder nicht die finanziellen Möglichkeiten haben, um schnell fliehen zu können. Oder auf diejenigen, die an Grenzen aufgrund von Rassismus abgewiesen werden. Oder auf Transfrauen, die die Grenzen nicht passieren dürfen, weil wir es in unseren Gesellschaften Transmenschen sehr schwer machen, ihr wahres Geschlecht in offiziellen Dokumenten niederzuschreiben."

Demilitarisierung und Stärkung der Menschenrechte

Deswegen sei feministische Außenpolitik vor allem Menschenrechtspolitik, so Lunz. "Der Fokus liegt auf menschlicher Sicherheit, Menschenrechten, Stärkung des Völkerrechts, Multilateralismus und Demilitarisierung."
Mit der nun geplanten Aufrüstung rückten diese Ziele erstmal in weite Ferne. Dennoch bezeichnet es Lunz als verständlich, dass derzeit Waffen an die Ukraine geliefert werden:

Man kann die Menschen nicht einfach der rohen Gewalt ausgesetzt lassen. Wichtig ist aber zu kommunizieren, dass auf lange Sicht Militarisierung, Aufrüstung und schlechte Rüstungskontrolle immer wieder zu Kriegen, Krisen und Aggressionen führen. In der feministischen Außenpolitik geht es darum, präventiv und langfristig sichere und stabile Gesellschaftsstrukturen zu schaffen.

Kristina Lunz, Aktivistin und Politikberaterin

Großes Lob für die Außenministerin

Lunz fordert, Kämpferinnen in der ganzen Welt zu unterstützen, die von patriarchaler Unterdrückung bedroht seien. Das habe beispielsweise Annalena Baerbock getan, als sie zum Weltfrauentag feministische Menschenrechtsverteidigerinnen aus aller Welt empfangen habe.
"Ich bin begeistert von der Arbeit unserer Außenministerin. Sie lenkt in jeder Rede den Fokus auf die Lebensrealitäten der Individuen, der betroffenen Menschen. Sie stellt das menschliche Leid und die menschlichen Erfahrungen in den Mittelpunkt", sagt Lunz.
(rja)
Mehr zum Thema