Feldforschung

Mit Spannung an die Apparatur

Von Volkart Wildermuth · 28.01.2014
Die Wissenschaftsjournalistin Monika Rößiger hat für ihre Berichte aus dem Forscherleben Wissenschaftler im Alltag begleitet. Sie bietet damit Einblicke in die Arbeit im Labor und am Schreibtisch.
Ganz nah ran an die Wissenschaft will die Journalistin Monika Rößiger. Dazu spricht sie mit Elementarteilchenphysikern, Chemikern und Krebsforscherinnen, mit etablierten Experteninnen genauso wie mit Jungforschern.
Juliane Müller etwa erzählt der Journalistin erkennbar aufgeregt von ihrer Expeditionsfahrt ins Polarmeer. Ein Bohrer bringt Proben aus dem Meeresgrund nach oben, aus denen die Geologin seltene Chemikalien extrahiert. Diese verraten etwas über das Wachstum bestimmter Algenarten, die wiederum Hinweise auf die Eisbedeckung in früheren Zeiten liefern. Der Bogen ist also weit gespannt: von der großen Frage des Klimawandels zum entscheidenden Detail, von der Theorie zu den ganz praktischen Herausforderungen beim stundenlangen Analysieren von eiskaltem Schlamm. Gerade der Blick auf die persönliche Motivation der ganz unterschiedlichen Forscher vermittelt ansteckend die Faszination am Fachgebiet.
Ausgangspunkt der Portraitsammlung war eine Veranstaltungsreihe der Körber-Stiftung, die unter anderem die Naturwissenschaften populärer machen will. Unter dem Motto "Forscher fragen" erklärten neun Wissenschaftler ihren persönlichen Arbeitsansatz und stellten sich danach den Fragen der Laien.
Mit dem Buch will die Stiftung ein noch größeres Publikum erreichen. Die Artikel sind recht unterschiedlich. Kein Wunder - gehen sie doch immer von der individuellen Perspektive der Forscher aus. Am stärksten sind die Berichte über Wissenschaftler am Anfang ihrer Karriere. Etwa der über den Erdbebenforscher Hauke Marquardt, den Monika Rößiger nachts an seinen Messplatz am Deutschen Elektronen Synchrotron begleitet. Ganz langsam steigert er die Temperatur auf über 1500 °C und den Druck in seiner Presse auf 80 giga-Pascal - immer begleitet von der Angst, die Diamantstempel könnten brechen, und damit die Arbeit von vielen Stunden zunichte machen. Da ist auf einmal nichts spannender als die Bedingungen tief im Erdinneren, die Marquardt simuliert.
Dagegen wirken die Berichte über die etablierten Forscher etwas blass. Sie müssen den politischen oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mehr Zeit widmen, als der eigentlichen Arbeit im Labor. Aber auch die Bürokratie gehört eben zum Alltag der modernen Wissenschaft dazu.
Die Texte von Monika Rößiger sind leicht verständlich, die wenigen Grafiken eigentlich gar nicht notwendig. Dagegen liefern einige der Schwarz-Weiß-Fotos eine zusätzliche Perspektive auf den Forscheralltag. Etwa das Bild aus einem engen Felslabor, in dem die Wissenschaftler neben ihren Apparaturen kaum Platz haben.
Das Buch hat nicht den Anspruch, einen vollständigen Überblick über ein Fachgebiet zu liefern, auch die Auswahl der Themen wirkt eher zufällig. Aber das tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch. Gerade Menschen, die wenig von den Naturwissenschaften wissen, bekommen hier die Labortür einen Spalt breit geöffnet und können danach sicher besser verstehen, warum Menschen bereit sind, weit in die Nacht hinein zu arbeiten, nur um ein winziges Detail der Weltmaschinerie zu verstehen: Es ist eben ihr Detail.

Monika Rößiger: Forscherfragen. Berichte aus der Wissenschaft von morgen
Edition Körber-Stiftung, Hamburg 2013
184 Seiten, 16 Euro

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