Feine Sahne Fischfilet am Volkstheater Rostock

Punk-Band sorgt für volle Hütte

Fischfilet-Sänger Jan "Monchi" Gorkow, links, bei Probe am Volkstheater Rostock, Filip Gojic als W. , rechts, und Sabrina Frank als Lotte, Mitte
Fischfilet-Sänger Jan "Monchi" Gorkow, links, bei Probe am Volkstheater Rostock, Filip Gojic als W. , rechts, und Sabrina Frank als Lotte, Mitte © Deutschlandradio / Silke Hasselmann
Von Silke Hasselmann · 02.04.2016
"Feine Sahne Fischfilet" heißt eine Punk-Band aus Mecklenburg-Vorpommern – bekannt, weil sie vor Jahren ins Visier des Verfassungsschutzes geriet. Nun heuern die sechs Jungs mit dem Stück "Feuerherz" am Volkstheater Rostock an.
Massive Pfeiler und Wände aus grauangestrichenem Backstein im Hintergrund. Vorn links im Bühnenbild: ein kleiner Berg von Blumen, Kranzgebinden, Kerzen. An dieser Stelle hatte sich der junge W. mit jeder Menge Feuerwerkskörpern umgebracht. Hier trauern nun dessen entzweite Eltern und der Freund aus Kindertagen, gespielt von Jan "Monchi" Gorkow. Wenn er nicht gerade singt. Denn rechts steht eine Bühne auf der Bühne. Für die sechs Jungs von "Feine Sahne Fischfilet", darunter:
"Ja, ich bin Jacobus und ich spiele Trompete, Flügelhorn und Waldhorn." "Ich bin Monchi und bin Sänger und bei dem Stück auch Schauspieler."
Sie haben eigens fünf Songs auf Goethe-Texte geschrieben. Nun dröhnen sie bei 93 db aus den Boxen. Komisch, dass sie "immer nur Liebeslieder" spielen, sagt Monchi an einer Stelle zu seinem Freund W. Schließlich seien sie eine Punkband. Wiederum – das mit der Liebe sei ja auch "das Geilste und Wichtigste im Leben".

Goethes Sprache von 1774 mischt sich mit Plenzdorfs von 1972

Monchi:"Das ist schon sowas, was ich auch denke und was ich auch fühle, sage und wir vielleicht auch als Band. Wir haben schon immer auch Liebeslieder oder persönliche Lieder gespielt. Das wäre mir auch so zu dumm, nur übers Saufen und Ficken zu singen, sondern da gibt es noch viel mehr. Ich kann mich auch in die Situation von Liebeskummer reinversetzen. Für mich also da den Freund zu spielen, der jemanden bei Liebeskummer betreut - das ist auch absurd, weil man natürlich selbst schon mal Liebeskummer hatte und jetzt vielleicht sieht, ok, wie war das vielleicht für Freunde von einem selbst, ja?"
Regisseurin Nicole Oder spielt mit Goethes Sprache aus den "Leiden des jungen Werthers" von 1774, mit der Sprache aus "Die neuen Leiden des jungen W.", die Ulrich Plenzdorf 1972 in der DDR angesiedelt hatte. Sie lässt W. an einer Stelle verzweifelt rufen:
"Fuck you Goethe, fuck you!"
Vor allem aber darf der 28-jährige Monchi seinen Text sprechen, wie ihm der vorpommersche Schnabel gewachsen ist. Etwa in der Szene, als er wütend auf den gerade 18 Jahre alt gewordenen Freund W. einredet. Der spielt mit dem Gedanken, sich aus Liebeskummer - "peng peng" - zu erschießen.
"Peng peng, ja? Ich mein´, glaubst Du, es ist geil, sich abzuknallen wegen so einem Scheiß? Geht es dir am beschissensten auf der Welt, oder was? Geil ist, den ganzen Scheiß durchzuziehen, Alter."
Auf die Idee, "Feine Sahne Fischfilet" die Musik zu "Feuerherz" machen zu lassen, waren die Rostocker Theaterleute schon früh gekommen. Später trugen sie dem Sänger auch noch eine tragende Sprechrolle an. Dabei hatte der sich vorher nie mit dem Stück auseinandergesetzt:
"Ich hab es auch nie in der Schule gelesen, "Die Leiden des jungen Werther". Ich war aber gut im Schwänzen."
Doch von den Lese- und Durchlaufproben verpasste Jan "Monchi" Gorkow keine einzige, und längst habe er in dem Stoff "krass viele Parallelen zu sich und Freunden" entdeckt, wie er sagt.
Derweil verkörpert Sabrina Frank die von W. angebetete, unerreichbare Lotte in einer Inszenierung, die nicht peinlich wird bei dem Versuch, junges, gern auch studentisches Publikum anzusprechen.

"Die Leute kommen wegen der Band ins Theater"

Das macht bisher in der Regel einen Bogen um das krisengeplagte Volkstheater. Doch vor den ersten Vorstellungen am 9. und 10. April gebe es gute Nachrichten.
"Es ist ausverkauft und die Nachfrage ist riesig groß. ich mach mir aber auch nix vor. Das liegt einfach auch an unserer wunderbaren Feinen Sahne. Die haben einfach ´ne riesengroße Fan-Gemeinde und ich bin gerade nur froh und dankbar, dass wir mithilfe der Jungs Leute ins Theater holen, die - Hand auf´s Herz - nicht herkommen würden, wenn die Band nicht hier spielen würde. Heißt aber nicht, dass die danach nicht ihre Meinung über Theater ändern können oder ihre Sichtweise, und damit bin ich schon mal einfach glücklich."

Und "Feine Sahne Fischfilet"? Freuen sich auf die Premiere, obwohl oder weil Theater so anders ist als ein Punkkonzert, sagt der 25-jährige Trompeter Jacobus North.
"Gerade meine Eltern kommen aus einem sehr klassischen Bereich. Sind auch Musiker und so weiter. Die haben das natürlich immer so 'n bisschen belächelt. Irgendwann konnten sie es dann nicht mehr belächeln, weil es doch ganz funktioniert hat mittlerweile mit der Band. Und das wird für mich persönlich und meine Familie auch mal zu zeigen: Guckt mal, wir können auch richtig Musik machen. Also das ist nicht nur dahingeleiert und Gegröle, sondern wir können auch wirklich was."
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