FDP-Politiker hält Aufbau der Polizei in Afghanistan für gescheitert
Der stellvertretende Vorsitzende und außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Werner Hoyer, sieht den Aufbau der Polizei in Afghanistan als gescheitert an. Er respektiere die Leistung der deutschen Polizei in Afghanistan, aber insgesamt müsse man ein Scheitern der Mission feststellen, sagte Hoyer. Es sei gut, dass bei der Verlängerung des Mandats auch die Schwachstellen im zivilen Bereich aufgedeckt worden seien.
Hans Ostermann: Wir müssen noch offensiver gegen den Drogenanbau vorgehen und die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes fördern, das meinte eben der Industrie- und Handelsminister Afghanistans Amin Farhang. Der zivile Aufbau in Afghanistan ist danach ebenso wichtig, wie das militärische Vorgehen. Am Telefon ist jetzt der stellvertretende Vorsitzende und außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Werner Hoyer. Guten Morgen, Herr Hoyer.
Werner Hoyer: Guten Morgen.
Ostermann: Sie selbst kritisieren ja auch immer wieder den Mangel an Nachhaltigkeit am Hindukusch. Insofern dürften Sie die Position Farhangs teilen.
Hoyer: Ich teile sie voll, nicht nur wegen der Nachhaltigkeit, sondern auch weil das Drogenthema möglicherweise der entscheidende Stolperstein ist, der am Gesamterfolg der Afghanistan-Anstrengung eines Tages schuld sein könnte. Wir müssen in der Tat, und ich begrüße sehr, dass Herr Farhang das anspricht, diesem Thema mehr Aufmerksamkeit widmen, denn es kann nicht sein, dass ein Land, das einen enorm hohen Anteil wirtschaftlich vom Drogenanbau, vor allem aber vom Drogenhandel und der Weiterverarbeitung lebt. Es kann nicht sein, dass dadurch entsprechende kriminelle Strukturen entstehen, Korruptionsstrukturen bis in die Spitzen von Regierung und Verwaltung hinein. Da muss konsequent gegen vorgegangen werden. Das ist eine Riesen Herausforderung und ich sehe noch keinen, der ein Rezept dafür hat.
Ostermann: Das ist die entscheidende Frage: Warum ist innerhalb von sechs Jahren dort nichts Nachhaltiges geschehen?
Hoyer: Zum einen sollten uns die Erfahrungen, die wir in der Bekämpfung von harten Drogen in Lateinamerika zum Beispiel, aber auch in Teilen von Asien gemacht haben, vorsichtig werden lassen und ein bisschen demütig, sozusagen, denn sehr überzeugend sind die Konzepte am Ende auch dort nicht gewesen. Es kommt ja immer auf eine Mischung von repressiven Maßnahmen und konsequentem Durchgreifen auch in staatlichen Strukturen an. Auf der anderen Seite aber auch darauf, dass man Wege findet, um den Mohnbauern auch entsprechend Alternativen bieten zu können. Also die Mischung macht es und so optimal hat das noch keiner gefunden. Trotzdem ist es unverzichtbar, weil, nicht nur 85 Prozent der Weltdrogenproduktion in diesem Bereich kommt aus Afghanistan, sondern auch das Sozialprodukt dieses Landes ist fast überwiegend von diesem Produkt abhängig und das führt natürlich dazu, dass über die Zeit hinweg Strukturen entstehen, auch Eigentumsstrukturen entstehen, die es immer schwerer machen, tatsächlich den Sumpf auszutrocknen.
Ostermann: Ein Mittel könnte ja sein, die Polizei des Landes zu stärken, aber dort ist bisher überhaupt nichts oder so gut wie nichts geschehen und das ist nicht zuletzt oder liegt nicht zuletzt auch in deutscher Verantwortung. Was müsste hier getan werden?
Hoyer: Ich respektiere die Leistung, die Polizeibeamte aus dem Bund und den Ländern in Afghanistan in den letzten Jahren erbracht haben, aber insgesamt müssen wir ein Scheitern dieser Gesamtmission feststellen. Es ist gut, dass wir jetzt bei dieser Verlängerung nicht nur immer über diesen Militärteil unserer Anstrengung geredet haben, sonder die Schwachstellen auch im zivilen Teil aufgedeckt haben. Die Polizei ist mit der entscheidende Schwachpunkt und das hat etwas damit zu tun, dass wir dort mehr Personal brauchen, dass wir mehr Geld in die Hand nehmen müssen und auch für mehr Nachhaltigkeit sorgen müssen.
Ostermann: Dies fordern Sie ja nicht erst seit heute. Warum geschieht da nichts seitens der Bundesregierung?
Hoyer: Ich glaube, man hatte sich in das bisherige Konzept ein wenig verliebt, weil es sieht auch auf dem Papier sehr gut aus und unterscheidet sich teilweise auch wohltuend von dem, was andere machen. Die Vereinigten Staaten haben auch kein überzeugendes Konzept. Es ist ein völlig anderes, aber auch kein überzeugendes. Jetzt hätte man aber festgestellt, dass sowohl Amerikaner, als auch Europäer sich dort etwas Neues einfallen lassen müssen und sehr viel breiter und konsequenter vorangehen müssen. Das wird übrigens sehr viel Geld kosten und ich glaube, wir sind gut beraten, dieses Geld in die Hand zu nehmen.
Ostermann: Um zum Militärischen doch zu kommen: Was müsste bei den jeweiligen Mandaten, also ISAF und Enduring Freedom, nach Ihrer Einschätzung besser laufen als bisher?
Hoyer: Also ganz abgesehen davon, dass ich der Meinung bin, wir müssen wirklich das Schwergewicht mehr auf die zivile Seite legen, bin ich der Auffassung, dass im militärischen Teil es doch erforderlich ist, dass wir genauer darauf achten, dass wir mit militärischen Aktionen einen Mehrwert erzielen und nicht durch Verprellen der Menschen das Gegenteil erzielen und da sind manche Operationen im Bereich von OEF aber auch von ISAF gelaufen, wo man das Gefühl hat, die Absicht mag ja gut gewesen sein, aber es ist am Ende ein solcher Schaden entstanden, dass wir die Herzen der Menschen auf diese Weise mit Sicherheit nicht erreichen werden. Ich glaube nicht, dass das unbedingt die, oder ich glaube überhaupt nicht, dass das die deutschen Soldaten betrifft, aber ich glaube, es hat im Bereich anderer Verantwortungsbereiche Dinge gegeben, die einfach nicht klug sind. Und deswegen ist es auch nicht klug, die Verhaltensweisen und die Verhaltensmuster, die man vielleicht im Irak anwendet, in Afghanistan einfach fortzuführen, das ist kontraproduktiv.
Ostermann: Nun sind die Grünen innenpolitisch wirklich nicht die Freunde der Liberalen. Trotzdem die Frage, wie bewerten Sie den Vorschlag, Joschka Fischer zum Sonderbeauftragten für Afghanistan zu ernennen?
Hoyer: Ich habe darüber gestaunt, nicht weil Joschka Fischer keine Vergangenheit zum Thema Afghanistan hätte. Er hat ja in seiner Zeit als verantwortlicher Bundesaußenminister hier Verantwortung auch getragen und sehr darum geworben. Insofern ist das durchaus eine nahe liegende Überlegung. Auf der andern Seite: Die Aufgabe, die der Nachfolger von Tom Koenigs dort bewältigen muss, ist eine, die Knochenarbeit vor Ort erfordert, ein mühsames Verhandeln mit den Partner und zwar nicht im Glanz von New York oder Brüssel, sondern vor Ort in Afghanistan. Jeder, der diese Aufgabe übernimmt und der sich das aufbürdet hat meinen vollen Respekt und wenn Joschka Fischer es macht, dann muss ich sagen, Hut ab.
Werner Hoyer: Guten Morgen.
Ostermann: Sie selbst kritisieren ja auch immer wieder den Mangel an Nachhaltigkeit am Hindukusch. Insofern dürften Sie die Position Farhangs teilen.
Hoyer: Ich teile sie voll, nicht nur wegen der Nachhaltigkeit, sondern auch weil das Drogenthema möglicherweise der entscheidende Stolperstein ist, der am Gesamterfolg der Afghanistan-Anstrengung eines Tages schuld sein könnte. Wir müssen in der Tat, und ich begrüße sehr, dass Herr Farhang das anspricht, diesem Thema mehr Aufmerksamkeit widmen, denn es kann nicht sein, dass ein Land, das einen enorm hohen Anteil wirtschaftlich vom Drogenanbau, vor allem aber vom Drogenhandel und der Weiterverarbeitung lebt. Es kann nicht sein, dass dadurch entsprechende kriminelle Strukturen entstehen, Korruptionsstrukturen bis in die Spitzen von Regierung und Verwaltung hinein. Da muss konsequent gegen vorgegangen werden. Das ist eine Riesen Herausforderung und ich sehe noch keinen, der ein Rezept dafür hat.
Ostermann: Das ist die entscheidende Frage: Warum ist innerhalb von sechs Jahren dort nichts Nachhaltiges geschehen?
Hoyer: Zum einen sollten uns die Erfahrungen, die wir in der Bekämpfung von harten Drogen in Lateinamerika zum Beispiel, aber auch in Teilen von Asien gemacht haben, vorsichtig werden lassen und ein bisschen demütig, sozusagen, denn sehr überzeugend sind die Konzepte am Ende auch dort nicht gewesen. Es kommt ja immer auf eine Mischung von repressiven Maßnahmen und konsequentem Durchgreifen auch in staatlichen Strukturen an. Auf der anderen Seite aber auch darauf, dass man Wege findet, um den Mohnbauern auch entsprechend Alternativen bieten zu können. Also die Mischung macht es und so optimal hat das noch keiner gefunden. Trotzdem ist es unverzichtbar, weil, nicht nur 85 Prozent der Weltdrogenproduktion in diesem Bereich kommt aus Afghanistan, sondern auch das Sozialprodukt dieses Landes ist fast überwiegend von diesem Produkt abhängig und das führt natürlich dazu, dass über die Zeit hinweg Strukturen entstehen, auch Eigentumsstrukturen entstehen, die es immer schwerer machen, tatsächlich den Sumpf auszutrocknen.
Ostermann: Ein Mittel könnte ja sein, die Polizei des Landes zu stärken, aber dort ist bisher überhaupt nichts oder so gut wie nichts geschehen und das ist nicht zuletzt oder liegt nicht zuletzt auch in deutscher Verantwortung. Was müsste hier getan werden?
Hoyer: Ich respektiere die Leistung, die Polizeibeamte aus dem Bund und den Ländern in Afghanistan in den letzten Jahren erbracht haben, aber insgesamt müssen wir ein Scheitern dieser Gesamtmission feststellen. Es ist gut, dass wir jetzt bei dieser Verlängerung nicht nur immer über diesen Militärteil unserer Anstrengung geredet haben, sonder die Schwachstellen auch im zivilen Teil aufgedeckt haben. Die Polizei ist mit der entscheidende Schwachpunkt und das hat etwas damit zu tun, dass wir dort mehr Personal brauchen, dass wir mehr Geld in die Hand nehmen müssen und auch für mehr Nachhaltigkeit sorgen müssen.
Ostermann: Dies fordern Sie ja nicht erst seit heute. Warum geschieht da nichts seitens der Bundesregierung?
Hoyer: Ich glaube, man hatte sich in das bisherige Konzept ein wenig verliebt, weil es sieht auch auf dem Papier sehr gut aus und unterscheidet sich teilweise auch wohltuend von dem, was andere machen. Die Vereinigten Staaten haben auch kein überzeugendes Konzept. Es ist ein völlig anderes, aber auch kein überzeugendes. Jetzt hätte man aber festgestellt, dass sowohl Amerikaner, als auch Europäer sich dort etwas Neues einfallen lassen müssen und sehr viel breiter und konsequenter vorangehen müssen. Das wird übrigens sehr viel Geld kosten und ich glaube, wir sind gut beraten, dieses Geld in die Hand zu nehmen.
Ostermann: Um zum Militärischen doch zu kommen: Was müsste bei den jeweiligen Mandaten, also ISAF und Enduring Freedom, nach Ihrer Einschätzung besser laufen als bisher?
Hoyer: Also ganz abgesehen davon, dass ich der Meinung bin, wir müssen wirklich das Schwergewicht mehr auf die zivile Seite legen, bin ich der Auffassung, dass im militärischen Teil es doch erforderlich ist, dass wir genauer darauf achten, dass wir mit militärischen Aktionen einen Mehrwert erzielen und nicht durch Verprellen der Menschen das Gegenteil erzielen und da sind manche Operationen im Bereich von OEF aber auch von ISAF gelaufen, wo man das Gefühl hat, die Absicht mag ja gut gewesen sein, aber es ist am Ende ein solcher Schaden entstanden, dass wir die Herzen der Menschen auf diese Weise mit Sicherheit nicht erreichen werden. Ich glaube nicht, dass das unbedingt die, oder ich glaube überhaupt nicht, dass das die deutschen Soldaten betrifft, aber ich glaube, es hat im Bereich anderer Verantwortungsbereiche Dinge gegeben, die einfach nicht klug sind. Und deswegen ist es auch nicht klug, die Verhaltensweisen und die Verhaltensmuster, die man vielleicht im Irak anwendet, in Afghanistan einfach fortzuführen, das ist kontraproduktiv.
Ostermann: Nun sind die Grünen innenpolitisch wirklich nicht die Freunde der Liberalen. Trotzdem die Frage, wie bewerten Sie den Vorschlag, Joschka Fischer zum Sonderbeauftragten für Afghanistan zu ernennen?
Hoyer: Ich habe darüber gestaunt, nicht weil Joschka Fischer keine Vergangenheit zum Thema Afghanistan hätte. Er hat ja in seiner Zeit als verantwortlicher Bundesaußenminister hier Verantwortung auch getragen und sehr darum geworben. Insofern ist das durchaus eine nahe liegende Überlegung. Auf der andern Seite: Die Aufgabe, die der Nachfolger von Tom Koenigs dort bewältigen muss, ist eine, die Knochenarbeit vor Ort erfordert, ein mühsames Verhandeln mit den Partner und zwar nicht im Glanz von New York oder Brüssel, sondern vor Ort in Afghanistan. Jeder, der diese Aufgabe übernimmt und der sich das aufbürdet hat meinen vollen Respekt und wenn Joschka Fischer es macht, dann muss ich sagen, Hut ab.