Tagung des internationalen Autorenverbandes

"Der PEN wird mehr denn je gebraucht"

11:53 Minuten
Einer Frau ist der Mund mit Pflastern zugeklebt.
Die Redefreiheit ist auch in westlichen Demokratien immer wieder in Gefahr, warnt der PEN. © imago images / McPhoto
Regula Venske im Gespräch mit Vladimir Balzer · 28.09.2022
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In Uppsala treffen sich derzeit Autoren aus aller Welt, diskutieren über Rede- und Meinungsfreiheit und feiern Geburtstag nach. Hundert Jahre gibt es die Schriftstellervereinigung PEN. Präsidiumsmitglied Regula Venske über die Tagung in Schweden.
"Eine Zensur findet nicht statt", heißt es in §5 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Weil dieser Satz nicht überall und allzeit gültig ist, gibt es unter anderem Vereinigungen wie den internationale PEN. Die Abkürzung des 1921 gegründeten Verbandes steht für "Poets, Essayists, Novelists" und bezeichnet eine Gruppe vom Autorinnen und Autoren, die sich für Meinung- und Redefreiheit sowie die Unantastbarkeit von Literatur und Kunst einsetzt.
Aktuell tagt die Schriftstellervereinigung im schwedischen Uppsala und feiert ihren 100. Geburtstag nach, der durch die Coronapandemie im vergangenen Jahr ausfiel.
Präsidiumsmitglied Regula Venske beschreibt die Atmosphäre: "Es ist überwältigend. Es ist großartig. Alle sind so glücklich, sich endlich wiederzusehen." Sie spricht von einem Familiengefühl. Über die Bedeutung des Vereins sagt Venkse: "Der PEN wird mehr denn je gebraucht." Es handele sich um eine starke Vereinigung mit engagierten Menschen.

Ärger mit dem russischen Ableger

Dennoch gibt es immer wieder auch Konflikte, die beispielsweise vor wenigen Monaten zu einer Abspaltung und Neugründung des PEN Berlin führten. Hinzu kommen Probleme mit dem russischen PEN. "Wir finden deren Positionen nicht akzeptabel, die sehr auf Putin-Linie sind", erklärt Venske, betont aber zugleich den PEN-Grundsatz: "Wir sind uns darin einig, dass wir nicht immer einig sein müssen."
Regula Venske, Präsidentin Deutscher PEN steht im Garten der St.-Elisabeth-Kirche.
Regula Venske wurde 2021 nach vier Jahren Amtszeit als Präsidentin des deutschen PEN von Deniz Yücel abgelöst.© picture alliance / dpa / Annette Riedl
In Bezug auf den Krieg in der Ukraine und die Rolle des PEN erklärt die Schriftstellerin: "Wir sind immer wieder dabei, für den Frieden einzutreten und Forderungen zu stellen." Der PEN bereite bei seiner Jahrestagung eine Resolution vor.
Daneben gebe es international weitere Konflikte und Probleme, die der Vereinigung Sorgen bereiten: Klimawandel, Hassrede im Internet, Verschwörungsmythen sowie der chinesische Einfluss auf Medien. "Wenn Worte nicht so eine große Rolle spielen würden, dann würden sie nicht so unterdrückt", sagt Venske.

Das freie Wort ist bedroht

Aktuell beschäftige sich der PEN vor allem mit der Beschaffung von Visa für russische Autorinnen und Autoren und mit der Situation von Frauen im Iran und in Uganda. "Es gibt viel Schmerzliches, aber auch viel Hoffnung", sagt Venske. Man wolle jenen, die keine Stimme haben, zuhören und diese verbreiten.
Daneben sieht der PEN die Redefreiheit aber auch in westlichen Demokratien in Gefahr, wie zuletzt der Angriff auf den indisch-britischen Schriftsteller Salman Rushdie in New York oder das Erstarken rechtspopulistischer Bewegungen zeigen. "Uns beschäftigt sehr, dass das freie Wort von Menschen reklamiert wird, die es anderen sofort verbieten würden, wenn sie an der Macht wären", sagt Venske.

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Auch innerhalb des PEN gebe es unterschiedliche Auffassungen zum Thema Meinungs- und Redefreiheit. "In Deutschland haben wir aufgrund unserer Geschichte Sensibilitäten, wo man in anderen Ländern unbefangener ist", erklärt die Autorin.
Sie sieht das allerdings auch als Chance zum Lernen voneinander. "Was für den einen Kontext gilt, gilt für einen anderen eben nicht", so Venske weiter.
Diversität sei ein Gewinn. Dennoch gebe es natürlich auch einen Kern, in dem sich alle PEN-Vereinigungen weltweit einig sind, betont das Präsidiumsmitglied: "Das sind Demokratie und Menschenrechte."
(lsc)
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