Fall Ahmed Mansur

Blamage für die Bundesregierung

Der ägyptische Fernsehjournalist Ahmed Mansur äußert sich in Berlin zu seiner umstrittenen Festnahme.
Der ägyptische Fernsehjournalist Ahmed Mansur äußert sich in Berlin zu seiner umstrittenen Festnahme. © dpa picture alliance/ Kumm/dpa
Von Klaus Remme · 23.06.2015
Nach bisherigem Sachstand hätte der Journalist Ahmed Mansur nie zur Fahndung ausgeschrieben werden dürfen. Die Regierung stehe nun blamiert da, so Klaus Remme. Sie muss sich den Verdacht gefallen lassen, dem Autokraten Fattah al-Sisi dienlich gewesen zu sein.
Dieser Fall verlangt nach Antworten, und zwar schnell. Die Vorwürfe, die im Raum stehen, sind unerträglich. In der arabischen Welt ist Ahmed Mansur ein Fernsehstar. Der Al-Jazeera-Journalist weiß sich zu wehren. Seine Festnahme am Samstag in Tegel schlug schnell hohe Wellen, Anwälte waren zur Stelle, gleich drei waren an seiner Seite, als er heute Mittag auf Fragen der Hauptstadtjournalisten antwortete, keine 24 Stunden nach seiner Freilassung.
Rund um diesen Fall sind viele Fragen offen, gestern waren drei Ministeriumssprecher bemüht, Verantwortung abzulenken. Auch drei Tage nach der heiklen Festnahme bleibt nach bisherigem Sachstand die Erkenntnis: Mansur hätte nie zur Fahndung ausgeschrieben werden dürfen. Die Bundespolizei trifft dabei keine Schuld. Allenfalls wäre zu fragen, warum Mansur in den vergangenen Monaten mehrfach ein- und ausreisen konnte, ohne behelligt zu werden. Die Festnahme am Samstag ist jedoch formal nicht zu beanstanden. Es gab einen gültigen Fahndungsaufruf, dieser wurde vollzogen.
Jetzt steht die Bundesregierung blamiert da, schlimmer noch, sie muss sich den Verdacht gefallen lassen, einem Autokraten wie Fattah al-Sisi über die Maßen dienlich gewesen zu sein. Der Besuch von al-Sisi war schwierig genug, wieder einmal wurden im Kanzleramt und im Außenministerium Werte gegen Interessen abgewogen. Wollte die Bundeskanzlerin zunächst die Durchführung freier Wahlen in Ägypten abwarten, entschied sie sich dann für Realpolitik. Al-Sisi wurde eingeladen, und ja, Angela Merkel brachte das Thema Menschenrechte öffentlich zur Sprache, kritisierte eine Praxis, in der politisch Verfolgte in Ägypten zum Tode verurteilt werden und darüber hinaus vor allem Willkür herrscht.
Die Bundesregierung ist Antworten schuldig
Umso unverständlicher, dass ein offenkundig politisch motivierter Fahndungsaufruf der ägyptischen Behörden nach monatelanger Prüfung und gegen die Bedenken von Interpol von deutschen Regierungsstellen unterstützt und national autorisiert wurde. Es gab keinen entsprechenden Handlungszwang und Interpol hatte mit der Begründung einer Verletzung von Statuten die perfekte Vorlage geliefert. Der Missbrauch von internationaler Polizeifahndung durch Unrechtsstaaten weltweit ist ein wachsendes Problem. Das dürfte weder im Auswärtigen Amt noch im Bundesamt für Justiz unbekannt sein. Die intensive Prüfung eines Fahndungsaufrufs aus Ägypten ist aktuell eigentlich selbstverständlich. Zwischen Oktober 2014 und Januar 2015 ist sicher auch ausreichend Zeit verstrichen, um die Angelegenheit zu prüfen. Nur kam man dann auf deutscher Seite zum falschen Ergebnis und gab grünes Licht für die Fahndung nach Mansur. Der Generalstaatsanwalt in Berlin hat vorgemacht, wie man die Vorwürfe in nur einem Tag prüfen und richtig entscheiden kann. Die Bundesregierung ist Antworten schuldig. Nicht jeder hat drei Anwälte im Schlepptau.
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