Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Neue Kultur der Einladung gefordert

07:13 Minuten
"Bundesamt für Migration und Flüchtlinge" steht in Eisenhüttenstadt (Brandenburg) in einem Büro des Ankunftszentrums des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf einem Stempel. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa | Verwendung weltweit
Einen Mentalitätswechsel wünscht sich der Migrationsexperte Franck Düvell in deutschen Ämtern. © picture-alliance/dpa/Klaus-Dietmar Gabbert
Franck Düvell im Gespräch mit Axel Rahmlow  · 16.12.2019
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Eine Willkommenskultur in den Amtsstuben fordert der Migrationsexperte Franck Düvell. Das geplante Fachkräfteeinwanderungsgesetz müsse auf diese Weise mit Leben gefüllt werden.
Die große Koalition will das bereits im vergangenen Sommer beschlossene Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das am 1. März 2020 in Kraft tritt, "mit Leben" füllen. Ein Treffen im Bundeskanzleramt sollte da Fortschritte bringen.
Immer mehr Unternehmen in Deutschland fehlen qualifizierte Mitarbeiter. In der IT können 124.000 Jobs derzeit nicht besetzt werden. In der Pflege fehlen schon heute rund 80.000 Fachkräfte. Das Problem dürfte sich durch den demografischen Wandel noch deutlich verschärfen. In Deutschland will man dieses Problem in Zukunft noch mehr durch Zuwanderung lösen.

Deutschland wenig attraktiv

Im internationalen Vergleich ist Deutschland für Fachkräfte nicht besonders attraktiv. Nach Angaben der Bertelsmann-Stiftung liegt Deutschland im OECD-weiten Vergleich nur auf Platz zwölf der 36 Mitgliedsstaaten.
Ob das Gesetz wirklich Wirkung entfalte, hänge vor allem von dessen Umsetzung ab, sagt Franck Düvell, Leiter der Abteilung Migration am Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung. Entscheidend sei dabei, dass man Menschen willkommen heiße und sie bei der Ankunft in Deutschland unterstütze. Das hänge vor allem von einem Wandel in den deutschen Arbeitsämtern und Behörden, aber auch den deutschen Botschaften im Ausland ab. "Da entscheidet sich tatsächlich, ob der Geist dieses Gesetzes überspringt." Es müsse als Einladung verstanden werden und nicht vor allem Skepsis gegenüber Einwanderern ausdrücken. Düvel sagt, die Gebühren beispielsweise für Visa und andere Papiere seien für viele Leute zu hoch. "Das sind schnell ein, zwei Monatslöhne in Ländern, wo die Leute herkommen sollen."

Fortbildungen in den Behörden nötig

Es seien Fortbildungen nötig, damit in den Amtsstuben die Nachricht ankomme, dass diese Menschen willkommen seien. "Wir müssen sie im Grunde genommen besser behandeln als sie in Kanada, in Schweden oder in den Niederlanden behandelt werden – sonst kommen sie nicht zu uns." Damit sie bleiben, müssten diese Menschen auch langfristig gut behandelt werden. In Kitas, Schulen und Jugendämtern müsse dieser Geist Einzug halten. "Wir brauchen ein Umdenken." Man dürfe nicht Fehler aus den 1960er-Jahren wiederholen. "Es kommen nicht nur Fachkräfte, es kommen Menschen und die müssen und wollen auch wie Menschen behandelt werden." Das betreffe auch deren Familien und Angehörige.
(gem)
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