Extremismusforscher Matthias Quent

Wie sich der Aufstieg der Rechten stoppen lässt

31:06 Minuten
Matthias Quent lehnt neben einem Bildschirm an der Wand.
Matthias Quent sieht im Umgang mit dem erstarkenden Rechtsradikalismus die demokratischen Kräfte in der Pflicht. © Deutschlandradio/ David Kohlruss
Moderation: Maike Albath · 19.10.2019
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Der Rechtsradikalismus ist immer nur so stark, wie es die Demokraten zulassen - seid selbstbewusst, appelliert der Soziologe Matthias Quent. Man müsse ein positives Zukunftsszenario entwickeln, das sich rechtsradikalen Untergangserzählungen entgegensetzen lässt.
Die AfD im Bundestag, rassistisch motivierte Anschläge und Behörden, die offenbar auf dem rechten Auge blind sind: Driftet Deutschland nach rechts?
Das zu verhindern, liegt dem Soziologen und Rechtsextremismusforscher Matthias Quent zufolge in der Hand der großen Mehrheit der Gesellschaft, die Rechtsradikalismus entschieden ablehnt:
"Die Rechten werden aus eigener Kraft nicht gewinnen", betont Quent. "Sie werden nur dann gewinnen können, wenn Demokratinnen und Demokraten Zugeständnisse machen, wenn Parteien und Medien nach rechts rutschen, wenn ohne Not Rechtsradikalen die Bühne bereitet wird, ihnen Plätze eingeräumt werden, die man ihnen eigentlich in einem demokratischen Diskurs nicht zugestehen muss."

"Die demokratische Mehrheit ist zu leise"

Für den Direktor des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft liegt das Problem auch darin, dass DemokratInnen sich vom Rechtsradikalismus einschüchtern ließen oder ihm desinteressiert gegenüber stünden. "Das Problem ist – das war vor 20 Jahren so und das ist auch heute so –, dass diese große Mehrheit zu leise ist."
Matthias Quent, Heike Kleffner und Matthias Meisner stehen mit ihren Büchern auf der Buchmesse.
Matthias Quent, Heike Kleffner und Matthias Meisner zu Gast in der Lesart.© Deutschlandradio/ David Kohlruss
Zumal, so Heike Kleffner und Mattias Meisner in dem von ihnen herausgegebenen Buch "Extreme Sicherheit: Rechtsradikale in Polizei, Verfassungsschutz, Bundeswehr und Justiz", diese Gruppen offenbar eine größere Affinität zu rechten Positionen haben:
"Wir wissen, dass es in der Polizei ein Problem mit institutionellem Rassismus gibt", sagt Heike Kleffner mit Blick auf die Abschlussberichte der 16 parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zum NSU.
Grundsätzlich sieht der Rechtsextremismusforscher Matthias Quent jedoch als zentralen Mobilisierungsfaktor der radikalen Rechten Niedergangserzählungen und eine Verklärung der Vergangenheit: "Alles wird immer schlimmer und wir versprechen euch Besitzstandswahrung, ihr könnt eure SUVs weiter fahren und ihr dürft als weiße Männer auch morgen noch vorherrschend sein, wenn ihr uns unterstützt. Das ist ein zentrales Narrativ."

Es fehlt an einer positiven Zukunftserzählung

Deshalb sei es entscheidend, "den Untergangserzählungen von Rechtsaußen auch eine positive Narration entgegenzustellen", so Quent. "Dass wir uns von der angeblichen oder tatsächlichen Macht der Rechten nicht ohnmächtig machen lassen, sondern versuchen, positive Antworten auf die Zukunft zu finden, eigene solidarische Gesellschaftsentwürfe diesen rassistischen und exklusiven Modellen der Rechten entgegenzustellen."
Eigentlich seien die Bedingungen dafür nie besser, meint der Soziologe. Und dennoch: "Ein Problem ist tatsächlich, dass auch die zivile Gesellschaft, dass auch die progressiven Kräfte eigentlich keine positive Zukunftserzählung mehr anbieten können. Das ist ein Manko, glaube ich, auch im politischen Spektrum, und da können die Rechten sehr gut ansetzen."
(uko)

Matthias Quent: Deutschland rechts außen. Wie die Rechten nach der Macht greifen und wie wir sie stoppen können
München 2019, Piper-Verlag, 304 Seiten, 18 Euro

Heike Kleffner/Matthias Meisner (Hg.): Extreme Sicherheit Rechtsradikale in Polizei, Verfassungsschutz, Bundeswehr und Justiz
Herder-Verlag 2019, 320 Seiten, 24 Euro

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