Heiner Flassbeck, Costas Lapavitsas: Nur Deutschland kann den Euro retten - Der letzte Akt beginnt
Westend-Verlag Frankfurt, Februar 2015
192 Seiten, 14,99 Euro, auch als ebook
Drehbuch für den "Grexit"
Die beiden Autoren haben den Konflikt Athens mit den Euro-Partnern kommen sehen. Und das, obwohl Heiner Flassbeck und Costas Lapavitsas ihr Buch "Nur Deutschland kann den Euro retten" längst geschrieben hatten, als die neue griechische Regierung ins Amt kam.
Ein Buch, das sich wie ein Drehbuch zu dem liest, was täglich in den Zeitungen steht.
Der deutsche Wirtschaftsprofessor aus Hamburg und der griechische aus London empfehlen Athen, die Kürzung der öffentlichen Ausgaben zu beenden, den sozial Schwachen finanziell zu helfen und die Schuldenlast abzuwerfen. Sollten sich die Gläubiger aber querstellen, möge das Land – egal ob abgestimmt oder konfrontativ – die Eurozone verlassen.
Aus dem Text spricht ein Duktus, mit dem auch Oskar Lafontaine 1998-99 dem Rest der Welt erklärte, wo es lang zu gehen habe. Nur die Welt wollte ihn nicht hören und der Bundesfinanzminister trat ab, mit ihm Heiner Flassbeck als Staatssekretär. Man könnte meinen, es gehöre auch zum Drehbuch, dass alle abwarten, ob sich dies in Athen wiederholt.
Insbesondere Costas Lapavitsas verliert sich in eine lange Liste sozialpolitischer Maßnahmen und technischer Details eines Währungswechsels.
Gleichzeitig jedoch räumen beide Autoren ein, kein Konzept in der Mannschaft von Alexis Tsipras entdeckt zu haben, ja Lapavitsas bezeichnet ganz generell Politik und Institutionen als schlicht unfähig, ein alternatives Reformprogramm umzusetzen. Für ihn scheint seit dem Ende der Militärdiktatur, seit der Öffnung Griechenlands nach Europa hin sowieso alles schief gelaufen zu sein.
Die Rede der beiden an die europäische Linke ist verstiegen und abenteuerlich. Zu kurz kommt dabei Heiner Flassbecks Anliegen, dass alle Mitglieder einer Währungsunion ihren koordinierten Beitrag zu leisten hätten, die Schuldenkrise zu überwinden.
Deutschland soll Nachfrage schaffen
Das exportstarke Deutschland sollte demnach über steigende Löhne und Investitionen zu Hause jene Nachfrage schaffen, die den schwachen Ländern Südeuropas helfen würde, wirtschaftlich wachsen und aufholen, am Ende Kredite tilgen zu können. Eine isoliert aufgelegte Sparpolitik jedenfalls mache teuer erkaufte Erfolge gleich wieder zunichte.
Doch dieser Linie bleiben der deutsche und der griechische Wirtschaftswissenschaftler nicht treu. Sie denken wie ihre gesamte Zunft mehr national als ökonomisch. Dabei wird das Bruttosozialprodukt ja nicht an Regierungssitzen erwirtschaftet, sondern in Europas Regionen.
Das Nationale mag Bezugsgröße für Verfassung und Rechtssystem sein. Siedlungsgebiete, Sprach- und Kulturräume halten sich selten an Verwaltungsgrenzen, ebenso wenig wie das Reisen und das Wirtschaften.
Es lohnt nicht, sein Heil in Euro oder Drachme, in offenem oder verdecktem Protektionismus zu suchen. Wer nach wirtschaftlichen Konzepten ruft, schaue sich am besten die Stärken und Schwächen des Ruhrgebietes, Attikas oder des Mezzogiorno und der Mittelmeerinseln an. Und dazu haben beide Autoren wenig zu sagen.