Euro-Krise

Die Griechen pokern zu hoch

Proteste in Athen: Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras wehrt sich gegen das "Spar-Spritzen" von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU)
Griechenland wehrt sich gegen die "Sparspritzen" der EU, hat aber auch kein eigenes Konzept. © dpa / picture-alliance / Orestis Panagiotou
Von Thomas Bormann · 17.02.2015
Völlig unvorbereitet wirkt Griechenlands Finanzminister derzeit in Brüssel, kommentiert Thomas Bormann. Die Frage sei aber: Weiß Yanis Varoufakis nicht, wie es um Griechenland steht oder will er es nicht zugeben?
Finanzminister Yanis Varoufakis ist nicht nur schlecht vorbereitet, wenn er in Brüssel mit seinen Amtskollegen aus den anderen Euro-Ländern über die griechischen Schulden verhandelt, er ist auch schlecht beraten. Die neue griechische Regierung hatte die erfahrenen Investment-Banker von der amerikanisch-französischen Lazard-Bank angeheuert, um die Partner in der Euro-Zone von einem Schuldenschnitt für Griechenland zu überzeugen. Doch dieser Schuss ging nach hinten los: Zwar sind die Schulden Griechenlands in der Tat extrem hoch, aber Griechenland zahlt vergleichsweise geringe Zinsen und muss viele Kredite erst in Jahrzehnten zurückzahlen. Unterm Strich hat Griechenland derzeit eine geringere Belastung durch Schulden als etwa Italien oder Portugal.
Als Euro-Länder haben auch Italien und Portugal Geld an Griechenland geliehen. Wenn Griechenland seine Schulden nicht zurückzahlen würde, dann würden die Schulden der Italiener und der Portugiesen noch weiter steigen, obwohl sie schon jetzt mehr für ihre eigenen Schulden zahlen als die Griechen. Das wäre absurd. Das hat ja inzwischen sogar Yanis Varoufakis eingesehen und redet nicht mehr von einem Schuldenschnitt.
Weiß Varoufakis selbst nicht, wie es um die griechischen Finanzen steht?
Varoufakis wirkt auf den Ministertreffen in Brüssel, als wäre er gar nicht vorbereitet. Er hat noch kein durchgerechnetes Konzept vorgelegt, wie er sein Land aus der Krise führen will. Wie will die neue Regierung endlich die Reichen in Griechenland besteuern? Wie viel Geld bringt das in die Staatskasse? Wie will die neue Regierung die vielen neuen Beamten bezahlen, die sie einstellen will?
Yanis Varoufakis hat nach drei Wochen im Amt als neuer Finanzminister keine dieser Fragen beantwortet. Völlig unklar ist auch, wie es im Moment überhaupt um die griechischen Finanzen steht. Entweder weiß Varoufakis es selbst nicht, dann wäre er ein schlechter Finanzminister. Oder aber, und das wäre noch schlimmer: Er kennt diese Zahlen und rückt sie nicht heraus, weil sie genau aufzeigen, wie heftig das Loch in der Staatskasse seit der Amtsübernahme durch die neue Regierung gewachsen ist. Anzeichen dafür gibt es:
Griechen zahlen Immobiliensteuer einfach nicht mehr
So hatte die Linkspartei Syriza in ihrem Wahlkampf versprochen, die unpopuläre Immobiliensteuer zu senken oder abzuschaffen; eine Steuer, die auch viele verarmte Rentner und Familien trifft. Hunderttausende griechische Wähler haben dieses Wahlgeschenk schon mal umgesetzt und zahlen die Steuer einfach nicht mehr. Finanzminister Varoufakis treibt diese Steuern nicht ein, denn: Er ist ja selbst überzeugt, dass diese Steuer ungerecht ist.
Mit jedem Tag aber, den die neue griechische Regierung tatenlos verstreichen lässt, wächst das Loch in der Staatskasse. Damit wächst auch die Hilfe, die Griechenland von seinen europäischen Partnern benötigt. Gleichzeitig geht die neue Regierung auf Konfrontationskurs zu den anderen Euro-Ländern, deren Hilfe sie doch so dringend benötigt.
Die neue Regierung in Athen, die angetreten ist, die Griechen vor der Sparpolitik und Armut zu retten, läuft Gefahr, ihr Volk noch viel tiefer in die Krise zu stürzen.
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