Threads
Facebook-Chef Mark Zuckerberg setzt mit seinem neuen Kurznachrichtendienst Threads Twitter-Chef Elon Musk unter Druck. Twitter droht bereits mit rechtlichen Schritten. © IMAGO / NurPhoto / IMAGO / Jaap Arriens
Bekommt Twitter erstmals echte Konkurrenz?
Threads könnte eine echte Alternative zu Twitter werden - zig Millionen User haben den neuen Kurznachrichtendienst innerhalb weniger Tage getestet. Was man dort genau machen kann und warum es ihn in der EU noch nicht gibt - kurz erklärt.
Seit Elon Musk Twitter für 44 Milliarden Dollar übernommen hat, müssen die Nutzerinnen und Nutzer des Kurznachrichtendienstes mit immer neuen Einschränkungen leben: Zuletzt wurde die Zahl der Posts, die sie kostenfrei sehen können, eingeschränkt.
Zuvor wurden bereits die Moderations-Richtlinien verändert mit der Folge, dass die Zahl sogenannter Hass-Posts seitdem stetig steigt. Auch dass man den blauen Verifizierungshaken nur noch als zahlender Premium-User und dann automatisch bekommt, verärgert Stamm-User. Viele suchen schon länger nach einer Alternative, doch bisher gab es keine ernst zu nehmende.
Das könnte sich nun einer neuen Social-Media-Plattform ändern: "Threads – an App by Instagram". So lautet der vollständige Titel der App, die vom Facebook-Mutterkonzern Meta auf den Markt gebracht wurde. Innerhalb der ersten 24 Stunden hatten sich bereits mehr als 30 Millionen Nutzer eingeloggt. In 100 Ländern ist der Dienst schon verfügbar, allerdings noch nicht in Deutschland und den anderen EU-Staaten.
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Wie funktioniert Threads?
Threads ist wie Twitter aufgebaut. Man kann Posts mit bis zu 500 Zeichen absetzen. Das können Texte, Links oder auch Videos von bis zu fünf Minuten Länge sein.
Dazu loggt man sich direkt mit seinem Instagram-Account ein. Ein eigener Threads-Account ist nicht extra nötig, kann aber mit wenigen Klicks generiert werden, wenn man schon einen Instagram-Account hat. Und mit wenigen weiteren Klicks kann man seine Instagram-Follower zusätzlich in Threads-Follower umwandeln, sofern diese bereits eigene Threads-Accounts haben. Zudem sind die Posts öffentlich, das heißt, man kann ohne eigenen Instagram- oder Threads-Account alles nachlesen.
Welche Unterschiede gibt es zwischen Threads und Twitter?
Wie bei Twitter gibt es auch bei Threads eine Timeline, die allerdings nicht chronologisch geordnet ist, sondern Inhalte nach einem Algorithmus vorschlägt. Auch gezielt nach Inhalten von bestimmten Accounts lassen sich Inhalte nicht sortieren. Beide Funktionen sollen nach Auskunft von Instagram-Chef Adam Mosseri jedoch noch kommen.
Auch die momentan recht rudimentäre Suche soll noch verbessert werden. Suchen lässt sich derzeit nur nach anderen Userinnen und Usern, nicht jedoch nach Beiträgen oder Themen. Auch Hashtags und Trends, die zeigen, über was gerade besonders intensiv diskutiert wird, gibt es derzeit noch nicht.
Plattformübergreifende Kommunikation
Anders als Twitter will sich Threads auch für andere Netzwerke öffnet. Userinnen und User sollen Teil des sogenannten Fediverse werden und sich somit mit Usern auf andern Social-Media-Plattformen verbinden können, also beispielsweise mit Mastodon, das bislang als aussichtsreichster Twitter-Alternative galt. Ein eigener Mastodon-Account ist dazu nicht nötig.
In der momentan veröffentlichten Threads-Version geht das zwar noch nicht, die Einbindung in das dezentrale Netzwerk von Plattformen ist laut Angaben von Instagram aber geplant. Twitter-Chef Elon Musk dagegen blockiert bislang die Vernetzung mit anderen Plattformen.
Kann Threads Twitter wirklich Konkurrenz machen?
Führt man sich vor Augen, dass auf Instagram 2,3 Milliarden Nutzerinnen und Nutzer im Monat aktiv sind und bei Twitter "nur" rund eine halbe Milliarde, wird das Potenzial des neuen Dienstes sofort deutlich. Schon jetzt hat Threads viel mehr Userinnen und User als jede andere Twitter-Variante. Allerdings fehlen noch viele Funktionen, die Twitter-Usern wichtig sind. Meta-Chef Mark Zuckerberg weiß: „Wir müssen noch viel tun, um die App weiterzuentwickeln." Das wird mitentscheidend sein, ob Threads Twitter Konkurrenz machen kann.
Dass dies gelingt, dafür sprechen nach Ansicht von Dirk von Gehlen, Direktor des digitalen Thinktanks SZ-Institut, derzeit zwei Argumente: Zum einen der Name Threads, zu deutsch Gesprächsfaden, der an die ursprüngliche Idee einer beiläufigen, unverbindlichen Kommunikation anknüpfe. Zum anderen, dass hinter Threads der Meta-Konzern stehe, der eines besonders gut könne: kopieren.
Zugleich verweist Gehlen darauf, dass selbst gutes Kopieren kein Erfolgsgarant ist. So sei Google mit dem Versuch gescheitert, auf der Basis unfassbar vieler Mail-Accounts mit Google+ dem sozialen Netzwerk Facebook Konkurrenz zu machen.
Helfen könnte Threads jedoch die großen Probleme, mit denen Twitter derzeit kämpft. Das ist auch der Grund, warum Meta die App ausgerechnet jetzt veröffentlicht hat, obwohl noch nicht alles fertig ist. Instagram-Chef Mosseri sagte dazu in einem "News York Times"-Podcast: „Wir hatten Angst, dass sich das Zeitfenster schließt. Timing ist wichtig."
Warum kann man Threads in Deutschland nicht nutzen?
Noch kann man Threads in Deutschland und den übrigen EU-Staaten nicht nutzen. Das hängt sehr wahrscheinlich mit den geplanten datenschutz- und kartellrechtlichen Regulierungen auf EU-Ebene zusammen, dem sogenannte Digital Markets Act. Dort soll auch geregelt werden, wie viele Daten Konzerne zwischen ihren Plattformen austauschen dürfen. Die finalen Regeln stehen allerdings noch nicht fest. Meta hält sich bedeckt, auch andere US-Unternehmen warten erst einmal ab.
Zu Meta gehören neben Instagram und Facebook auch WhatsApp. Dabei handelt es sich jeweils um einzeln geführte Unternehmen. Sie dürfen nach EU-Recht nicht einfach nach Belieben untereinander User-Daten austauschen. Das Bundeskartellamt untersagte es Meta im Jahr 2019, die Nutzerdaten von WhatsApp, Instagram und Facebook zusammenzuführen. Eine Klage dagegen wies der Europäische Gerichtshof (EuGH) erst Anfang Juli zurück. Die Richter in Luxemburg gaben dem Bundeskartellamt damit grünes Licht, Meta wegen der Zusammenführung von Nutzerdaten seiner Dienste zu belangen.
Nach Informationen aus Insiderkreisen steht der noch ausstehende Start von Threads in Europa auch damit in Verbindung: Meta will sich demnach erst versichern, mit der Verknüpfung von Threads mit Instagram kein EU-Recht zu brechen.
Nach Medienberichten lässt sich Threads allerdings mit ein paar Tricks auch schon in Deutschland ausprobieren.
Wie reagiert Twitter auf Threads?
Twitter droht Meta bereits mit rechtlichen Schritten. Man wirft dem Facebook-Mutterkonzern vor, geistiges Eigentum und Handelsgeheimnisse von Twitter zur Erstellung des eigenen Dienstes genutzt zu haben. Dafür habe man auf die Expertise von früheren Twitter-Angestellten zurückgegriffen, die Elon Musk im Oktober 2022 entlassen hat. Meta-Sprecher Andy Stone wies die Anschuldigungen zurück. Niemand im Technik-Team von Threads sei früher bei Twitter tätig gewesen, teilte er mit.
Welche Alternativen gibt es sonst noch zu Twitter?
Die bekannteste Twitter-Alternative bis zum Start von Threads hieß Mastodon, das ähnlich aufgebaut ist wie Twitter, allerdings dezentral organisiert und Teil des Fediverse, wie oben beschrieben. 2016 wurde es vom deutschen Programmierer Eugen Rochko gegründet und zählt derzeit rund zwölf Millionen Nutzer.
Mit Bluesky kommt eine weitere Alternative ausgerechnet vom Twitter-Gründer Jack Dorsey. Auch hier setzt man auf Dezentralität und Konnektivität. 2021 gegründet, zählte die Plattform im April 2023 gerade einmal 50.000 User.
ckr, ww, AP, AFP