"Enorme Belastung"

01.02.2012
Der Rechtsextremist György Dörner ist neuer Intendant des Neuen Theaters in Budapest. Er wolle Schluss machen mit der "entarteten Hegemonie" des Kulturbetriebs, schrieb Dörner in seiner Bewerbung. Wilhelm Droste, Dozent an der Uni Budapest, betrachtet die Entwicklung mit Sorge.
Dörner wurde gegen den Willen der Fachkommission vom Oberbürgermeister der ungarischen Hauptstadt ernannt. Dieser wiederum verdankt sein Amt der rechtskonservativen Fidesz-Partei von Regierungschef Victor Orbán, die im ungarischen Parlament über die absolute Mehrheit verfügt. Regierungskritiker und Oppositionelle fürchten inzwischen um die Demokratie im Land.

Orbán hat der Europäischen Union zwar zugesagt, bestimmte Gesetze so zu ändern, dass die Meinungs- und Medienfreiheit gewährleistet ist, doch beim Stellenabbau bei Medien und Kulturinstitutionen werden auffällig oft gerade die Mitarbeiter entlassen, die sich gegen die Regierung stellen.

Auch der Autor und Übersetzer Wilhelm Droste, Dozent an der Universität in Budapest, betrachtet die kulturpolitische Entwicklung mit großer Sorge. Zwar sei es ein "vorschnelles Urteil", wenn man nun bereits vom Tod des kulturellen Lebens spreche, doch die Stellenbesetzung am Neuen Theater sei kein gutes Zeichen:

"In den ungarischen Theatern wird heute Abend vor der Vorstellung, fast in allen Theatern, ein Protest dagegen verlesen. Also, der eigentliche Kulturbetrieb steht zu dieser Entscheidung ganz klar kritisch, oppositionell und verachtend."

Inzwischen, so Droste weiter, sei es sogar gefährlich geworden, gegen die Kulturpolitik Orbáns zu protestieren, denn viele Kulturschaffende seien von der Kündigung bedroht. Sich offen gegen die Regierung zu stellen, sei somit schon fast ein "Akt der Zivilcourage". So arbeiten zu müssen, sei für viele Mitarbeiter eine "enorme Belastung". Ständig werde von Einsparungen bei Medien und Kultur geredet, und wenn dann Mitarbeiter eingespart werden, treffe es immer "zufällig die Linken und die Liberalen".

Das vollständige Gespräch können Sie mindestens bis zum 1.8.2012 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.
Mehr zum Thema