Endstation Internierungslager

Von Thomas Bormann · 07.05.2013
Seit der griechischen Wirtschaftskrise gibt es für viele Menschen keine Arbeit mehr. Auch nicht für die Flüchtlinge, die zu Tausenden aus dem Nahen, Mittleren und Fernen Osten kommen, und früher geduldet wurden. Heute hausen sie unter Brücken und müssen Angst vor rechten Schlägertrupps haben.
Auf den Erdbeerplantagen der Halbinsel Peloponnes schuften Tausende Flüchtlinge aus Asien und Afrika. Ihre Arbeitsbedingungen, ihre Lebensumstände beschreiben sie mit zwei Wörtern: "Big problem" – großes Problem.

Sie hausen in selbst gezimmerten Verschlägen aus Ästen und Plastikplanen; ihnen stehen eigentlich 22 Euro Lohn pro Tag zu, aber ihr Chef zahlt deutlich weniger. Die Flüchtlinge aus Bangladesch oder Afghanistan haben Angst sich zu beschweren. Denn es ist erst drei Wochen her – da hatte ein Vorarbeiter auf Plantagen-Arbeiter geschossen, als die ausstehende Löhne eingefordert hatten.

Raza Golani vom Afghanischen Kulturverein in Athen klagt: Es wird immer schlimmer:

"Früher war das so: Wenn wir nach Griechenland kamen, waren wir willkommen, die Leute umarmten uns. Und jetzt: Wenn Du jetzt nach Griechenland kommst, dann triffst du zu allererst auf Rassismus und auf Gewalt."

Früher – da fanden die Flüchtlinge schnell Arbeit als Hilfsarbeiter auf dem Bau. Aber seit der Wirtschaftskrise gibt es nichts mehr für sie: keine Arbeit, keine Wohnungen, lediglich ein paar mies bezahlte Jobs auf den Plantagen während der Ernte-Saison.

Griechenland – für viele Flüchtlinge ist das die unfreiwillige Endstation. Sie wollen eigentlich weiter, nach Deutschland, nach Schweden, nach England, aber die Grenzen sind dicht. Die Flüchtlinge sind in Griechenland gestrandet. Niemand hat sie hier gezählt, kaum einer von ihnen ist bei den griechischen Behörden registriert.

Überall in Griechenland hat die Regierung Internierungslager für Flüchtlinge eingerichtet, dort warten nun Tausende hinter Stacheldraht und Mauern auf ihre Abschiebung.

Francois Crepeau vom Flüchtlings-Hilfswerk der Vereinten Nationen hat einige dieser Lager besucht; besonders schlimm, so meint er:

"Die Abschiebelager wie das in Venna. Dort gibt es kein Licht in den Zellen. Da leben 28 Personen in einer viel zu kleinen Zelle. Die Bettgestelle sind aus Beton, die Toiletten verdreckt. Es gibt nichts zu tun und kein Licht – nur eine kleine Lampe am Eingang, das ist alles."

Francois Crepeau verhandelt mit der griechischen Regierung, damit die Flüchtlinge nicht unter solch menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen.

Aber auch außerhalb der Lager hat Francois Crepeau auf seiner Inspektionsreise durch Griechenland Erschütterndes gesehen:

"Afghanische Kinder, die unter einer Autobahnbrücke leben; in der Nähe des Hafens von Patras. Sie bekommen etwas zu essen von einer Hilfsorganisation, aber sie leben für Wochen unter dieser Autobahnbrücke – ein kalter, feuchter Ort."

Die griechischen Behörden sind offensichtlich überfordert, mehrere hunderttausend Flüchtlinge zu versorgen. Die Regierung in Athen fühlt sich von den anderen EU-Ländern im Stich gelassen:

Denn, so wehren sich griechische Politiker: Alle zeigen mit dem Finger auf Griechenland, unter welch erbärmlichen Bedingungen die Flüchtlinge dort leben müssen, aber kein anderes EU-Land ist bereit, einige dieser Flüchtlinge aufzunehmen.
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