Elissa Hiersemann liest Musik: Neil Young "Earth"

Vertonte Umweltkatastrophe

Der kanadische Musiker Neil Young bei einem Freiluftkonzert in Nebraska.
Mit Froschquaken und anderen Tierstimmen protestiert Neil Young gegen Umweltzerstörung durch Großkonzerne © picture alliance / dpa / Steve Pope
Von Elissa Hiersemann · 21.07.2016
Auf seinem Album "Earth" mischt Neil Young Tiergeräusche mit Live-Aufnahmen. Die Songs handeln von Fracking, von Pestiziden, von Monsanto oder Starbucks. Die Tiere werden zu Wortführern in Neil Youngs Feldzug gegen die Zerstörung der Erde.
Das Album beginnt mit einem Donnerschlag im Song "Mother Earth".
(Donner und Frösche)
Die Idylle mit quakenden Fröschen ist trügerisch. Es ist die Ruhe vor dem Sturm, denn Neil Young befindet sich auf einem Feldzug gegen die Zerstörung der Erde. Gegen Fracking im amerikanischen Hinterland, gegen Großkonzerne wie Monsanto oder Starbucks. Und die Tiere klatschen ihm Beifall.
("My Country Home": Gänse)
Neil Young setzt die Tierstimmen auf seinem neuen Album "Earth" gezielt als Kommentare zur Befindlichkeit von Mutter Erde ein. "Earth" ist eine Art Lehrstück. Die Tiere werden zu Wortführern und Protagonisten.
("Seed Justice": Krähen)

"Was tut ihr uns an?", fragen die Tiere

Von Fabeldichtern wie dem Griechen Aesop über Martin Luther, Gotthold Ephraim Lessing bis zu Franz Kafka nimmt auch der Musiker Neil Young menschliche Schwächen, Fehlverhalten, Dummheit oder Betrug auf, um sie durch die Tiere kommentieren zu lassen: Seht ihr eigentlich, was ihr uns und euch da antut?
"Show me the love, show me the love
Bring on seed justice to the land"
"Saatgut-Gerechtigkeit" fordert Neil Young und meint es bitter ernst. Landet genverändertes Saatgut doch in unserer aller Nahrungskette. In seinem Song "The Monsanto Years" zieht Neil Young mit alttestamentarischem Zorn über den US-Agrarkonzern Monsanto her, der unter anderem für genverändertes Saatgut in der Kritik steht und für ihn eine Art Frankenstein-Farm ist.
("The Monsanto Years": Kirchenglocke, Krähen)
"While they work on, they can't find an easy way to stop, Monsanto, Monsanto
Don't care now what the Bible said so long ago not Monsanto, Monsanto"

Summen und Quaken gegen Pestizide

Wenn Neil Young von aufkeimenden Samen singt, die demnächst mit Pestiziden behandelt werden, bekommt das aufgeregte Summen der Bienen plötzlich einen doppelten Boden. Wirken bestimmte Pestizide auf Bienen doch wie Nikotin auf den Menschen. Unwiderstehlich, aber tödlich.
("The Monsanto Years": Bienen)
"Monsanto Monsanto
When these seeds rise they're ready for the pesticide"
Und wenn die Plattenfirma ihm sagt: Neil, die Leute wollen keine vertonten Umweltkatastrophen hören, die Leute wollen Liebeslieder. Dann sagt Neil Young: ihr wollt ein Liebeslied, ihr kriegt ein Liebeslied. Aber auf meine Art.
("People want to hear about love": Krähe)
"Don't say pesticides are causing autistic children
People want to hear about love"

Trachte nicht nach dem, was die Natur nicht vorsieht

Autismus verursacht durch Pestizide? Pah, die Leute wollen Liebeslieder, weil die ein gutes Gefühl hinterlassen. In seinem Liebeslied singt Neil Young den ausgestreckten Mittelfinger gleich mit. Am Ende seines fabelhaften Albums "Earth" steht eine einfache Moral: Trachte nicht nach Dingen, die die Natur nicht vorsieht. Was die Natur versagt, sollte man nicht erzwingen. Wie in Aesops Fabel von der Schildkröte und dem Adler. Sie will unbedingt fliegen und überredet den Adler auf seinem Rücken sitzen zu dürfen – und stürzt ab.
("People want to hear about love": Hundeheulen)
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