Eka Kurniawan: "Schönheit ist eine Wunde"

Voller menschlicher Monster und böser Geister

Cover Eka Kurniawan: "Schönheit ist eine Wunde"
Eka Kurniawan: "Schönheit ist eine Wunde" © imago/Pacific Press Agency / Unionsverlag
Von Katharina Döbler · 13.11.2017
Ihr Stil erinnere an Gabriel Garcia Marquéz und William Faulkner, heißt es in der New York Times Book Review: "Schönheit ist eine Wunde" von Eka Kurniawan ist ein wilder und mitreißender Alptraum über die jüngere Geschichte Indonesiens.
Eka Kurniawan, geboren 1975 in Westjava, ist nicht nur Romancier, Drehbuchautor und Blogger, sondern auch Comic-Zeichner. Und das merkt man seinem Roman über eine indonesische Frauensippe und deren männliche Satelliten auch an: extreme Figuren, starke visuelle Eindrücke und eine Handlung, die von einem drastischen Höhepunkt zum andern verläuft.
Im Mittelpunkt steht Dewi Ayu, die beliebteste Hure von Halimunda, die mit über 52 noch ihre vierte Tochter ohne Vater zur Welt bringt, kurz danach stirbt und 21 Jahre später wieder aufersteht.
Dewi Ayu ist ein Kind der Kolonialzeit: Ihre Eltern sind Halbgeschwister, ihr einziger Großvater ein holländischer Plantagenbesitzer, der sich eine schöne junge Einheimische unter Androhung von Gewalt zur Konkubine genommen hat. Die junge Frau, Dewis Großmutter mütterlicherseits, hatte einen Geliebten, den sie nach langer Zeit wiedersieht; gejagt von den Schergen des eifersüchtigen Holländers stürzt sie sich vom Gipfel eines Berges – und fliegt davon.

Fantastisch und brutal

Und so wie Ayu Dewis Existenz ein Ergebnis des Kolonialismus ist, geht es mit ihr auch weiter: Unter der japanischen Besatzung während des Zweiten Weltkriegs wird sie als Holländerin interniert und zur Prostitution gezwungen. In den Wirren des Befreiungskrieges wird sie um ihr Erbe gebracht und verdient es sich zurück: im Bordell. Sie tut sich mit Soldaten, Guerilleros, Kommunisten und Gangstern zusammen. Ihre Töchter seien Kinder von Dämonen, behauptet sie. Die ersten drei sind ungewöhnlich schön und werden von ungewöhnlich bedeutenden Männern umworben. Die älteste liebt einen Kommunisten und wird von einem hohen Offizier zur Ehe gezwungen. Die zweite liebt den selben Mann, der zwar den antikommunistischen Massakern der 1960er-Jahre entkommt, dann aber im Lager vor die Hunde geht. Die dritte heiratet als Zwölfjährige den Chef der örtlichen Mafia.
Realistisch ist dieser Roman natürlich nicht. Er ist an manchen Stellen ähnlich fantastisch, brutal, erotisch und traumgleich wie das Frühwerk von García Márquez - aber sehr viel drastischer. Dieses Buch ist ein wilder, mitreißender Alptraum über die jüngere Geschichte Indonesiens, voller menschlicher Monster und böser Geister – Figuren, die man nicht vergisst.

Eka Kurniawan: "Schönheit ist eine Wunde"
Aus dem Indonesischen von Sabine Müller
Unionsverlag, Zürich 2017
445 Seiten. 24 Euro

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