"Einer von uns" in Hannover

Utøya, Breivik und der Ursprung des Hasses

06:09 Minuten
Drei Gebäude auf der norwegischen Insel Utøya. Im Vordergrund flattert ein rot-weißes Absperrband mit den Buchstaben AUF. Sie stehen für die Jugendorganisation der norwegischen Arbeiterpartei. Im Hintergrund sind Wasser und Bäume zu sehen.
Was geschah 2011 auf der Ferieninsel Utøya, was trieb Breivik an und welche Erinnerungen haben wir an das Ereignis? Das fragt das Schauspiel Hannover in der Installation "Einer von uns". © Sigrid Harms/dpa
Bernhard Doppler im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 20.03.2019
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In dem Buch "Einer von uns" analysierte die norwegische Autorin Åsne Seierstad das Leben des Terroristen Anders Breivik. Am Schauspiel Hannover rückt eine Theaterinstallation den Fokus auf die Perspektive der Opfer.
Seitdem Anders Breivik vor bald acht Jahren 77 Menschen - vor allem Kinder und Jugendliche - auf der norwegischen Insel Utøya und bei einem Anschlag in Oslo ermordete, bemühen sich Bürger, Politiker, Publizisten, Dokumentarfilmer und Theaterleute zu verstehen, was den Attentäter zu dieser extremen Tat brachte. * Der Regisseur Erik Ulfsby hat mit dem Schauspiel Hannover als Koproduzenten und einem norwegisch-deutschen Ensemble das Projekt "Einer von uns" in Anlehnung an den Titel des Buchs der norwegischen Autorin Åsne Seierstad erarbeitet. Jedoch liegt der Fokus des Stücks nicht beim Leben des Täters, sondern bei den Opfern, sagt der Theaterkritiker Bernhard Doppler.

Insellandschaft aus Holzkisten

"Es geht vielmehr um die Vorfälle in Utøya und die verschiedenen Erinnerungen daran." Der Täter werde nicht in den Mittelpunkt gerückt, wie das ja auch die neuseeländische Ministerpräsidentin gefordert hatte. "Man muss sich den Abend so vorstellen, dass er in erster Linie eine Installation ist." 405 Holzkisten sind zu einem großen Quader aufgetürmt, der Zuschauer kann sich diese anschauen und um sie herumgehen. "Und dann werden diese Kisten mit großem Knall auseinander gestoben. Das klingt dann fast wie die Schüsse auf Utøya und es entsteht eine Landschaft, die auch ein bisschen an diese Insel erinnert."

Der rechte Untergrund

Auf dieser Landschaft tragen die Darsteller dann verschiedene Erinnerungen und Reden vor. Eine Darstellerin verkörpert die Nichte von Hans Magnus Enzensberger, "und die trägt die Briefe, die ihr Hans Magnus Enzensberger geschrieben hat, vor. Es sind also sehr persönliche Geschichten." Ziel des Abends sei, so Doppler, zu fragen, "was ist mit einer solchen Gesellschaft, mit einer so demokratischen Gesellschaft wie Norwegen passiert? Einer von uns? Gab's da so einen ganz konservativen, ganz rechten Untergrund schon die ganze Zeit?" Die Irritation der Gesellschaft unter anderem über das veraltete Frauenbild Breiviks mit Blick auf das Attentat werde in dem Stück dargestellt, während Breivik als Individuum und Täter außen vor bleibt.
(kpa)
* An dieser Stelle hatten wir eine falsche Angabe zur Anzahl der Opfer gemacht.
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