Eine widersprüchliche Persönlichkeit

Von Kirsten Liese · 27.06.2013
Bernd Eichinger war einer der erfolgreichsten deutschen Filmproduzenten, der Klassiker wie "Der Name der Rose", "Das Parfum" oder "Der Baader Meinhof Komplex" produzierte. Nun widmet das Museum für Film und Fernsehen in Berlin dem 2011 verstorbenen Regisseur eine Sonderausstellung.
Eichinger: "Alles, alles, was ich lese, alles, was ich sehe, alles, was ich beobachte, ob ich hierüber schaue, hierüber, schaue, ist für mich alles Kino. Alles, ununterbrochen, 24 Stunden."

So formulierte Bernd Eichinger sein Lebensmotto. Bei aller Euphorie für das Kino lernt man in der Ausstellung, die das Berliner Museum für Film und Fernsehen dem erfolgreichen Produzenten und Regisseur widmet, eine widersprüchliche Persönlichkeit kennen.

Eigentlich begegnet man zwei Männern: Dem ambitionierten anspruchsvollen Regisseur, der Autorenfilmer wie Fassbinder, Kluge, Syberberg und Wenders schätzte, und den kommerziell, profitorientierten Produzenten und Verleiher, der mit Blockbustern millionenschwere Umsätze machte.

Doris Dörrie, die mit Eichinger 1998 an ihrer Komödie "Bin ich schön?" zusammenarbeitete, vergleicht ihren Kollegen entsprechend mit Dr. Jekyll and Mr. Hyde. Und Eichingers Ehefrau Katja räsoniert über ein unausgeglichenes Spannungsverhältnis zwischen kreativen und selbstzerstörerischen Energien:

"Auf der einen Seite hat man den ‚Untergang‘ in einem Raum, und auf der anderen Seite diese ganzen albernen deutschen Komödien ‚Der bewegte Mann‘, ‚Ballermann 6‘ und ‚Das Superweib‘, populäre Kassenschlager, wie kriegt man das unter einen Hut? Das ist sicherlich auch eines seiner großen Geheimnisse, was ihn so außergewöhnlich gemacht hat."

Unter Dutzenden von Filmausschnitten, Fotos, Storyboards, Kostümen und Accessoires verdienen vor allem jene Objekte in der Berliner Schau besonders Beachtung, die Bernd Eichinger in seiner weniger bekannten Rolle als einen Arthaus-Künstler zeigen. Ganz besonders staunt man über zwei Schwarzweiß-Arbeiten für die Münchner Filmhochschule, die sich ästhetisch an den Autorenfilmern der 70er-Jahre orientieren.

1978 verkracht sich Eichinger sogar – wie einem pikanten Briefwechsel zu entnehmen - mit Ludwig Eckes, dem Gründer der Produktionsfirma "Neue Constantin", als der von ihm verlangt, er solle sich von linksintellektuellen "Weltverbesserern" wie Fassbinder distanzieren.

Nur wenige Filme mit bedeutenden Schauspielern
Wo aber ist dieser unbeugsame Geist in späteren Jahren geblieben? Warum hat sich Eichinger als Produzent nicht entschiedener für die Filmkunst eingesetzt?

Katja Eichinger: "Ich glaube, dass er zwischendurch manchmal das Gefühl hatte, dass er sich da verloren hat, da haben wir auch oft drüber geredet, gerade in den neunziger Jahren, die nicht gerade seine glücklichste Phase war."

Womöglich ist das auch der Grund, warum Eichinger mit bedeutenden Schauspielern wie Nina Hoss, Bruno Ganz, Ulrich Matthes oder Corinna Harfouch nur wenige Filme realisierte.

Katja Eichinger: "Wiedergefunden hat er sich eigentlich, als er sich wirklich eingebracht hat künstlerisch. Mit dem ‚Mädchen Rosemarie‘, seinem Regiedebüt, fing eine ganz neue Phase an und tatsächlich Zufriedenheit mit sich als Filmemacher hat er dann auch durch den ‚Untergang‘ und ‚Baader Meinhof Komplex‘ erlangt."

Bruno Ganz (Hitler): "Die Bombenangriffe auf unsere Städte haben auch ihr Gutes. Es ist viel einfacher, den Schutt wegzuschaffen als selbst alles niederzureißen. Wenn der Krieg erst mal gewonnen ist, dann wird das mit dem Aufbau ganz schnell gehen."

Umso mehr aber schmerzte den ehrgeizigen Kino-Mogul, dass ausgerechnet die Filme, die er als Produzent zu seinen besten zählt – "Der Untergang" und "Der Baader Meinhof Komplex" – nie den Oscar erhielten, sondern lediglich nominiert wurden. Vor allem aber war er enttäuscht über die scharfen Kritiker im eigenen Land.

Bernd Eichinger: "Also, es gab je viele Meinungen, die sagen, man darf eigentlich jemanden wie Hitler nicht wirklich in Szene setzen. Das halte ich für Unsinn. Man muss in der Lage sein, auch die eigene Geschichte zu betrachten."

Nicht zuletzt auch zu seiner eigenen Geschichte hatte Bernd Eichinger offenbar ein ganz besonderes Verhältnis. Ob Terminkalender, Tagesplaner, Postkarten, Kurzgeschichten aus Internatszeiten oder jahrzehntealte Horoskope: Alles hat der leidenschaftliche Sammler aufbewahrt.

Zur Freude der Nachwelt, lassen sich doch selbst einigen Dokumenten aus der Jugendzeit wertvolle Kommentare entnehmen. Was Bernd Eichinger in einer Randnotiz zu einer Geburtstagsrede über seinen Vater sagt, hätte er wohl genauso über sich selbst sagen können: "Die Zeit war knapp und der Beruf immer an erster Stelle."
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