Ein fesselnder Erzähler

Von Thomas Senne · 22.03.2013
Nicht nur um den berühmten flämischen Maler geht es in der Münchner Brueghel-Ausstellung, sondern auch um dessen einflussreiche Familie: Vater Pieter, Bruder Pieter und Sohn Jan. Gezeigt wird die künstlerische Entwicklung von Jan Brueghel dem Älteren und die Prägung der Marke "Brueghel".
Er gehört zu den bedeutendsten flämischen Malern um 1600. Doch ohne seinen Vater, Pieter Brueghel d. Ä, und dessen populären Schilderungen bäuerlichen Lebens hätte Jan Brueghel d. Ä. wohl nicht so schnell Erfolg gehabt. Deshalb beginnt die Münchner Ausstellung zunächst mit einer Würdigung von Pieter Brueghel d. Ä., dem Begründer der berühmten Künstlerfamilie. Dessen moralisierendes Werk "Schlaraffenland" steht am Anfang der Schau: eine Absage an Faulheit und Völlerei.

Jan Brueghel d. Ä. kann sich bald im Antwerpener Kunstbetrieb etablieren, indem er wie sein Bruder auch Arbeiten seines verstorbenen Vaters kopiert: ästhetische Fingerübungen. Jan entwickelt sich weiter, wählt kleinere Formate und setzt beim Bildaufbau eigene Akzente. 1598, kurz nach einer mehrjährigen Italienreise beendet er beispielsweise die jetzt präsentierte "Predigt Johannes des Täufers". Dabei hält sich der Künstler weitgehend an die väterliche Vorlage, erweitert allerdings durch Baumkronen den Raum über den Figuren, sagt die Kuratorin Mirjam Neumeister.

"Man kann die Pinselschrift von Jan Brueghel in unterschiedlicher Weise charakterisieren. Also: Er lehnt sich, nachdem er aus Italien zurückgekommen ist, erst mal deutlich - auch in der Motivwahl – an den Vater an, verfolgt aber doch eine sehr viel feinere Malweise. Im weiteren Verlauf sieht man doch, dass er zunehmend freier wird, zeichnerischer wird, offener in der Malweise ist. Und das, was ihn besonders charakterisiert, ist eben die Feinheit in der Detailschilderung, die Nuanciertheit."

Ausschließlich auf Holztafeln und Kupferplatten malt Jan Brueghel d. Ä. seine Landschaften, taucht die Horizonte in die Unendlichkeit verschwimmender Blautöne oder schildert in einer Fülle von Details Hafenstädte, in denen es von Schiffen und Menschen unterschiedlichster Herkunft nur so wimmelt. Burleske Dorffeste oder Marktimpressionen zählen zu den Motiven dieses Künstlers, aber auch Allegorien und Jahreszeiten-Darstellungen auf Rundbildern. Phantastische Arbeiten – etwa "Die Versuchung des hl. Antonius" - sind mit ihren monströsen Gestalten von Hieronymus Bosch inspiriert. Sie kommen im Oeuvre dieses Meisters ebenso vor wie historische Szenen. Bei "Das brennende Troja" hat der Maler als Vorlage auf eine in Braun und Blau lavierte Federzeichnung zurückgegriffen, auf der er während seiner Italienreise Rom mit Petersdom und Engelsburg verewigt hatte. Trotz aller Akkuratesse wirken diese Arbeiten jedoch nie pedantisch.

"Das ist eben das Faszinosum für uns gewesen, dass er unglaublich locker und spontan malt – wahnsinnig treffsicher. Der wusste ganz genau, wie er den Pinsel führen muss, um eine Figur zu gestalten oder um ein Motiv zu umreißen. Er ist ein wahnsinnig fesselnder Erzähler. Also, die Bilder laden ja richtig zu einer Reise ein. Man geht wirklich von dem Vordergrund in den Hintergrund. Es gibt unglaublich viel zu entdecken. Da gibt es einen Bauern, der ein Pferd aus dem Stall zieht. Da wäscht jemand seine Wäsche im Fluss. Da werden Fische verkauft. Es wird über den Kaufpreis verhandelt: ein unglaubliches Erzählen. Und das ist meiner Ansicht nach auch das, was ihn in besonderer Weise auch auszeichnet."

Ein Augenmerk richtet die Alte Pinakothek auch auf Gemälde, die Jan Breughel d. Ä. - wegen seiner umwerfenden Blumenstraußbilder ab 1605 als "Blumen-Brueghel" apostrophiert - gemeinsam mit Künstlerkollegen anfertigte. Eines dieser Hauptwerke ist die um 1618 vollendete "Madonna im Blumenkranz", eine Gemeinschaftsarbeit mit seinem Freund Peter Paul Rubens, erläutert Mirjam Neumeister.

"Man leitet ja heute ab, dass Rubens die sehr viel bekanntere Künstlerpersönlichkeit, so wirklich die prägende ist. Aber in der Wahrnehmung der Zeitgenossen ist das durchaus nicht so. Also beide Maler – und das sehen wir beispielsweise in der Beobachtung der Zusammenarbeit – dass sich Rubens und Brueghel absolut auf Augenhöhe begegneten. Also es gibt da nicht den kleinen Maler Brueghel, der mit dem Großformat-Maler Rubens zusammentrifft, sondern Brueghel kann das genauso."

Die Ausstellung präsentiert auch neueste Forschungsergebnisse bezüglich Datierung oder Zuschreibung bestimmter Werke und wirft mit Hilfe technischer Untersuchungsmethoden ebenfalls neues Licht auf die Malweise von Jan Brueghel d. Ä. und seiner Werkstatt. Eine grandiose Jahrhundertschau, die man sich keineswegs entgehen lassen sollte. 0.22

Die Alte Pinakothek in München besitzt einen weltweit einzigartigen Bestand mit Arbeiten des wegweisenden flämischen Barockmalers Jan Brueghel d. Ä. Sein Vater, Pieter Bruegel d.Ä., war ebenso Künstler wie sein Bruder Pieter Bruegel d. J. und sein Sohn Jan Brueghel d. J. Im Mittelpunkt der Ausstellung, die ab 22. März bis zum 16. Juni in der Alten Pinakothek München zu sehen ist und über hochkarätige Leihgaben verfügt – u.a. aus dem Prado oder den Uffizien - steht allerdings Jan Brueghel d. Ä. – neben Zeitgenossen und malenden Mitgliedern seiner Verwandtschaft.

Informationen der Alten Pinakothek München zur Ausstellung "Brueghel. Gemälde von Jan Brueghel d. Ä."
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