Biodiesel, Wasserstoff, E-Fuels

Welche synthetischen Kraftstoffe haben eine Zukunft?

Illustration : Die Hand eines Forschenden gießt aus einem Erlenmeyerkolben, in dem Pflanzen schwimmen, eine grüne Flüssigkeit auf einen Tanklastwagen.
Welcher Sprit setzt sich durch? Weil der Verbrenner nicht überall zu ersetzen ist, wird an alternativen Kraftstoffen für ihn geforscht. © Imago / Ikon Images
Wasserstoff, Biogas, Methanol, E-Fuels, Bio-Kraftstoffe aus Abfällen oder Pflanzen – die Alternativen zu Benzin, Diesel und Kerosin sind zahlreich. Mit welchen synthetischen Kraftstoffen werden Verbrennungsmotoren zukünftig betrieben?
Die Zeit fossiler Brennstoffe läuft ab. Auf der Straße gehört die Zukunft größtenteils den E-Autos. Anders ist es bei Schiffen und Flugzeugen, die auch mittelfristig noch Verbrennermotoren - wohl mit alternativen Kraftstoffen - brauchen werden. Die Anforderungen an den Sprit der Zukunft sind hoch. Er sollte sich am besten CO2-neutral herstellen und in ausreichender Menge produzieren lassen. Der Energieverbrauch bei der Herstellung darf zudem nicht zu hoch sein. Diese alternativen Treibstoffe stehen derzeit zur Verfügung:

Treibstoffe auf Pflanzenbasis

Unter der Abkürzung HVO wird unter anderem die Verarbeitung von Biomasse zu Treibstoff zusammengefasst. HVO steht für “Hydrotreated Vegetable Oil” (also hydriertes Pflanzenöl). Die erste Generation dieser alternativen Kraftstoffe nutzt dazu Nahrungs- oder Futtermittel, wie beispielsweise Pflanzenöle, Weizen, Mais und Raps.
Mit einem entsprechenden Verfahren wird die jeweils verwendete Biomasse mithilfe von Wasserstoff hydriert und dadurch chemisch verändert. Das Endprodukt hat nahezu identische Eigenschaften wie herkömmliches Benzin oder Diesel.
Vorteile: Die Pflanzen haben, bevor sie zu Kraftstoff verarbeitet werden, CO2 aus der Atmosphäre gezogen und in eingespeichert. Beim Verbrennen des Biosprits wird nur jene Menge Kohlendioxid ausgestoßen, die zuvor gespeichert wurde.
Nachteile: Für derartigen Biokraftstoff werden extra Pflanzen wie Raps oder Ölpalmen angebaute. Deren Verarbeitung für Treibstoff steht in der Kritik, denn sie stehen so nicht mehr als Nahrungsmittel zur Verfügung.
Die Organisation „Transport & Environment“ hat ausgerechnet, dass täglich 17.000 Tonnen Raps- und Sonnenblumenöl durch Autos in der EU verbrannt werden. Das seien umgerechnet rund 19 Millionen Flaschen Speiseöl. Über die Hälfte des Rapsöls in der EU fließt in die Tanks der Autos, während Millionen Menschen auf der Welt hungern.
In Deutschland ist Palmöl seit dem 1. Januar 2023 nicht mehr als Kraftstoffquelle zugelassen, weil der Ölpalmen-Anbau große Umweltschäden verursacht.
Derzeit ist die Produktion von pflanzenbasiertem Kraftstoff noch kostspielig, sodass auch das Endprodukt teuer ist. Das dürfte ein Grund dafür sein, warum HVO-Sprit meist nur zu etwa zwei Prozent dem konventionellen Kraftstoff beigemischt wird. Erlaubt wäre ein Anteil von bis zu 26 Prozent.

Bio-Kraftstoff aus Abfall, Plastik oder Klärschlamm

Keine Nahrungsmittel verbrauchen - frei nach dieser Maxime konzentriert sich die zweite Generation von HVO-Biokraftstoffen unter anderem auf die Verarbeitung von unterschiedlichen Reststoffen. Das dazu genutzte Verfahren heißt hydrothermale Verflüssigung. Dabei wird Biomasse unter Druck und bei hohen Temperaturen in Rohöl verwandelt. So kann beispielsweise altes Frittierfett mithilfe von Wasserstoff zu Flugbenzin veredelt werden. Schon heute werden manche Jets damit betankt.
Die Grafik zeigt die Länder mit der größten Produktion von Biokraftstoffen 2021.
Spitzenreiter USA: Die Vereinigten Staaten produzieren so viel Biokraftstoff wie kein anderes Land der Welt.© BP, EIA, IHS Markit, statista (Matthias Janson)
Für die Biospritproduktion können auch andere fettige Essensreste verwendet werden, wie sie unter anderem in Schlachtereien anfallen, aber auch Stroh, Algen oder Abfälle aus der Bier- oder Lederherstellung. Sogar Schlamm aus Kläranlagen kann zu Öl und anschließend zu Kerosin verarbeitet werden.
Es gibt zudem mehrere Projekte, in denen Plastikabfälle für die Produktion von Biotreibstoff genutzt werden. Dabei wird mit der hydrothermalen Verflüssigung das für die Plastikproduktion verwendete Erdöl zurückgewonnen. So kann es zu neuen Kraftstoffen oder Chemikalien verarbeitet werden.
Vorteile: Es wird ausschließlich Biomasse verwendet, die als Neben- oder Abfallprodukt anfällt. Anders als bei der ersten Generation von Biokraftstoffen werden keine potenziellen Nahrungsmittel verschwendet.
Ebenfalls ein Vorteil: Die Produktionskosten sind bereits konkurrenzfähig. So hat die Universität Aarhus errechnet, dass die Herstellung von Rohöl aus Klärschlamm in kommerziellen Anlagen für einen Marktpreis von 90 Euro pro Barrel möglich wäre. Das liegt nur etwas über dem derzeitigen Preis für Erdöl.
Nachteile: Zwar kann aus altem Frittierfett z. B. HVO-Diesel hergestellt werden. Doch davon ist die verfügbare Menge begrenzt. Zudem führt die Verarbeitung von Pommesfett zu Biodiesel mitunter zu absurden Phänomenen, erläutert Daniel Münter vom Institut für Energie- und Umweltforschung: Seinen Beobachtungen zufolge erzielt gebrauchtes Frittenfett, das aus der Fritteuse kommt, nicht selten einen höheren Marktpreis als das Pflanzenöl, das zuvor in die Fritteuse gefüllt worden ist.
Ebenfalls ein Gegenargument: Beim Verfahren der hydrothermalen Verflüssigung entsteht verunreinigtes Wasser, dessen Säuberung und Entsorgung teuer ist. Anders beim Klärschlamm. Würde dieser direkt an den Kläranlagen für die Spritproduktion verarbeitet, könnte man das Wasser in der Kläranlage umgehend wieder reinigen. Auch die Kosten für die Schlammentsorgung würden stark reduziert.  

E-Fuels

Sogenannte E-Fuels sind chemisch hergestellte Kraftstoffe, die ebenfalls dabei helfen könnten, die große Abhängigkeit des Verkehrssektors von fossilen Brennstoffen zu reduzieren.
Vorteile: Anders als biobasierte Kraftstoffe könnten E-Fuels theoretisch in unbegrenzter Menge produziert werden. Auch große Ackerflächen und Dünger werden für die Herstellung nicht gebraucht.
Nachteile: Flugzeuge mit E-Fuels fliegen zu lassen, hat gleich mehrere Haken. Die Treibstoffe sind teuer in der Herstellung, energieintensiv und recht ineffizient: Nur etwa ein Drittel der eingesetzten Energie bleibt letztlich in Form von Kraftstoff übrig.

Wasserstoff

Wasserstoff kann ebenfalls – und sehr vielfältig – für die Produktion von alternativen Kraftstoffen genutzt werden.
Bereits Ende dieses Jahrzehnts will beispielsweise Airbus einen Flugzeugprototypen vorstellen, der auf Basis von Wasserstoff durch die Lüfte gleitet. Der nötige Wasserstoff soll durch Elektrolyse gewonnen werden: Dabei wird Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Sogenannter grüner Wasserstoff entsteht dann, wenn der Elektrolysestrom aus regenerativen Quellen stammt.
Wie der Wasserstoff letztendlich im Flugbetrieb verwendet wird, hängt davon ab, wie die Flugzeuge eingesetzt werden sollen, beispielsweise auf Kurz- oder Langstrecken. Wasserstoff kann einerseits in modifizierten Gasturbinen-Triebwerken verbrannt werden. Er kann aber auch von Brennstoffzellen in elektrischen Strom umgewandelt werden.
Vorteile: Die Luftfahrtbranche – bislang einer der großen CO2-Emittenten – würde nahezu klimaneutral.
Nachteile: Die Technik hinter wasserstoffbetriebenen Triebwerken oder E-Propellern, die über eine mit Wasserstoff versorgte Brennstoffzelle ihren Strom beziehen, ist bislang nicht ausgereift. Die Serienreife ist nicht absehbar.
Eine große Herausforderung ist, den Wasserstoff im Flugzeug zu transportieren. Dieser muss an Bord entweder unter hohem Druck oder stark gekühlt flüssig gehalten werden. Möglich wäre letzteres nur bei minus 250 Grad Celsius oder kälter.
Ein weiterer Nachteil: Auch wenn ein Wasserstoffflugzeug kein Kohlendioxid ausstößt und bei der Verbrennung von Wasserstoff nur Wasserdampf entsteht, ist bislang nicht klar, welche Auswirkungen solche Flugzeuge in großen Höhen auf das Klima haben werden. Denn induzierte Wolkenbildung durch Wasserdampf bzw. Wasserausstoß in die Atomsphäre kann einen Klimaeffekt haben.

Methanol

Batteriebetriebene Elektroautos sollen den Verkehr klimaverträglich machen, haben aber bislang eine im Vergleich zu Verbrennern geringere Reichweite und lange Ladezeiten. Eine Alternative wäre die mit Methanol betriebene Brennstoffzelle. Das Prinzip: Das Auto erzeugt den benötigten Fahrstrom selbst aus Methanol, einem alkoholischen Treibstoff.
Vorteile: Klimafreundliche Elektrofahrzeuge könnten auch dort betrieben werden, wo es auf absehbare Zeit keine ausgebaute Ladesäuleninfrastruktur und nicht genügend grünen Strom gibt. Mit Methanol ist das möglich. Dieses kann überallhin transportiert und an jeder Tankstelle angeboten werden. Der Tankvorgang für einen Pkw würde nur wenige Minuten dauern.
Nachteile: Die Automobilbranche zeigt bislang nur geringes Interesse an der Technologie. Bisher gibt es nur wenige Leuchtturmprojekte, die sich um Methanol-Brennstoffzellen bemühen. Zudem verbraucht die Herstellung von grünem Wasserstoff und dessen Veredelung zu grünem Methanol viel zusätzlichen Strom. Somit ist die Technologie deutlich ineffizienter als Batterien, die direkt aus dem Stromnetz geladen werden.
Quellen: Manuel Waltz, Jan-Uwe Stahr, Institut für Energie- und Umweltforschung, „Transport & Environment“, jma
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