200. Todestag des Romantikers

„Harry Potter ist ohne E.T.A. Hoffmann nicht zu denken“

07:52 Minuten
Eine düstere Lithografie von Hugo Steiner-Prag mit der Darstellung E.T.A. Hoffmanns als einem Mann, der mit Umhang und einem Zylinder auf dem Kopf durch eine Tür kommt, um 1800.
Der Gedanke E.T.A. Hoffmanns – hier auf einer Lithografie dargestellt – schlechthin sei, so Bunzel: Wir können aus unserer Alltagsrealität durch eine geheimnisvolle Tür in eine neue Welt gelangen. © Getty Images / ullstein bild via
Wolfgang Bunzel im Gespräch mit Ute Welty · 25.06.2022
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Obwohl er bereits 1822 gestorben ist, beeinflusst der romantische Zeichner, Dichter und Komponist E.T.A. Hoffmann noch heute Kunst und Kultur. In Filmen, Animes, Computerkunst und Literatur gebe es viele Bezüge, sagt der Forscher Wolfgang Bunzel.
Am 25. Juni 1822 – vor 200 Jahren – starb der Zeichner, Dichter und Komponist E.T.A Hoffmann. Seine schwarze Romantik hat aber bis heute Einfluss auf die Kunst. So ist beispielsweise kaum ein Autor so häufig verfilmt worden wie E.T.A. Hoffmann. Seine Spuren finden sich unter anderem auch in Werken des Regisseurs Fritz Lang, des Schriftstellers Ingo Schulze und der Band Rammstein.
Der Grund sei die „überbordende Fantasie“ des Romantikers Hoffmann, sagt Wolfgang Bunzel, Literaturprofessor und Leiter der Abteilung Romantikforschung im Freien Deutschen Hochstift in Frankfurt am Main, eine der ältesten deutschen Kulturinstitutionen. Man staune noch heute, wenn man etwa Hoffmans Texte liest, was er sich alles hat einfallen lassen, so Bunzel, Experte für Literatur der Romantik.

E.T.A. Hoffmann ist ja nichts anderes als der Erfinder der modernen Fantastik und öffnet im Grunde damit die Türen für die Moderne und damit natürlich auch schon für die modernen Medien des 20. und 21. Jahrhunderts.

Die unbekannten Welten sind so nah

Das sei zunächst der Film, aber zum Beispiel auch der Bereich der Animes. In der Musik, aber auch in der Computerkunst nähmen viele Bezug auf E.T.A. Hoffmann. „Man merkt, dass er seiner Zeit sehr stark voraus war.“
So habe er auch eines der erfolgreichsten literarischen Werke unserer Zeit beeinflusst, erklärt Bunzel. „Ich würde mal sagen, Harry Potter ist ohne E.T.A. Hoffmann nicht zu denken, auch wenn es vielleicht keine ganz direkte Verbindungslinie gibt.“ Die „konsistente Vorstellungswelt, die Joanne K. Rowling entwickelt“, erinnere sehr an Hoffmanns Fantasiewelten und sei gewissermaßen das Tor in eine andere Dimension.

Das ist der Hoffmannsche Gedanke schlechthin, dass wir in unserer Alltagsrealität leben und eigentlich unser Sensorium nur schärfen müssen. Und dann finden wir sozusagen zum Beispiel einen geheimnisvollen Bahnsteig oder eine geheimnisvolle Tür. Und dahinter beginnt eine neue und ganz unbekannte Welt.

Zwischen Welten

Das mache Hoffmann auch so aktuell: „Die Faszination, dass er das Wunderbare und das Fantastische ganz nah an das Alltägliche heranrückt, sodass es im Grunde nur ganz kleiner Verschiebungen bedarf, um von einem in das andere zu kommen.“ Diese Wahrnehmung sei uns heute sehr nah, „dass wir im Grunde immer in mindestens zwei verschiedenen Welten leben“.
Ihn selbst fasziniere an Hoffmanns Werk, sagt Bunzel, dass E. T. A. Hoffmann immer wieder die Grenzen des Menschseins befrage – vor allem die Grenze zwischen Mensch und Tier auf der einen Seite und die von Mensch und Maschine auf der anderen. Damit habe er zum ersten Mal Fragen gestellt, die heute noch relevant seien. So gingen die heutigen Fantasien von Automaten und künstlichen Menschen stark auf E.T.A. Hoffmann zurück.

Einen Überblick über unsere Beiträge anlässlich des 200. Todestages von E.T.A. Hoffmann finden Sie hier.

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