Dlf-Kultur-Spontankonzert

Schaulauf der Klavier-Klassiker: Frank-Immo Zichner spielt Haydn, Mozart und Beethoven

Der Pianist lehnt sich vorsichtig an den geöffneten Flügel.
Frank-Immo Zichner spielt heute für Sie, auch wenn die Zuschauerbänke in der Jesus-Christus-Kirche in Berlin-Dahlem leer bleiben. © Frank-Immo Zichner / Bettina Straub
Moderation: Mascha Drost · 22.04.2020
Die Trias der Wiener Klassik dominiert das Programm: Frank-Immo Zichner spielt Sonaten von Haydn, Beethoven und Mozart, Werke voller genialer musikalischer Einfälle, die zeigen, warum die Trias Wien um 1800 derart dominierte.
Deutschlandfunk Kultur bietet auch in diesen Tagen einzigartige Konzerte, und zwar "live" - veranstaltet unter den gebotenen Bedingungen.

Wiener Klassik-Stars

Es ist ein berühmter Stammbucheintrag, den Graf von Waldstein hinterließ. Er bescheinigte seinem Freund Beethoven, dass er "Mozarts Geist aus Haydns Händen" erhalten habe - geniale Voraussicht auf eine große Karriere. Unter diesem Motto steht auch der Abend in der leeren Jesus-Christus-Kirche, in der die Mikrophone für Sie aufgestellt sind.
In einer leeren Kirche wird buntes Licht auf einen Flügel mit Pianisten geworfen.
Geisterkonzert unter Mikrophonen mit Frank-Immo Zichner, Klavier.© deutschlandfunk / Cornelia de Reese
Wie hatte sich Leopold Mozart um seinen Sohn Wolfgang Amadeus gesorgt, hatte Reisen organisiert, Konzertmöglichkeiten bei potentiellen Arbeitgebern arrangiert, Schaulaufen in Adelshäusern ermöglicht. Und doch ging der Sohn den eigenen Weg Richtung Wien, um als freier Künstler dort tätig zu werden.

"Papa, ich schaffe es doch!"

Und Wolfgang konnte sich in kurzer Zeit in Wien etablieren. Nachdem er zwei Jahre in der Metropole geweilt hatte, machte er sich auf den Weg Richtung Heimat, um dem Vater persönlich von seinen Erfolgen zu berichten. Zu Hause in Salzburg komponierte er weiter für kommende Auftritte in Wien. So entstand unter anderem die F-Dur-Sonate, KV 332. Einfachheit und Virtuosität verband er erneut in seiner so typischen Art. Hervorstechend ist der langsame Mittelsatz voller entwaffnender Lyrik. Das Finale endet dann als tour de force für den Pianisten. Nicht zuletzt gilt das Werk als eine der schwersten Sonaten des Komponisten.

Beethoven, der Fantasierende

15 Jahre später, 1798, war auch Beethoven seit einiger Zeit schon in Wien und erkämpfte sich seinen Platz im Musikgeschäft. Vor allem wusste er sein Publikum mit seinen Variationen zu beeindrucken. Doch es mussten noch zwei Jahre vergehen, bis er sich als Sinfoniker dem Publikum vorstellen konnte. Die drei Sonaten op. 10 widmete er der Gattin eines wichtigen Gönners: Gräfin Anna Margarete von Browne.
Das freie Spiel, das Fantasieren, spiegelt sich auch in der dritten Sonate, die als die gewichtigste unter den dreien gilt. Im ersten Satz reiht sich ein Thema an das andere. Aus wenigen Akkord-Anschlägen entwickelt sich im Anschluss einer der dunkelsten Largo-Sätze Beethovens. Und auch hier scheint sich die Musik suchend und tastend zu entwickeln hin zu einer Mozartschen Schlichtheit, die ihre Wirkung nicht verfehlt.
Blick durch den geöffneten Flügel auf das vertiefte Gesicht des Pianisten, der gerade spielt.
Frank-Immo Zichner spürt den Fantasie-Momenten in Beethoven nach.© Frank-Immo Zichner / Bettina Straub
Der vierte Satz ist wieder ein großes Schaulaufen für den Pianisten, ein Feuerwerk mit furiosen Läufen, das immer wieder von statischen Passagen unterbrochen wird. So etwas kannte Wien bis zu diesem Tag noch nicht.

Brillantes Finger-Spielzeug aus der Haydn-Werkstatt

Sie kam aus Deutschland und eroberte ganz London mit ihrem Klavierspiel: die Pianistin Therese Jansen-Bartolozzi. Für sie komponierte Haydn etliche Sonaten. Haydn setzte dabei das Können der Pianistin wunderbar in Szene, mal mit brillanten Läufen und Trillern, mal mit vollgriffigen Akkordkaskaden und dann wieder mit verblüffend zarten Melodien.
Die beiden Hände des Komponiste in Nahaufnahme auf den Tasten spielend.
Frank-Immo Zichners "Handwerkzeug".© Frank-Immo Zichner / Bettina Straub
Am berühmtesten an dieser Es-Dur-Sonate ist das Finale mit seinen launigen Repetitionen einzelner Töne, die rasante Finger brauchen.

Auch Schumann versucht sein Glück in Wien

Auch Robert Schumann sucht 40 Jahre später Wien auf, um hier eine Musikzeitschrift zu gründen. Doch die Zensur in der Metropole macht ihm Ärger. Und: er ist von seiner Clara getrennt, der er regelmäßig schreibt. So berichtet er von seinen Kompositionen, von einer Art Variation, "aber über kein Thema: Guirlande will ich das Opus nennen; es verschlingt sich Alles auf eigene Weise durcheinander." So beschreibt er das spielerisch Ornamentale seiner Komposition recht treffend.
Blick von oben auf ein Klavier mit Pianisten, auf den Mikrophone gerichtet sind.
Alle Mikrophone sind auf Klavier eingestellt, gespielt von Frank-Immo Zichner.© deutschlandradio / Cornelia de Reese
Die endgültige Bezeichnung Arabesque entlehnt er dann dem Bereich der bildenden Kunst. Die Arabesque kann er in Wien veröffentlichen, auch andere Werke, die er wie im Schaffensrausch dort komponierte. Doch schon nach wenigen Monaten kehrt er enttäuscht der Stadt den Rücken.
Im Gespräch schildert Frank-Immo Zichner das eigene Erleben der Corona-Situation und beschreibt sein Programm.
Live aus der Jesus-Christus-Kirche Berlin
Wolfgang Amadeus Mozart
Sonate F-Dur KV 332
Ludwig van Beethoven
Sonate D-Dur op. 10 Nr. 3
Joseph Haydn
Sonate Es-Dur Hob. XVI:52
Robert Schumann
Arabesque C-Dur op. 18
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