Dita Zipfel: "Brummps"

Ein Mistkäfer auf Identitätssuche

Auf dem Buchcover ist die Illustration eines großen Mistkäfers zu sehen. Auf seinen Rücken ist der Buchtitel sowie die Autorinnen gemalt. Außerdem tanzen dort kleine Ameisen.
© Hanser Verlag

Dita Zipfel, Bea Davies

Brummps. Sie nannten ihn AmeiseHanser, München 2022

129 Seiten

15,00 Euro

Von Sylvia Schwab |
Johnny fühlt sich fremd im Ameisenstamm. Zusammen mit seiner besten Freundin macht er sich auf die Suche nach einer neuen Heimat. Er findet seine Stärken und die Liebe.
„Brummps“ - schon der Titel von Dita Zipfels neuem Kinderbuch katapultiert uns mitten hinein in eine originelle Geschichte voller Wortneuschöpfungen und Sprachspielereien. In ein Kinderbuch, das von den ganz großen Themen Liebe, Freundschaft und Tod erzählt, dies aber aus Käfer- bzw. Kinderperspektive. Wodurch zwar nichts seine Bedeutung verliert, aber das Pathos.

Allein unter Ameisen

Johnny Mistkäfer wurde als Baby von einem Ameisenstamm gerettet, seitdem halten ihn alle – auch er selbst sich – für eine Ameise. Dass er schlecht sehen und riechen kann, dass er viel zu groß und unbeweglich ist, macht ihn zum Außenseiter. Nur seine Freundin Butz hält immer zu ihm und richtet ihn auf, wenn er mal wieder gemobbt wurde und traurig ist.
Als Johnny immer öfter von einem tiefen inneren Beben und Brummen überwältigt und eine ansteckende Krankheit diagnostiziert wird, entschließt er sich, seine Ameisenfamilie zu verlassen. Doch er hat die Rechnung ohne die kluge Freundin Butz gemacht.

Suche nach neuer Heimat

„Gib jedem Problem die Chance, dein Sprungbrett ins Glück zu sein“ – das ist Butz‘ Lebensmotto. Und Butz hat recht, Johnnys Schwächen erweisen sich auf der gemeinsamen Suche nach einer neuen Heimat als „Stärken am falschen Ort“. Hier, auf Wanderschaft, entdeckt Johnny seine Flügel und damit auch seine wahre Käfer-Identität, er rettet die Freundin, wird selbst gerettet und findet die Liebe.
Es gibt unzählige Kinderbücher zum Thema Außenseitertum, Vorurteil, Mobbing und Freundschaft mit kindgemäßem Happyend. Das ganz Besondere an Dita Zipfels „Brummps“ nun liegt in seiner innigen, aber nie kitschigen Naturnähe und in seiner zauberhaft-zarten Komik.

Die Natur denkt und erzählt

Allwissender Erzählerin ist – erstaunlich genug – die Natur selbst. Als Mittlerin zwischen Käfer- und Leserleben erklärt und kommentiert sie Johnnys Gefühle und Erlebnisse auf eine so leise, feinfühlige und eindringliche Weise, dass man völlig vergisst, dass es sich „nur“ um einen dicken Krabbler handelt.
Ihre Selbstbeschreibungen sind eindringliche und mitreißende Naturschilderungen, Poesie pur. Und indem sie das Erzählen selbstironisch thematisiert und reflektiert, liefert sie uns auch wie nebenbei eine kleine Poetik der Autorin.

Skurril, kreativ und temporeich

So skurril und kreativ wie Dita Zipfel Text ist auch die gesamte Buchgestaltung von Bea Davies. Ihre schwarz-weiß-orangen Bilder illustrieren den Text nicht nur, sie sind ein unverzichtbarer und quirlig-witziger Bestandteil der Geschichte. Sie setzen verblüffende Akzente und spritzige Pointen, beeindrucken, erstaunen und bezaubern.
„Brummps“ ist ein temporeiches, herrlich verrücktes und zugleich tief wahres Kinderbuch voller schlagfertiger Dialoge, flotter Formulierungen, wunderbarer Sprüche und Lebensweisheiten. Eine beglückende Geschichte mit einem tiefen Verständnis für Lebewesen, die anders sind als ihre Umwelt es von ihnen erwartet.
Nur eine ameisenminikleine Schwäche hat es: Für Sechsjährige ist es noch zu komplex. Wirklich lieben werden es erst die etwas Älteren – aber wie!
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