Diskriminierung in den USA

Die Debatte endet nicht mit Ferguson

Polizeiauto vor einem brennenden Geschäftshaus in Ferguson (US-Bundesstaat Missouri) in der Nacht zum 25. November
Ausschreitungen hatten Ferguson seit Montag erschüttert, nachdem keine Anklage wegen der tödlichen Schüsse auf Michael Brown erhoben wurde. © dpa / picture alliance / Tannen Maury
Von Marcus Pindur · 27.11.2014
Die Situation in Ferguson hat sich nach den Ausschreitungen wieder beruhigt, die Aufräumarbeiten haben begonnen. Doch das Thema Diskriminierung von Afroamerikanern ist damit nicht erledigt. Die Rufe nach Veränderung richten sich an den ersten schwarzen US-Präsidenten, der in den Augen vieler Bürger versagt hat.
Die Auseinandersetzung um den Tod des 18-jährigen Michael Brown betrifft die schwarzen Bürger Amerikas im Kern ihrer zivilen und persönlichen Identität: Sie sind mehrheitlich davon überzeugt, dass die Justiz und die Polizeibehörden nicht fair gegenüber Schwarzen vorgehen. Tiefe Zweifel am Rechtsstaat sind in der schwarzen Community an der Tagesordnung – über zwei Drittel misstrauen laut einer Umfrage des "Pew Institutes" der Polizei. Daran hat auch der erste schwarze Präsident in der Geschichte der USA nichts ändern können, der so viele Hoffnungen auf eine Versöhnung Amerikas mit sich selbst geweckt hatte.
"There is not a black America, and a white America, and a Latino America, and an Asian America, there is only the United States of America."
Für Cornel West, Professor für African American Studies an der Princeton Universität, ist diese Vision in Ferguson gescheitert.
"Ferguson markiert das Ende des Obama-Zeitalters, das ist ein sehr trauriges Ende. Es begann mit so viel Hoffnung und endet in Verzweiflung."
Hohe Erwartungen an Obama
Diese Resignation ist zum Teil auf übertriebene Hoffnungen auf dem linken Flügel des politischen Spektrums an die Obama-Präsidentschaft zurückzuführen. Pragmatischere Kritiker wie der Präsident der ältesten schwarzen Bürgerrechtsorganisation, der NAACP, Cornell Williams Brooks, meinen, dass die Probleme rassischer Gleichberechtigung vor der Obama-Präsidentschaft da waren und lange nach ihr noch da sein werden. Der Einfluss des Präsidenten sei begrenzt. Ein Hauptproblem ist für Brooks eine Justiz- und Polizeikultur, die Salz in seit Langem nicht verheilte Wunden streue.
"Schwarze Männer tragen ein 21 Mal höheres Risiko, von einem Polizisten erschossen zu werden als weiße Männer. Jeder vierte Afroamerikaner berichtet, von Polizisten schikaniert worden zu sein. Das sind Fakten. Es geht also nicht so sehr darum, ob der Präsident den richtigen Ton trifft, es geht um reale Veränderungen unseres Justizsystems, die die Werte unserer Verfassung reflektieren."
Der Meinungsforscher Carroll Doherty von Pew Research hält ebenfalls die Polizei- und Justizebene der amerikanischen Gesellschaft für das größte Problem.
"Es ist auffallend, dass Schwarze nicht so sehr Diskriminierung am Arbeitsplatz oder im Alltag beklagen. Am meisten fühlen sie sich durch das Verhalten der Polizei diskriminiert."
Kein Lobbyist für Afroamerikaner
Daran hat sich auch unter Barack Obama nicht viel geändert. Obama hatte sich nie als Lobbyist des schwarzen Amerikas im Präsidentenamt verstanden - er achtete stets darauf, als Präsident aller Amerikaner aufzutreten. Von einem Reporter gefragt, ob er demnächst nach Ferguson fahren werde, antwortete Obama dementsprechend ausweichend.
"Let´s see how things are going..."
Doch Obama ließ auch Sympathie mit den Anliegen der Demonstranten in Ferguson erkennen. Dies sei nicht nur ein Problem der Kleinstadt in Missouri, sondern ganz Amerikas, erklärte der Präsident. Die NAACP setzt weiterhin auf den klassischen Weg gesetzlicher Reformen. Als Nächstes will sich die Bürgerrechtsorganisation für ein Gesetz einsetzen, dass "racial profiling", die Polizeikontrolle aufgrund der Hautfarbe, endgültig bundesweit verbietet.
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