Digitaler Lebensraum

Auf dem Weg zum Internet mit Gemeinwohl-Orientierung

Auf Smartphone sind Apps "facebook", "whats app", "instagram", "Twitter", "Tumblr", "Snapchat" und "Messenger" zu sehen.
Soziale Netze: Fluch und Segen zugleich © dpa/Britta Pedersen
Christine Horz im Gespräch mit Ute Welty · 13.06.2018
Wie lassen sich Internet und soziale Medien produktiver für Demokratie und Gesellschaft nutzen? Die Komumnikationswissenschaftlerin Christine Horz fordert mehr staatlich finanzierte Bildung - und schlägt ein öffentlich-rechtliches Internet vor.
Internet, soziale Medien, Netzwerke: Was an sich eine tolle Sache ist, fällt uns nicht selten auf die Füße. Haß, Unwahrheiten und Verleumdung vergiften dann das Klima. Dabei könnte der digitale Raum genutzt werden, um Demokratie und öffentliches Leben zu gestalten. Die sozialen Netzwerke böten viel Potenzial, bürgerschaftliches Engagement zu stärken, meint die Kommunikationswissenschaftlerin Christine Horz von der Ruhr-Universität Bochum. Das werde aber noch viel zu wenig genutzt, kritisierte sie im Deutschlandfunk Kultur.
Horz fordert, dass der Umgang mit Internet und sozialen Medien gelernt wird: durch "institutionalisierte Bildung". Damit könne man schon im Kindergarten anfangen. Sie sieht hier den Staat in der Pflicht - die Bildung in Sachen digitaler Raum sollte öffentlich finanziert werden. Vom momentan üblichen Sponsoring großer Unternehmen hält sie nichts - denn es müsse in diesem Kontext "der Bürger, und nicht der Verbraucher" angesprochen werden.

Den Bildungsauftrag ins digitale Zeitalter tragen

Eine besondere Rolle dabei schreibt Horz den öffentlich-rechtlichen Medien zu. Diese sollen ihrer Meinung nach ihren Bildungsauftrag weiter fassen, umschreiben, neu formulieren und damit "ins digitale Zeitalter tragen". Horz stellt sich "European Public Open Spaces" vor: ein öffentlich-rechtliches Internet mit "Gemeinwohl-Orientierung", das den gesamten europäischen Raum umspannen soll. In diesem Raum könnten dann die öffentlich-rechtlichen Medien mit anderen Institutionen wie Museen, Schulen und Hochschulen, Archiven und zivilgesellschaftlichen Organisationen kooperieren. Auf den Plattformen sollen dann auch öffentliche, demokratische Debatten stattfinden.
Dr. Christine Horz, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medienwissenschaften an der RUB.
Christine Horz: den Bürger, nicht den Verbraucher ansprechen© © privat
Die Politik müsse nun erst einmal den politischen Willen formulieren, dass sie das Verhältnis von Medien und Bürgern neu aufstellen wolle, sagte Horz: "Dass überhaupt erst mal klar ist, dass da ein Problem ist, das gelöst werden muss". Die künftige Medienpolitik müsse den Bürger mitnehmen und ihn in die politischen Prozesse einbinden, forderte sie - "statt wie ihn bisher davon auszuschließen". Der Bürger sei von der Medienpolitik momentan "total abgekoppelt" und bekomme am Ende von Entscheidungsprozessen immer nur ein "Ergebnis präsentiert, mit dem er nichts zu tun hat". (ahe)
Mehr zum Thema