Digital trauern

QR-Codes auf Grabsteinen

Jeder kann nun erfahren, wer der Verstorbene war: Die auf dem Handy sichtbare Internetseite wird über den QR-Code auf dem Grabstein angesteuert
Jeder kann nun erfahren, wer der Verstorbene war: Die auf dem Handy sichtbare Internetseite wird über den QR-Code auf dem Grabstein angesteuert © picture alliance / dpa / Bernd Weißbrod
Alexander Helbach im Gespräch mit Dieter Kassel · 21.11.2018
Das Leben wird immer digitaler. Und der Tod jetzt auch: Wer über Friedhöfe geht, findet inzwischen QR-Codes auf Grabsteinen. Und wer unbedingt will, kann seine Bestattung auch live im Internet übertragen lassen.
Es gibt sie schon seit ein paar Jahren. Nicht in Massen, aber hier und da stolpert man darüber, wenn man über deutsche Friedhöfe geht: QR-Codes auf Grabsteinen.
Wer will, kann das Handy zücken und den Code scannen. In der Regel öffnet sich dann eine Internetseite, auf der Bilder, Videos und Texte den Verstorbenen porträtieren. Vielleicht findet man auch einen Trauer-Chat.

Menschen geben immer mehr von sich preis

Ist das fragwürdig? Oder normal? Alexander Helbach, Sprecher von Aeternitas, einer "Verbraucherinitiative Bestattungskultur", tendiert klar zu Letzterem. Die Menschen lebten immer digitaler und gäben auch immer mehr von sich preis, sagte er im Deutschlandfunk Kultur. Warum also nicht auch nach dem Tod noch digital präsent sein?
Zwar ist der QR-Code auf Grabsteinen noch ein "absolutes Randphänomen", aber: "Wer weiß, was in 10, 20, 30 Jahren ist, wo die Menschen doch immer mehr online sind? Das Thema bleibt in jedem Fall spannend."
Grabsteine bei einem Steinmetz
Klassische Grabsteine bei einem Steinmetz in Berlin: Künftig werden einige von ihnen wohl mit QR-Codes ausgestattet werden© picture alliance/dpa/Foto: Jens Kalaene
Laut Helbach versuchen immer mehr Menschen, einen eigenen Weg für ihre Trauer zu finden. Trauer individualisiere sich, betonte er. In England und den USA würden Begräbnisse von Bestattungsinstituten auch schon live ins Internet übertragen: "Damit auch die Menschen dabei sein können, was ja heutzutage gar nicht so selten ist, die in anderen Ländern oder Erdteilen wohnen."
Der Enkel in Australien braucht künftig also kein Flugticket mehr − und muss nur noch den Computer einschalten oder aufs Smartphone gucken, um an der Bestattung von Oma in Deutschland teilzunehmen.

Aufhalten lässt sich die Idee nicht mehr

Technisch sind QR-Codes auf Grabsteinen im Übrigen kein Problem. Viele Steinmetze arbeiteten inzwischen mit Sandstrahlgeräten, sagte Helbach. Damit könnten sie "extrem präzise" arbeiten. Einen QR-Code in den Stein zu fräsen, sei "überhaupt kein Problem".
Aufhalten lässt sich die Idee wohl nicht mehr. In Köln habe die Friedhofsverwaltung die Codes verbieten wollen, berichtete Helbach. Und habe das dann aber nach Intervention von Aeternitas und einem Steinmetz dann doch nicht getan. Man sei zusammen mit der Verwaltung zu dem Schluss gekommen, "dass sich das eigentlich nicht verbieten lässt", sagte Helbach.
"Es gab natürlich − wie häufig bei neuen Entwicklungen − anfangs gewisse Vorbehalte", sagte Helbach: "Aber ich denke, die werden mit der Zeit ausgeräumt werden."
(ahe)
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