Digital Fabricator

Essen aus dem 3D-Drucker

Nudeln mit karamellisierten Tomaten, Knoblauch und Basilikum auf einem Teller, fotografiert am 11.08.2013 in Berlin.
Spaghetti mit karamellisierten Tomaten, Knoblauch und Basilikum. Eine spanische Firma will 2015 einen 3D-Drucker anbieten, der Speisen produziert. © picture alliance / dpa / Jens Kalaene
Von Udo Pollmer · 16.01.2015
Fabber steht für Digital Fabricator. Damit sind 3D-Drucker gemeint, mit denen man alle möglichen Gegenstände selbst herstellen kann - und sogar Nahrungsmittel. Forschung und Industrie arbeiten daran. Udo Pollmer vergeht der Appetit.
Seit letztem Jahr geistert ein neuartiges Küchengerät durch die Medien, ein Gerät, das nach den Worten von Experten das Zeug habe, die 3. Industrielle Revolution einzuleiten. Gemeint sind Küchenfabber. Der Fabber ist eine Art Drucker, der dreidimensionale Produkte fabriziert, das Wort ist die Kurzform von Digital Fabricator. Die Entwicklung wurde vor allem durch die Fortschritte der Nanotechnologie beflügelt. Wenn die einzelnen Komponenten klein genug sind – so die Idee –, dann ließen sich damit nicht nur Leiterplatten für elektronische Geräte "drucken", sondern sogar aus winzigen Körperzellen ganze Organe. Die Vision ist zweifellos faszinierend.
Schokokekse, Salami-Pizza oder Cheeseburger – gedruckt
Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Derzeit nutzen vor allem Architekten und Designer 3D-Drucker, um aus Kunststoff- oder Metallpartikeln Modelle ihrer Kreationen zu "drucken". Dabei werden schichtweise Haftmittel und Farbmaterial aufgetragen oder Chemikalien, die aus einer Vielzahl von Druckköpfen in Kleinstmengen dosiert und dann mit UV-Licht gehärtet werden. Auch wenn die Technik bisher eher zur Herstellung von Gartenzwergen taugt, so erhofft man sich langfristig auf diesem Wege zahlreiche Produkte des Alltags fertigen zu können, angefangen von Socken über Werkzeuge bis hin zu elektronischen Geräten.
Mit viel Elan wenden sich die Fabberforscher so simplen Dingen zu wie der Zubereitung von Speisen. Eine spanische Firma will noch dieses Jahr einen Küchenfabber auf den Markt bringen. Ihr Slogan: "Echtes Essen – 3D-gedruckt." Der Kunde stellt sich in einer virtuellen Speisekarte sein Menü zusammen. Der Fabber lädt das Rezept aus dem Internet und setzt die Bestellung um: Je nach Gusto gibt’s dann Schokokekse, Salami-Pizza oder Cheeseburger frisch aus dem Drucker. Doch wahrscheinlicher als "echtes Essen" wird es in kulinarischer Hinsicht wohl eher ein echter Flop werden. Das Projekt klingt ein wenig spacig: Nicht umsonst soll die Raumfahrt von den Geräten profitieren.
Egal wie das Resultat schmeckt, wer sich aus Tuben ernähren müsse, sei dankbar für einen Keks aus dem Fabber. Doch in der Raumfahrt ist der Tubenfraß längst passé. Die Astronauten haben ihn einfach nicht gegessen, sie haben lieber den Hunger ertragen als den ernährungswissenschaftlich ausgewogenen Brei zu schlucken. Auch auf die internationale Raumstation ISS kommt nur noch Essen, das die Astronauten mögen – damit sie arbeitsfähig bleiben. Ein Speisefabber wäre Weltraumschrott.
Forscher wollen mit Fabber Brotherstellung verbessern
Die Idee, Nahrungsmittel durch eine vermeintlich optimale Zusammensetzung der Nährstoffe fertigen zu können, ist eine fatale Folge des Nährstoffdenkens. Ernährung ist mehr als nur eine Kombination von Kohlenhydraten, Eiweißen, Fetten und Aromen. Lebensmittel enthalten eine Fülle von Substanzen, die im Rahmen der Erhitzung, Verarbeitung oder Reifung entstehen und für das Wohlbefinden wichtig sind. Diese Stoffe werden vom Darm detektiert. Deshalb ist der Appetit des Menschen meist auch sehr spezifisch. Deshalb wird der Fabber nur in Nischen wie der Süßwarenindustrie eine Rolle spielen.
Überall dort, wo Fermentationen die Grundlage der Produktion sind wie beim Brot, haben Fabber nichts verloren. Doch das Bäckereigewerbe sieht das anders. In ihrer Fachsprache gilt Brot längst als "thermisch gehärteter Schaum". So schmeckt es denn auch. In einem Forschungsprojekt der TU München erhofft man sich nun per Fabber die nötigen Erkenntnisse, um bessere Schäume fertigen zu können. Nun, dazu braucht es keinen Fabber, sondern einen gestandenen Bäcker, der zu DDR-Zeiten aus den verfügbaren Mehlen vernünftige Schrippen backen konnte.

Nachdem die Branche Brot und Brötchen soweit heruntergewirtschaftet hat, dass sie die wichtigste Zutat unserer Biotonnen darstellt, braucht es dringend neue Produktideen. Wohl auch deshalb träumen die Münchner Forscher davon, durch den Fabber "neuartige Texturierungsverfahren" für neue Bäcker-Produkte aufzutun. Doch Träume sind Schäume – vor allem, wenn man versucht, damit das Brot zu ersetzen. Mahlzeit!


Literatur:
Anon: Die Zukunft druckt das Brot. Brot & Backwaren 2014; H.6: S.40-41
Anon: Astronauten sollen ihr Essen selber drucken. Spiegel Online 22. Mai 2013
Stieler W: Essen aus dem Drucker. Technology Review 2014; H.7: S.50-53
Davenport M: 3-D printing steps toward industry. Chemical Engineering News 15. Sept. 2014: S.32-34
Pollmer et al: Nanotechnologie. EU.L.E.N-Spiegel 2008; H.2-3: S.1-28
Zoran A, Coelho M: Cornucopia: The concept of digital gastronomy. Leonardo 2011; 44: 425-431
Owano N: NASA: Austin, calling Austin. 3-D pizzas to go. 22. May 2013; retrieved 12 January 2015 from: http://phys.org/news/2013-05-nasa-austin-d-pizzas.htmlManen JW van: Coming soon: 3D foodprinting. Commercieel aantrekkelijke toepassingen van 3D foodprinting. Diss. University of Twente 2012
Lipson H, Kurman M: Fabricated: The New World of 3D Printing. Wiley, Indianapolis 2013
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