Die Spuren der Geschichte bewahren

Von Hanno Gries · 29.07.2005
Im Dresdener Residenzschloss dokumentiert die Ausstellung "Zeitschichten - Erkennen und Erhalten" die Geschichte der Denkmalpflege in Deutschland. Sie macht die Leitlinien des Denkmalschutzes deutlich, bei dem es nicht um Rekonstruktion geht, sondern darum, die Spuren der Geschichte, die "Zeitschichten" eben, zu verdeutlichen.
Die Frage, ob man den Berliner Palast der Republik abreißen soll, ob man an seiner Stelle das Stadtschloss möglichst originalgetreu wieder aufbauen sollte, diese Frage wird auch die Dresdner "Zeitschichten"-Ausstellung nicht beantworten. Aber sie will versuchen, Anhaltspunkte zu geben für einen verantwortungsvollen Umgang mit Denkmälern.

"Erkennen und erhalten - Denkmalpflege in Deutschland", ist der Untertitel dieser bislang einmaligen Ausstellung, veranstaltet von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Vereinigung der Landesdenkmalpflege Sachsen, der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und zu allererst der Dehio-Vereinigung.

Vor 100 Jahren brachte Georg Dehio das Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler heraus, nachdem fünf Jahre zuvor in Dresden der Beschluss dazu gefasst wurde.

Anlass war eine im 19. Jahrhundert weit verbreitete Restaurierungspraxis von Bausubstanz, die nicht das historisch gewachsene bewahrte, sondern Strukturen zerstörte und im Sinne der Zeit neu interpretierte. Da wurden romanische Kirchen viel romanischer, als sie jemals waren. Gegen dieses Verständnis setzte Dehio das Motto "Konservieren, nicht restaurieren".

Gemeint war damit die klare Unterscheidung zwischen Alt und Neu, zwischen Musealisierung und Modernisierung. Mit seiner Position begründete Dehio das moderne Verständnis von Denkmalschutz, das lieber die Spuren der Geschichte bewahrt als Neues Alt aussehen zu lassen. Bauwerke wie der Bremer Dom, die Eisenacher Wartburg, die Dresdner Frauenkirche oder zu Wohnungen umgenutzte Industriegebiete im Ruhrgebiet erzählen weniger von ihrem Originalzustand als eher vom Prozess der Geschichte. Von Zeitschichten eben.

Was ist ein Denkmal, und wie viel sollte davon im Zuge von Modernisierung erhalten bleiben? Die Ausstellung in den ehemaligen Prachträumen Augusts des Starken setzt auf den Reiz von Originalen, die zum Teil noch nie gezeigt wurden:

Der erhaltene Kopf der vom Krieg zerstörten Quadriga des Brandenburger Tors, der Kasseler Herkules, vor dem Schloss zwei Segmente der fast verschwundenen Berliner Mauer samt einer Friedrich-Engels-Statue. Es ist eine Ausstellung zum Anfassen, die Besucher sollen Denkmalpflegern bei der Arbeit zuschauen können. Wie funktioniert die Restauration von Wandgemälden, wie wirkt sich Umweltverschmutzung tatsächlich auf alte Bleifenster aus, und warum sollte nicht jeder vermeintliche Schaden wegsaniert werden?

Zeitschichten in Dresden will ein Forum schaffen für die Leitlinien der Denkmalpflege, und etwas mehr Verständnis für die Spuren der Geschichte.

Service:
Die Ausstellung Zeitschichten - Erkennen und Erhalten. Denkmalpflege in Deutschland ist bis zum 13.11.2005 im Residenzschloss Dresden zu sehen. Deutschlandradio Kultur ist Medienpartner der Ausstellung.
Mehr zum Thema