Die Nicht-ganz-aber-fast-Autobiografie von Jimi Hendrix

27.09.2013
Jimi Hendrix hat auf viel geschrieben und zwar nicht nur Song Texte. Über Jahre lagen seine, auf Servietten und Hotelpapier geschriebenen, persönlichen Notizen im Archiv der Familie. Regisseur Peter Neal wollte einen Film aus den Notizen machen. Jetzt ist ein Buch daraus geworden - zum Glück.
Über den größten Gitarristen der Rockmusik sind schon zahlreiche Biografien und Musikbücher erschienen, von Fans, Musikerkollegen und Musikwissenschaftlern. Dieser neue Band lässt ihn erstmals selbst aber zu Wort kommen.

Wenig bekannt ist, dass Hendrix in seiner Hoch-Zeit von nur kaum vier Jahren Ende der 60er zahllose Notizen hinterlassen hat. Praktisch überall, wo er eine stille Minute fand, schrieb er auf – Gedanken, Songfetzen, Gedichte, Tagebucheintragungen. Auf Hotelpapier, Servietten und losen Zetteln. Das Material ist nach seinem Tod nicht verschwunden, sondern landete im Archiv der Hendrix-Familie.

Die Aufzeichnungen hat der amerikanische Filmemacher Peter Neal zusammen mit dem Hendrix-Rechteverwalter Alan Douglas gesichtet. Sie waren Grundlage einer ursprünglich geplanten Filmdoku über Hendrix, woraus nun aber ein Buch geworden ist.

Hendrix in eigenen Worten ist eine faszinierende Lektüre. Man bekommt Innenansichten. Songtexte, an denen sich Biographen und Journalisten bisher abgearbeitet haben, werden vom Autor persönlich erklärt. Hendrix dokumentiert die Tourneen, die Aufnahmen und man taucht ein in seine Gedankenwelt.

Ein neues Hendrix-Bild entsteht. Man kann verfolgen, wie aus dem schüchternen, drangsalierten jungen Armee-Rekruten ein selbstbewusster kritischer junger Mann wird, für den seine Gitarre und die Musik alles sind. Hendrix dachte schon früh multimedial, hatte zu jeder Zeit sehr konkrete Vorstellungen über Klang und Wirkung seiner Musik. Er äußert sich kritisch über Kollegen wie die Beatles und die Stones, bewundert den Blues oder Dylan und beginnt ab 1970, kurz vor seinem Tod, sich für Jazz und Experimentelles zu interessieren. Diesem Buch gelingt etwas schönes: Ein Mythos wird angenehm entzaubert und Jimi Hendrix wirkt dadurch aber umso sympathischer, greifbarer.

Kleiner Wermutstropfen: Die chronologisch sortierten Aufzeichnungen sind zu wenig biografisch eingebettet. Die wenigen Notizen des Herausgebers am Textrand geben nur eine sehr grobe Orientierung. Wäre hier ausführlicher gearbeitet worden, wäre eine nahezu vollständige ("perfekte") Hendrix-Bio entstanden, die alle anderen bisherigen Bücher redundant gemacht hätte.

Besprochen von Oliver Schwesig

Peter Neal (Hg.): Jimi Hendrix: Starting at zero
aus dem Amerikanischen übersetzt von Kristof Kurz
Heyne, München 2013
288 Seiten, 22,99 Euro
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